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Bankgeheimnis im Visier von Deutschland

Anlässlich der jüngsten Debatte um Steuerflucht will Deutschland die Reform der EU-Zinsbesteuerung beschleunigen und dabei auch das österreichische Bankgeheimnis ins Visier nehmen.
"Steht nicht zur Disposition"
Österreich-Konnex
Bankgeheimnis hängt an Schweiz und Liechtenstein

Die EU-Kommission sollte beim Treffen der EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel gebeten werden, “schneller als bisher geplant über die Weiterentwicklung und Ausdehnung der Zinsrichtlinie einen Vorschlag zu machen”, forderte der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück vor dem Treffen.

Bereits am Montagabend hatte Steinbrück vor Journalisten präzisiert, er wolle für europäische Länder eine Informationspflicht einführen für den Fall, dass deutsche Behörden Anzeichen für Steuerhinterziehung haben. Dabei müssten bisherige Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) umgesetzt werden. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem Bericht zur Reform der 2005 beschlossenen EU-Zinsbesteuerung. Planmäßig sollte der Bericht erst im Oktober oder November vorgelegt werden.

Außerdem will Deutschland, dass die EU-Finanzminister die EU-Kommission in ihren Verhandlungen mit “Steueroasen wie Singapur, Macao und Hongkong” unterstützen, wie Steinbrück am Dienstag sagte. “Das bedeutet, dass es durch Doppelbesteuerungsabkommen europäischer Länder keine Art von Unterminierung gibt”.

Das österreichische Bankgeheimnis ist Deutschland ebenso wie der OECD schon länger ein Dorn im Auge. Österreich, Luxemburg und Belgien haben bisher als einzige Länder in der Union eine Ausnahme auf die EU-weite Meldepflicht von Kapitalerträgen. Um ihr Bankgeheimnis zu wahren, können sie eine Quellensteuer auf ausländische Kapitalerträge erheben. Die derzeitige EU-Zinsertrags-Richtlinie umfasst im wesentlichen nur Sparbücher, festverzinsliche Wertpapiere und einige Investmentfonds. Juristische Personen sind nicht erfasst.

Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer (V) hatte am Montagabend erklärt, er wolle Österreichs Bankgeheimnis verteidigen. Österreich werde sich einer Diskussion der EU-Finanzminister nicht verweigern, sagte er. Die geltende EU-Richtlinie zur Zinsbesteuerung sei aber erst vor wenigen Jahren beschlossen worden. “Die jetzigen Spielregeln sind sehr klar und aus meiner Sicht ausreichend”, betonte Molterer.

Die EU-Finanzminister beraten auch über den von Österreich und Deutschland geforderten Testlauf in der EU gegen Mehrwertsteuerbetrug. Nach Angaben von EU-Diplomaten ist eine Mehrheit von EU-Staaten gegen eine radikale Umstellung der Steuersysteme zum jetzigen Zeitpunkt. Österreich hat sich für die Durchführung des EU-Pilotprojekts angeboten.

Außerdem wollen die EU-Finanzminister eine Entscheidung über den künftigen Präsidenten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) treffen. Der Posten soll nach dem Ende der Amtszeit des Franzosen Jean Lemierre am 3. Juli 2008 neu besetzt werden. Als Favorit für den Posten gilt der deutsche Staatssekretär Thomas Mirow. Tschechien hat den Chef seiner Nationalbank, Zdenek Tuma, nominiert. Auch Ungarn und Griechenland haben eigene Kandidaten ins Spiel gebracht.

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