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Bin Laden als Grenzgänger?

Wo steckt der meistgesuchte Mann der Welt? Seit Wochen ist Osama bin Laden, der als Drahtzieher der Terroranschläge in den USA gesucht wird, vom Erdboden verschwunden.

Nach seiner angeblichen Flucht aus den Berghöhlen Afghanistans soll er im Iran, im Jemen und auch in Somalia gesichtet worden sein. Die Londoner Zeitung „Daily Telegraph“ berichtete, britische und US-Elitesoldaten suchten im indischen Teil von Kaschmir nach dem Fundamentalistenführer. Die USA scheinen inzwischen davon auszugehen, dass sich Bin Laden noch immer im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan aufhält.

Diese Annahme sei sehr „vernünftig“, räumte US-Generalstabschef Richard Myers am vergangenen Wochenende im Fernsehsender ABC ein. „Wir sind nahezu sicher, dass er lebt.“ Die „New York Times“ zitierte einen US-Regierungsvertreter mit der Einschätzung, dass der nierenkranke Bin Laden derzeit noch immer zwischen Afghanistan und Pakistan pendeln könnte. Hat der „Grenzgänger“ seine Verfolger tatsächlich erfolgreich abschütteln können? Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gibt sich da zugeknöpft. „Es gibt keine Beweise, die darauf deuten, dass er noch lebt. Das heißt aber nicht, dass er nicht mehr am Leben ist“, sagte der Minister dem Fernsehsender CBS; „das bedeutet einfach, dass wir keine Beweise dafür haben, wo er ist oder nicht ist.“

Längst hat Präsident George W. Bush, der die Jagd nach Bin Laden unmittelbar nach den Anschlägen zur Chefsache erklärt hatte, der Zerschlagung des geheimnisvollen El-Kaida-Netzwerks oberste Priorität eingeräumt. Stabschef Myers schlägt in dieselbe Kerbe: Nicht die Suche nach Bin Laden sei wichtigste Mission. Vielmehr müsse „die Führung der El Kaida erwischt“ werden. Bin Laden sei allerdings Teil dieser Führung, darum „wollen wir und werden wir ihn auch erwischen“, fügte er an.

Trotz erster Erfolge im Kampf gegen El Kaida – nach offiziellen Angaben sind biher 20 bis 30 ranghöhere Mitglieder gefasst – glauben die Vereinigten Staaten nicht mehr an einen schnellen Sieg. „Tausende und Abertausende“ von Terroristen seien in Afghanistan ausgebildet worden, sagt Rumsfeld. In „vielen Ländern“ drohten darum noch Anschläge.

Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Senats, Bob Graham, sieht verdeckte El-Kaida-Aktivitäten als größte terroristische Gefahr für sein Heimatland. Mindestens hundert Mitglieder des Netzwerks halten sich laut Graham derzeit noch in den Vereinigten Staaten auf. „Wir glauben nicht, dass der Krieg gegen den Terrorismus endet, wenn wir Bin Laden gefunden haben“, warnt auch Generalsstabschef Myers.

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