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Betrug ist unsozial, doch nicht jeder Angeklagte ist schuldig

©ABD0034_20180115 - WIEN - …STERREICH: THEMENBILD - Eine Arbeitssuchende bein AusfŸllen eines Formulares in einer GeschŠftsstelle des AMS-Wien fotografiert am Montag, 15. JŠnner 2018. (gestellte Szene). - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Erschleichen von Sozialleistungen beschäftigt immer wieder die Gerichte, hin und wieder ist alles auch ein Missverständnis.

Von Christiane Eckert

Betrug, sogar gewerbsmäßiger Betrug – wird angezeigt und angeklagt, wenn jemand wissentlich Einkommen verschweigt und dennoch Sozialleistungen wie zum Beispiel Notstandshilfe bezieht. Besteht kein Zweifel, dass der Angeklagte Gelder unrechtmäßig kassieren wollte, wird er verurteilt. Allerdings tauchen immer wieder Fragen auf, die selbst für Juristen unter Beiziehung von Rechtsprechung und Kommentaren knifflig bleiben. Was ist beispielsweise ein „Einkommen“?

Nicht so klar

Sind Provisionszahlungen eines Vertreters eindeutig Einkommen, ist die Antwort bei Provisionsvorschüssen, die im Voraus ohne Gegenleistung erbracht werden, schon nicht mehr so einfach. Sieht man diese in der Versicherungsbranche durchaus übliche Zahlungen als Darlehen, hat dies unter Umständen den Charakter eines Kredites und muss beim Bezug von Notstandshilfe nicht angegeben werden. Ob Missverständnis oder Betrug entscheidet das Gericht von Fall zu Fall. Sämtliche Umstände wie Ausbildung, Sprachkenntnisse, Lebenssituation werden berücksichtigt. Im Zweifel ergeht ein Freispruch.

Versicherungsabschluss, Autokauf, Bankgeschäft, ärztliche Behandlung – wer kennt und hasst sie nicht. Die unzähligen Seiten von „Kleingedrucktem“, von „AGB“ die als Allgemeine Geschäftsbedingungen über allem stehen. Die irgendwo aufgehängt, aufgelegt, angefügt sind. Zu denen der Vertreter so locker, meinte: „Die muss ich Ihnen aushändigen, aber lesen tut das niemand“. Das verwundert nicht, unverständlich, verklausuliert, mit ewig langen Sätzen, vielfach auf Umstände abstellend, die für alles schlagend werden können, nur nicht für den eigenen konkreten Vertrag. Und dennoch unterschreibt man, erkennt an und akzeptiert. Ob im Internet oder auf Papier.

Plötzlich doch ganz anders

Und dann passierts. Der Schadensfall ist eingetreten, zum Glück ist das Auto kaskoversichert. Allerdings sind im Kleingedruckten etliche Selbstbehalte vorgesehen. Man wurde damals informiert, unterschrieb und jetzt schaut man durch die Finger. Auch bei Förderungen, Sozialleistungen, sonstigen Unterstützungen – bestenfalls überfliegt man Rechtsbelehrung und „Wichtige Information“. In unsympathisch kleiner Schrift finden sich Hinweise. Wurden sie vergessen oder ignoriert, gibt es eine Anzeige wegen Betruges. Und oft scheint es, als würde die Welt trotz angeblicher Vereinfachungen immer komplizierter und undurchsichtiger.

(Red.)

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