“Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten”, sagte Seehofer demnach über Merkel in einer Runde der Regierungsmitglieder der CSU mit dem Landesgruppenvorsitzenden Alexander Dobrindt in Berlin. Er habe den Satz in dieser Runde nach Teilnehmerangaben zweimal gesagt. In der anschließenden Sitzung aller CSU-Abgeordneter habe Seehofer ihn nicht wiederholt.
Keine Annäherung in Sicht
Im Streit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU über die Abweisung von Flüchtlingen an den Grenzen ist derzeit keine Annäherung der Positionen in Sicht. Seehofer betonte zwar, seine Partei wolle keine politische Krise auslösen. In der Sache wich er aber nicht zurück. Seehofer sagte der “Bild am Sonntag”: “Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen, die CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft aufzulösen oder die Koalition zu sprengen. Wir wollen endlich eine zukunftsfähige Lösung für die Zurückweisung von Flüchtlingen an unseren Grenzen.” Von einer möglichen Kompromisslösung sagte er indes nichts.
Zuversicht bei CDU
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer äußerte sich zwar zuversichtlich über eine mögliche Einigung. Dafür müsse sich aber die CSU bewegen. “Ich bin überzeugt, dass sich die CSU funktionierenden Vereinbarungen nicht verschließen wird”, sagte sie der “Bild am Sonntag”. CDU und CSU hätten ein gemeinsames Ziel: “Dass weniger Menschen über die Grenze nach Deutschland kommen. Wir sind uns einig, dass diejenigen, die woanders Asyl beantragt haben, gar nicht erst ins Land gelangen sollen.” Dies solle aber “auf der Grundlage von Vereinbarungen mit betroffenen Ländern erreicht werden, zum Beispiel Italien, Griechenland und Bulgarien”.
Europäische Lösung
Nach “Bild”-Informationen laufen dafür schon konkrete Planungen. Merkel bereitet demnach ein Spitzentreffen mehrerer EU-Staaten vor, die wie Deutschland besonders von der Flüchtlingskrise betroffen sind. Die CDU-Chefin wolle in den kommenden Tagen unter anderem mit Griechenland, Italien und Österreich über Lösungen für die Flüchtlingskrise beraten, berichtete das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise mehrerer EU-Staaten. Unklar sei, ob auch Spanien und Staaten aus dem Balkan-Raum teilnehmen.
Der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Chef Volker Bouffier appellierte an die CSU, der Kanzlerin für die Suche nach einer Lösung auf europäischer Ebene etwas Zeit zu lassen. “Der Vorschlag von Angela Merkel ist vernünftig, und diese zwei Wochen zu nutzen, ist für niemanden eine Zumutung”, sagte er der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”.
Nationaler Alleingang
Während Merkel eine europäische Lösung anstrebt, will Seehofer im nationalen Alleingang Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen, die schon in einem anderen EU-Land registriert wurden. Die CSU hat der Kanzlerin quasi eine Frist bis Montag gesetzt, um auf ihre Linie einzuschwenken. Seehofer will sich am Montag die Zustimmung des CSU-Vorstandes für sein Vorhaben holen. Setzt er den Plan in die Tat um, würde der CSU-Chef Merkel damit politisch brüskieren. Ob Merkel das hinnimmt oder ihren Minister entlässt, ist offen. Wirft Merkel Seehofer aus dem Kabinett, dürfte die Koalition am Ende sein.
Die Bürger erwarteten konkrete Handlungen in puncto Zuwanderung, verteidigte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Seehofers Vorgehen. Das sehe er in seiner bayerischen Heimat. Dem Land gehe es so gut wie nie zuvor. “Trotzdem sagen die Leute: Ihr müsst die Migrationsfragen klären – aus der Vergangenheit und für die Zukunft.”
(APA/dpa)
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