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Berlusconi will Neuwahlen in Februar - Börse bricht zusammen

Berlusconi möchte bei Neuwahlen nicht mehr kandidieren.
Berlusconi möchte bei Neuwahlen nicht mehr kandidieren. ©AP
Das politische Rom erlebt dramatische Stunden. Trotz der Rücktrittsankündigung des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi gerät Italien immer mehr ins Visier der internationalen Finanzmärkte. Die Renditen für die italienischen Schuldpapiere erreichten am Mittwoch einen neuen Rekordwert: Investoren verlangten beim Kauf der Anleihen zwischenzeitlich 7,47 Prozent Rendite.

Es war das erste Mal seit Einführung des Euros, dass dieser Wert sieben Prozent überschritt. Die Aktienkurse an der Mailänder Börse stürzten um 3,6 Prozent ab. Die Situation löste Panik in Rom aus. “Italien erlebt eine dramatische Phase, wir stürzten in den Abgrund”, warnte Industriellenchefin Emma Marcegaglia. “Trotz wichtiger Beschlüsse der Regierung und des Premiers erlebt Italien eine wirklich besorgniserregende Situation”, so die Präsidentin des Unternehmerverbands Confindustria.

Oppositionschef Pierluigi Bersani drängte das Parlament zu einer raschen Verabschiedung des Gesetzes mit Wirtschaftsreformen, um dann den Weg zu einer Notstandsregierung zu ebnen. “Wir sind mit jeder Lösung einverstanden, die zu einer raschen politischen Wende führt”, so Bersani. Gewerkschaftschefin Susanna Camusso meinte, die Glaubwürdigkeit der Regierung Berlusconi sei unter Null gefallen, der Premier solle sofort gehen.

Neuwahlen ohne Berlusconi

Inzwischen drängt Berlusconi auf Neuwahlen im Februar. Er selber werde nicht mehr wieder kandidieren, sondern seine “rechte Hand”, Ex-Justizminister Angelino Alfano, als Kandidat seiner Mitte-rechts-Allianz ins Rennen schicken. “Alfano hat sehr gute Eigenschaften bewiesen und ist ein guter Parteiführer”, lobte Berlusconi. Er selber werde sich für die Neugründung seiner Partei einsetzen, zugleich werde er wieder wahrscheinlich wieder die Präsidentschaft seines Fußballklubs AC Milan übernehmen.

In einem Interview mit dem Radiosender RadioRai betonte Berlusconi, dass ihm die Interessen des Landes wichtiger als seine persönlichen seien. Er appellierte an die Opposition, so rasch wie möglich im Parlament das Stabilitätsgesetz zu verabschieden. Das Datum der Neuwahlen hänge davon ab, wann das Parlament das Reformengesetz zur Eindämmung der Schuldenkrise verabschieden werde, sagte der Premier.

Berlusconi hatte am Dienstagabend nach einem Krisengespräch mit Staatspräsident Giorgio Napolitano seinen Rücktritt angekündigt. Allerdings werde dieser erst erfolgen, nachdem sein Konjunkturpaket mit Spar- und Liberalisierungsmaßnahmen im Parlament verabschiedet werde, zu dem er sich vergangene Woche verpflichtet habe. Berlusconi kündigte seinen Rücktritt an, nachdem er bei einer heiklen Budgetabstimmung in der Abgeordnetenkammer festgestellt hatte, dass er über keine Mehrheit mehr verfüge.

Italien ist nicht Griechenland

Trotz der spekulativen Angriffe gegen Italien, schloss der Medienmogul aus, dass Italien eine Situation wie in Griechenland drohe. “Wir sind der drittgrößte Wirtschaftsraum Europas und die italienischen Familien sind wohlhabend. Das niedrige Wirtschaftswachstum kann mit den Maßnahmen angekurbelt werden, zu denen wir uns mit der EU, der Europäischen Zentralbank und den anderen 16 Ländern des Euro-Raums verpflichtet haben. Wir betrachten diese Maßnahmen nicht als Zwang, sondern als Chance, um unsere liberale Revolution durchzusetzen, die wir bisher wegen der Abwendung unserer Verbündeten nicht umsetzen konnten”, sagte der Premier. Der Druck der Finanzmärkte auf Italien sei eine Gelegenheit, um Liberalisierungsmaßnahmen durchzusetzen, gegen die sich bisher viele Widerstände im Land erhoben hatten.

Berlusconi meinte, ein Premier brauche in Italien ausgedehntere Kompetenzen. “Ich bin müde, meine wirtschaftspolitische Linie nicht durchsetzen zu können. Ein Regierungschef, der den Wirtschaftsminister nicht zu den Maßnahmen zwingen kann, an die er glaubt, ist kein Regierungschef”, sagte Berlusconi, der Spannungen mit seinem Wirtschaftsminister Giulio Tremonti zugab. “Die persönlichen Beziehungen zu Tremonti sind nicht schlecht, aber er tut letztendlich nur was er will”, so der Premier.

APA

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