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"Benevit": Kritik an früherer Führung

Deutliche Kritik übte der Vorarlberger Landesrechnungs-hof in seinem Prüfbericht über die „Benevit“ Vorarlberger Pflegemanagement GmbH und Pflegemanagment & Consulting GmbH des Vorarlberger Gemeindeverbands.

Zentraler Punkt der Kritik: Der frühere Geschäftsführer Klaus Pfister habe seine Sorgfaltspflichten mehrfach verletzt. Der Gemeindeverband sei seiner Überwachungspflicht als Gesellschafter zwar nachgekommen, „wird sich aber vorwerfen lassen müssen, besonders in der Startphase schon sehr leichtgläubig agiert zu haben“, sagte RH-Direktor Herbert Schmalhardt bei der Präsentation des Berichtes in Bregenz.

Klaus Pfister, bis 30. Juni Geschäftsführer der „Benevit“, habe sicher mit seinem Know-how maßgeblich zum Aufbau der Pflegemanagement GmbH beigetragen, seine Geschäftsführertätigkeit habe er nach österreichischem Recht aber nur mit mangelnder Sorgfaltspflicht erledigt, so das harte Urteil des RH-Präsidenten. So sei etwa die Finanz- und Ertragslage zum Zeitpunkt der Prüfung nicht darstellbar gewesen. Schmalhardt: „Zahlreiche Aufwendungen wurden sachlich nicht richtig den beiden Gesellschaften zugeordnet und verbucht.“ Weder für das Jahr 2003 noch 2004 waren fertige Jahresabschlüsse einsehbar.

Zudem wurden private Aufwendungen über die Gesellschaften abgerechnet, „die in einer Firmenbuchhaltung nichts zu suchen haben“. Bei der Geschäftsanbahnung im Ausland sei ein Spesenaufwand geltend gemacht worden, „der der Geschäftsentwicklung nicht angemessen war.“ Dem Gemeindeverband stellt der RH ein relativ gutes Zeugnis aus. So sei er seiner Überwachungspflicht grundsätzlich nachgekommen und habe die erforderlichen Maßnahmen zu einer Neuausrichtung gesetzt. Die Startphase sei jedoch von einem hohen Vertrauensverhältnis in den früheren Geschäftsführer und von einem optimistischen Entwicklungsszenario beider Gesellschaften geprägt gewesen. „Die Marktentwicklungsstrategie und die finanzielle Situation der Pflegemanagement & Consulting GmbH wurden zu wenig hinterfragt“, heißt es im Prüfbericht.

Dennoch stehe die Pflegemanagement GmbH nach einer relativ kurzen Anlaufphase von zwei Jahren mittlerweile auf gesunden finanziellen Beinen. Die geplanten Einsparungen für die Trägergemeinden seien nachweislich erzielt worden , die vom RH Vorarlberg im Jahr 2002 aufgezeigten Synergiepotenziale klar erkennbar. Die getrennte Organisation der Geschäftsfelder Betrieb von Pflegeheimen sowie Beratung für Betrieb und Bau in zwei Gesellschaften sind laut Schmalhardt im Hinblick auf den Wettbewerb zweckmäßig und aus steuerlichen Gründen notwendig. Die Strategie der Consulting GmbH müsse aber neu definiert und in einem umfassenden Businessplan dargestellt werden.

Um ein derartiges Debakel künftig zu vermeiden, empfiehlt der Landesrechnungshof die Einrichtung eines Aufsichtsrates als Kontrollorgan der Geschäftsführung.


Reaktionen


SPÖ

„Ich frage mich, was eine Pflegefirma mit Beteiligung der öffentlichen Hand beispielsweise in Spanien und Kroatien zu tun hat. Das öffentliche Interesse jedenfalls ist bei der Pflegemanagement & Consulting GmbH ganz klar in den Hintergrund getreten. Diese ist deshalb aufzulösen. Was die Pflegemanagement GmbH selbst anbelangt, so ist deren Sinnhaftigkeit zu hinterfragen, jedenfalls jedoch sofort ein Aufsichtsrat zu installieren“, reagiert SPÖ-Clubvorsitzende LAbg. Dr. Elke Sader auf den jüngsten Bericht des Landes-Rechnungshofes.

Sader fragt sich in diesem Zusammenhang überhaupt, warum der Gemeindeverband und Gemeindeverbandspräsident Berchtold nicht schon von Anbeginn an einen Aufsichtsrat installiert haben. Wäre dieser Aufsichtsrat tätig gewesen, so Sader weiter, hätten viele Missgriffe des Geschäftsführers bereits früher aufgezeigt werden können. Somit können der Gemeindeverband und sein Präsident nicht aus der Verantwortung für den Zustand der Pflegemanagement GmbH entlassen werden.

