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Belgien: Regierungsverhandlungen in schwerer Krise

Gut zwei Monate nach den Parlamentswahlen in Belgien sind die Regierungsverhandlungen zwischen Christdeokraten und Liberalen aus Flandern und Wallonien in eine schwere Krise geraten.

Wegen fehlender Fortschritte setzte König Albert II. die Gespräche am Freitag aus. Wie belgische Medien berichteten, will sich das Staatsoberhaupt selbst am Wochenende in die politischen Gespräche einschalten. Dies gab der Königspalast nach Beratungen des Monarchen mit dem designierten neuen Ministerpräsidenten Yves Leterme in Brüssel bekannt.

Leterme, der mit seinen flämischen Christdemokraten als Sieger aus der Parlamentswahl vom 10. Juni hervorgegangen ist, war vom König im Juli mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Größtes Problem in den laufenden Verhandlungen zwischen den Christdemokraten und Liberalen aus Flandern und Wallonien ist die Staatsreform.

Während die flämischen Parteien mehr regionale Autonomie in den Bereichen soziale Sicherheit, Steuern, Justiz, Einwanderung und Gesundheit fordern, wird dies von den frankophonen Parteien im Süden des Landes bisher strikt abgelehnt. Leterme, der bis zur Wahl Ministerpräsident der bevölkerungsreichsten niederländischsprachigen Region Flandern war, hatte die Staatsreform zu einem zentralen Anliegen seiner Kampagne gemacht. Hintergrund der von den Flamen geforderten Staatsreform sind die umfangreichen Transferzahlungen, die Flandern bisher an die ärmere französischsprachige Region im Süden des Landes leistet.

Die wallonischen Vertreter von Christdemokarten und Liberalen ihrerseits gingen am Donnerstag mit Forderungen in die Verhandlungen, die laut Medienberichten von den Flamen als Tabu empfunden wurden. So forderte sie ein Referendum, in dem die Bewohner der flämischen Umlandgemeinden von Brüssel, in denen die Frankophonen stark vertreten sind, über ihre Zugehörigkeit zu Flandern oder zur zweisprachigen Hauptstadtregion Brüssel selbst entscheiden sollten. Auch der derzeitige Modus, der den Flamen eine garantierte Vertretung in den Institutionen der Hauptstadt sichert, wurde von den wallonischen Parteien in Frage gestellt.

Leterme „steht mit dem Rücken zur Wand“, schrieb die Zeitung „De Morgen“ am Freitag. Der König müsse nunmehr als „Entminer“ auftreten, und in den folgenden Tagen in Gesprächen mit Spitzenpolitikern „die aktuelle Krise austreiben“, schrieb die Online-Ausgabe der Zeitung „De Standaard“. Leterme war am Freitag bei einer Pressekonferenz in Brüssel sichtlich bemüht, Gelassenheit zu zeigen. Von seiner Aufgabe zur Bildung der nächsten Regierung wurde er nicht enthoben.

Vertreter der flämischen Sozialisten wiesen unterdessen Spekulationen zurück, sie könnten sich doch noch an der künftigen Regierung beteiligen. Die Sozialisten im Norden des Landes hatten neben den Liberalen des bisherigen Premierministers Guy Verhofstadt bei den Wahlen vom 10. Juni herbe Verluste erlitten.

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