Bitte, ich will nichts sagen. Ich hab noch so viel zu tun. Mich belastet das Ganze sehr. Der Betriebselektriker flitzt in seinem blauen Arbeitsgewand durch den Eingangsbereich. Es folgen eine blonde Dame Mitte 40 und ein junger Bursch. Beide winken ab. Der Herr, der ihnen folgt, bleibt dann doch kurz stehen. Ich bin 55, Einkäufer, seit 13 Jahren bei F.M. Hämmerle. Zum zweiten Mal muss ich so etwas durchmachen. Ich weiß nicht wie`s weiter geht.
Historiker
Auch Betriebsrat Reinold Diem blockt zuerst ab, lässt sich erst allmählich zu einem Gespräch überreden. Es ist schwer über etwas zu sprechen, das so weh tut. Doch Diem findet rührende genauso wie mutige und klare Worte über die Firma, über die jetzige Situation. Ich bin seit 1979 bei F.M. Hämmerle. Sofort nach der Textilschule fing ich hier an. Vor bald 30 Jahren. Die Züge des EDV-Spezialisten entspannen sich. Er erzählt von seinem historischen Interesse an F.M. Hämmerle, legt Exemplare der Firmenzeitung auf den Tisch. Man spürt: Der Mann ist ein Kind dieser Firma. Was jetzt passiert, muss für ihn fürchterlich sein.
Leute gefasst
Dennoch bewahrt Diem kühlen Kopf, versucht die anstehenden Dinge konsequent und im Sinne der Beschäftigten anzugehen. Aufs erste haben die Leute gefasst reagiert. Wer weiß, was für Phasen da noch kommen. Vielleicht solche von Verzweiflung, Aggression. Ich mache alles, damit die Mitarbeiter zu ihrem Recht und zu ihrem Geld zu kommen. Er will noch nicht davon ausgehen, dass bei F.M. Hämmerle alles aus ist. Das gehört abgewartet. Jetzt ist Urlaubszeit. In zwei Wochen sehen wir weiter. F.M. Hämmerle verkörpert die Tragödie der Textilbranche: Ein Produktionsbetrieb, Mitarbeiter die mehrheitlich über 40 sind, immer schwierigere Bedingungen am Markt.
Stets erreichbar
Diems Handy klingelt oft, Hektik und Unruhe sind spürbar. Kurzfristig bittet er uns nach draußen vertrauliche Gespräche. Eigentlich hätte der Betriebsrat jetzt Urlaub. Aber das geht natürlich nicht. Ich muss für die Kolleginnen und Kollegen stets erreichbar sein.
Gerne blättert er mal durch die alten Betriebszeitungen. Wo man von Firmenfesten, Jubiläen, Fußballturnieren liest, lachende Mitarbeiter abgebildet sieht. Wo jene Zeiten fest gehalten sind, die so gar nichts mehr mit der Gegenwart zu tun haben.
Quelle: Vorarlberger Nachrichten
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