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BAWAG-Prozess - Spannung vor Haidinger-Zeugenaussage

Der BAWAG-Prozess war am 69. Verhandlungstag von der für Dienstag angesetzten Zeugenaussage von Herwig Haidinger beherrscht. Der frühere Chef des Bundeskriminalamts wird am Dienstag vor Gericht befragt, ob es eine konkrete Beeinflussung der Ermittlungen in der Causa BAWAG gegeben habe.

Haidinger sagt als Zeuge unter Wahrheitspflicht erstmals öffentlich aus, bisherige Befragungen im Innenausschuss des Parlaments und vor der Staatsanwaltschaft verliefen hinter verschlossenen Türen.

“Morgen um 9 Uhr 15 wird Haidinger als Zeuge kommen”, kündigte Richterin Claudia Bandion-Ortner am Montag gleich zu Beginn der Verhandlung an. Das sei keine Überraschung, Zeitungen hätten bereits davon berichtet. Untersucht werde die Frage, ob es eine “konkrete Beeinflussung der BAWAG-Vorerhebungen” gegeben habe. “Wir werden ihn dazu kurz befragen”, so die Richterin.

Mehrere Anwälte kündigten hingegen bereits eine ausführlichere Befragung Haidingers an. “Da muss man sehr genau hinschauen”, erklärte Richard Soyer, der Anwalt von Ex-BAWAG-Aufsichtsratspräsident und Ex-ÖGB-Finanzchef Günter Weninger, gegenüber der APA. Ob das Vorverfahren eventuell aus parteipolitischen Gründen beeinflusst worden sei, etwa um es gegen bestimmte Angeklagte zu lenken, wäre für das Urteil des Gerichts nämlich von höchster Relevanz.

Laut bisherigen Haidinger-Aussagen hat es im Zusammenhang mit den Ermittlungen in der Causa BAWAG mehrere Weisungen aus dem Innenministerium gegeben. So wäre er im Wahlkampf 2006 vom Ministerbüro der damaligen Innenministerin Liese Prokop aufgefordert worden, Geldflüsse von der BAWAG oder dem ÖGB an die SPÖ sofort zu melden und hätte nach der Wahl Akten für den BAWAG-Untersuchungsausschuss im Voraus an den ÖVP-Klub übermitteln sollen. Für eine konkrete Beeinflussung des BAWAG-Verfahrens wird allerdings vom Gericht ein strenger Maßstab angelegt: Nur wenn etwa Akten “verschwunden” oder Zeugen “beeinflusst” worden wären, würde dies eine für den Prozess konkrete Beeinflussung darstellen, alleine eine frühere Übermittlung von Akten für den Banken-U-Ausschuss an den ÖVP-Klub reiche nicht aus um das Gerichtsverfahren wesentlich zu beeinflussen, hieß es dazu am Montag am Rande der Verhandlung.

Für Thomas Kralik, den Anwalt des mitangeklagten früheren BAWAG-Wirtschaftsprüfers Robert Reiter und nun auch Anwalt von Philipp Ita, dem früheren Kabinettschefs der – inzwischen verstorbenen – Innenministerin Prokop, ergibt sich aus seinen beiden Mandanten kein Spannungsverhältnis. Dieses wäre laut Kralik nur gegeben, wenn Haidinger am Dienstag aussagen würde, Ita habe ihn beauftragt gegen Reiter zu ermitteln – was Kralik jedoch keineswegs erwartet.

Der heutige Verhandlungsgegenstand, die weitere Befragung von Gutacher Fritz Kleiner, trat angesichts der am Rande geführten Debatten über den morgigen Zeugenauftritt von Haidinger in den Hintergrund. Besonders der Anwalt des angeklagten Ex-BAWAG-Chefs Helmut Elsner, Wolfgang Schubert, hatte zahlreiche Fragen an den Grazer Wirtschaftsprüfer. Von seinen rund tausend Fragen zum Kleiner-Gutachten stellte Schubert heute erst 60, Kleiner wird also noch öfters zum Prozess kommen müssen.

Zu kurzer Aufregung kam es am Nachmittag, als Elsner auf eine Frage der Richterin aufbrausend rief, “das ist ein Schauprozess!”. Richterin Bandion-Ortner hatte eine Frage von Anwalt Schubert an den Gutachter aufgegriffen und wollte nun selber vom früheren BAWAG-Chef wissen, ob die BAWAG nach dem ersten großen Flöttl-Verlust im Jahr 1998 die Angaben Flöttls zur Verwendung von über 40 Mio. Dollar (27,3 Mio. Euro) für Zahlungen an seine damaligen Mitarbeiter überprüft habe. Er könne sich nicht mehr an diese jahrelang zurückliegenden Vorgänge erinnern, meinte Elsner dazu.

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