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„Bestimmungen lassen viel Spielraum“

An der Pipeline in Bregenz ist besonders jetzt im Sommer viel los. Fahrradfahrer, Fußgänger und E-Biker bewegen sich auf engem Raum. Rücksicht von allen Teilnehmern ist gefragt.
An der Pipeline in Bregenz ist besonders jetzt im Sommer viel los. Fahrradfahrer, Fußgänger und E-Biker bewegen sich auf engem Raum. Rücksicht von allen Teilnehmern ist gefragt. ©MiK
Mehr als 15.000 E-Bikes sind mittlerweile auf Vorarlbergs Straßen zu finden. Der Trend birgt auch neue Risiken.

Der Wind kommt immer von vorne – diese alte Radlerweisheit gilt nicht mehr für alle Radfahrer. Denn wer auf einem E-Bike tüchtig in die Pedale tritt, hat den Rückenwind eingebaut. Ein kleiner Elektromotor unterstützt beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde, dann schaltet er ab.

Geräuschlos unterwegs

„Der Zugang zu E-Bikes ist sehr einfach. Daher ist mit Lenkenden zu rechnen, die trotz fehlender oder geringer Erfahrung – motorisch sowie kognitiv – Geschwindigkeiten erreichen, die sie im heutigen Straßenverkehr nicht ohne weiteres handhaben können“, erklärt Mario Amann von der Initiative „Sicheres Vorarl­berg“. „Weiters sind E-Bikes fast geräuschlos unterwegs, somit entfällt die akustische Wahrnehmung für Fußgänger und den ‚normalen‘ Radler.“ Für Jürgen Wagner vom ÖAMTC stellen bestimmte E-Bike Gruppen ein besonderes Risiko dar: „Es sind die ‚Einkaufs-Fahrer‘ oder auch ‚Gelegenheitsradler‘, die mit der Elektrounterstützung zum Teil ungewohnt schnell unterwegs sind“, erklärt der Experte. Er rät zu einem vorsichtigen Beginn, um sich an den Elektroantrieb und vor allem an die stärkeren Bremsen zu gewöhnen.

Gesetze: „Viel Spielraum“

„In Österreich gilt für E-Bikes die gesetzliche Obergrenze von 25 km/h. Die Bestimmungen sind aber sehr generell gehalten und lassen daher viel Spielraum“, weiß Klaus Wiedemann von der Landesverkehrsabteilung. Laut Jürgen Wagner sind E-Bikes, die eine Tretunterstützung bis zu 45 km/h bieten, im Handel erhältlich. „In den meisten Fällen sind sie jedoch nicht für den Straßenverkehr zuge­lassen. Sie gelten weder als Fahrrad noch als Moped – Radwege sind also tabu. Die Gesetzgeber haben hier noch einige ‚Hausaufgaben‘ zu machen“, erklärt Wagner. Vorreiterrolle nimmt hier Deutschland und die Schweiz ein. Dort gibt es bereits eine eigene Fahrzeugkategorie mit entsprechender Versicherungspflicht und speziell auf das höhere Tempo abgestimmte Ausrüstungsvorschriften sowie einer Helmpflicht.

Sicherheit

Die physikalischen Kräfte sind bei einer Kollision durch die Geschwindigkeit höher. „Ein Aufprall mit 20 km/h entspricht einem Sturz aus 1,5 Metern Höhe, einer mit 40 km/h allerdings einem Sturz aus über sechs Metern“, erklärt Klaus Wiedemann. Wäre eine Helmpflicht daher nicht sinnvoll? Hier sind sich Wagner und Amann einig: „Von einer expliziten Helm­pflicht raten wir ab. Wir setzen auf die Eigenverantwortung der Radfahrer.“ Auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung hält Amann nicht für sinnvoll: „Eine solche Begrenzung macht auch nur Sinn, wenn sie kontrolliert wird. Das dürfte nicht ganz einfach sein.“ Jürgen Wagner appeliert an alle: „Über allem steht das Miteinander im Straßenverkehr. An Stellen wie der Pipeline in Bregenz könnte man den Fußgänger- und Fahrradverkehr zum Beispiel über durchgehende Bodenmarkierungen besser leiten. Da dort allgemein sehr viel los ist, kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen – auch ohne E-Biker.“

Maximale Leistung: 600 Watt

Das bei uns im Sprachgebrauch übliche verwendete „E-Bike“ wird im Straßenverkehrsrecht als „Pedelec“ (Pedal Electric Cycle) bezeichnet. Die E-Bikes gelten als „normale“ Fahrräder wenn sie maximal 600 Watt Leistung erbringen und der unterstützende elektrische Antrieb bei 25 km/h abriegelt.

„Ich fahre mit meinen E-Bike recht langsam“Monika, 66, Bregenz: „Ich habe selber ein E-Bike und bin aber immer langsam unterwegs, weil ich selber Autofahrerin bin und weiß, dass man E-Bikefahrer von der Geschwindigkeit recht schwer einschätzen kann.“

„Beim Anfahren kann es schon gefährlich sein“Billi, 16, Bregenz: „Ich denke, dass es schon gefährlich sein kann. Gerade beim Anfahren, weil man da einen Schub bekommt. Aus meiner Sicht sollten die Leute, wenn sie Fahrrad fahren selber in die Pedalen treten.“

„Gefahrenpotenzial ist auf jeden Fall da“Jürgen, 33, Bregenz: „Prinzipiell würde ich sagen, dass aufgrund der Geschwindigkeit Gefahrenpotenzial da ist. Ich finde die E-Bikes aber toll, weil sich auch Leute sportlich betätigen, die es sonst nicht tun würden.“

„Die Leute sollten besser eingeschult werden“Anja, 48, Bregenz: „Gerade für Senioren finde ich ein E-Bike gut, weil sie sich dadurch besser bewegen können und mobil sind. Die Leute sollten aber besser eingeschult werden, weil sie die Geschwindigkeit unterschätzen.“

(W&W – Alena Bereuter & David Weiss)

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