Zahlreiche Missstände

Überhaupt sei auffällig, so die SPÖ-Clubvorsitzende, dass zahlreiche kleine Missstände dem Gemeindeverband nicht schon früher aufgefallen seien. Sader erwähnt in diesem Zusammenhang beispielsweise die horrende Miete für die Räumlichkeiten der Benevit und der protzige Dienstwagen des Geschäftsführers. Dazu komme noch die Tatsache, dass Pfister vom Gemeindeverband bei dessen Ausscheiden Dinge zugestanden wurden, die in keinster Weise nachvollzogen werden können.

Sader kündigt jetzt schon für die Diskussion im Kontrollausschuss des Vorarlberger Landtages an, dass grundsätzliche Alternativen zu einer Pflegemanagement GmbH geprüft werden sollten. Dazu meint sie abschließend: „Die Installierung eines Aufsichtsrates ist wohl das Mindeste, was angesichts dieses Rechnungshofberichtes geschehen muss. Man sollte sich aber auch Gedanken darüber machen, ob sich die durch die Pflegemanagement GmbH erhofften Synergieeffekte nicht jenseits von Auslagerungen lukrieren lassen.“


Grüne

Es hat schon viele Prüfberichte des Landesrechnungshofes gegeben, aber noch keiner hat ein derartiges Desaster im Rechnungswesen einer Gesellschaft offenbart, an der die öffentliche Hand maßgeblich beteiligt ist!“, so Grünen-Klubobmann Johannes Rauch in einer ersten Raktion auf den Benevit-Prüfbericht. „Es ist schlicht unfassbar, dass bis zur Fertigstellung des Prüfberichtes im September 2005 die Bilanzen der Jahre 2003 und 2004 noch nicht vorlagen und somit keine Aussage über die Finanzlage der Benevit GmbH und der Consulting GmbH getroffen werden können. Warum der Gemeindeverband, dem der Zustand der Buchhaltung seit September 2004 bekannt war, es bisher nicht geschafft hat, diese Bilanzen vorzulegen, bleibt schleierhaft.

Erste Forderung ist jedenfalls, dass diese Bilanzen bis zur Behandlung im Kontrollausschuß dem Rechnungshof nachgeliefert werden, damit eine wesentliche Ergänzung des Prüfberichtes erfolgen kann! Nicht nachvollziehbar ist auch die Art und Weise der Vertragsauflösung mit dem früheren Geschäftsführer, der sich offenbar nicht nur eine teure Nobelkarosse als Dienstwagen finanzieren ließ (€ 62.700,- inkl. Nachrüstung und Wunschkennzeichen!!), sondern auch private Ausgaben über die Gesellschaft abgerechnet hat: Wie vom Rechnungshof richtig festgestellt, wäre die fristlose Auflösung des Dienstvertrages die angemessene Reaktion auf das völlige Versagen des Geschäftsführers in der gesamten kaufmännischen Administration gewesen! Wer so viel Geld in den Sand gesetzt hat und ein derartiges Chaos hinterlässt, kann doch nicht mit einem ‘golden handshake’ verabschiedet werden!“, so Rauch weiter.

“Offenbar vollkommen überfordert”

Klare Konsequenz: Rückforderung sämtlicher zu Unrecht vom früheren Geschäftsführer verrechneter Spesen und Aufwendungen. Bestätigt hat sich aus Sicht der Grünen auch, dass der Betrieb von Pflegeheimen und das Angebot von Beratungsleistungen im Ausland, etwa in Spanien, nicht zentrale Aufgabe des Vorarlberger Gemeindeverbandes oder einer seiner Gesellschaften sein kann. Dies hätte von Anfang an unterbunden gehört. Mit der Gesamtkonstruktion von Benevit Pflegemanagement GmbH und Consulting GmbH sowie den damit verbundenen Freiheiten für den früheren Geschäftsführer war der Gemeindeverband offenbar vollkommen überfordert: Kaspar Pfister als früherer Geschäftsführer ist sicherlich für vieles, aber für alles verantwortlich.

Das blinde Vertrauen und die fehlende Kontrolle der Ertragslage, das Hinnehmen fehlender Unternehmensstrategien und Risikoabwägungen gehen eindeutig auf das Konto des Gemeindeverbandes und seiner Organe. Dafür trägt an vorderster Stelle Gemeindeverbandspräsident Berchtold die Verantwortung.” Neuausrichtung der Gesellschaft notwendig “Vor dem Hintergrund des Berichtes ist eine vollkommene Neuausrichtung der Gesellschaft notwendig. Auch im Hinblick darauf, dass der Betrieb von Pflegeheimen nur eine wesentliche Säule der künftigen Herausforderungen in der Altenbetreuung ist, die Defizite in der ambulanten Betreuung aber immer mehr Überhand nehmen, sind gezielte Vorgaben seitens des Landes erforderlich.

Landesrätin Schmid wird zu erläutern haben, wie sie sich in Zukunft die Organisation der Altenbetreuung in Vorarlberg vorstellt. Gezeigt hat sich jedenfalls, dass hier Steuerung seitens des Landes notwendig ist und es nicht angeht, das Feld irgendwelchen Gesellschaften oder dem Gemeindeverband zu überlassen!“, so Rauch abschließend.

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