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Übers Saufen "red't ma nit"

Egg - Seit 15 Jahren arbeitet Magda Reiser als Suchtberaterin für den Sozialmedizinischen Dienst der Caritas in Egg. "Natürlich ist Sucht ein großes Thema", sagt sie.

„Aber behindert oder psychisch krank wird noch immer besser akzeptiert im Wald.“ Sucht wird unter den Tisch gekehrt. „Die Schande ist zu groß.“

„Es weiß eh jeder“

Freiwillig kommt fast niemand in die Therapie. “ Irgendjemand schickt die Leute immer.“ Die Ehefrau, die mit Scheidung droht. Die Behörde, die den Führerschein kassiert hat. Dabei verheimlichen Familien das Suchtproblem oft so lange, “ bis die Lage völlig eskaliert. Dabei weiß es eh jeder im Ort.“ Und doch gelingt der Ausstieg. Magda Reiser weiß das aus eigener Erfahrung.

“ Ich hab selber gesoffen“ , bekennt sie unumwunden. Seit dem 19. April 1983 trinkt sie keinen Tropfen mehr. Davor war sie Stammgast an diversen Stammtischen im Bregenzerwald. “ Wia an Ma“ , sagt sie. Richtig aggressiv konnte sie werden, wenn jemand gemeint hat: “ Du hast genug für heute.“ Auch noch als junge Mutter hat sie sich im Alkohol ertränkt. “ Bis ich nur noch 39 Kilo gewogen hab und gewusst habe: Ich sterbe, wenn ich nichts tu.“ Als die Fürsorge ihr ihren Buben wegnehmen will, weil sie ihn immer öfter allein lässt, um beim Nachbarn rasch ein Bier zu trinken, geht sie auf Entzug. “ Ich war danach zwei Jahre lang stark depressiv.“ Alte Ängste kehrten zurück: “ Ich bin nix. Ich kann nix.“

„Dazu gehört“

So hatte auch alles angefangen. “ Ich bin damals aus dem Bregenzerwald in die Tourismusfachschule nach Lochau gefahren. Das war, als ob ich in Paris zur Schule gegangen wäre.“ Alles fremd. Alles neu. Der Alkohol half ihr vermeintlich. “ Da hab ich mich besser gefühlt. Ich gehörte dazu.“

Heute strotzt die 58-Jährige vor Energie. Hat ihr die Religion geholfen auf ihrem Weg aus der Sucht? “ Ich hab es mit verschiedenen Kirchen probiert“ , sagt Magda Reiser. Und: “ Wenn man nicht an irgendetwas glaubt, hat man keine Hoffnung.“ Aber sie verschweigt auch nicht die Schattenseite im Bregenzerwald, “ wo viele Menschen auf eine ungute Art fromm sind und glauben, man könnte solche Probleme einfach wegbeten“ .

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