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"Ballermann" im Montafon

Das Mega-Hotelprojekt in Tschagguns (die NEUE berichtete exklusiv) sorgt im Ort für regen Diskussionsstoff. Vor allem die Anrainer sind in heller Aufregung.

Sie befürchten, dass ihr 2200-Seelen-Ort zu einem zweiten „Ballermann wie in Mallorca“ wird. Im Dorf ist es das bestimmende Thema: „Ein Sporthotel für junge Leute soll kommen, heißt es“, gibt Liselotte, die gerade aus dem Lebensmittelgeschäft kommt, den Dorftratsch wieder. Die Vermieterin von Ferienwohnungen findet das „Furtner-Projekt nicht schlecht. Denn aus den Jungen werden auch einmal Erwachsene. Und die kommen später dann vielleicht mit ihren Familien zu uns und mieten eine Ferienwohnung an“, macht Liselotte klar, warum sie das Hotelprojekt begrüßt.

Bürgerversammlung

Fix ist allerdings noch nichts, wie Bürgermeister Guntram Bitschnau betont. Zwar seien inzwischen das Modell da, der Plan und die positive Stellungnahme der Lawinen- und Wildbachverbauung. „Aber es sind noch eine Menge Fragen zu klären.“ Zum Beispiel die, wie die Tschaggunser Bevölkerung zum 15-Millionen-Euro-teuren Hotelprojekt steht. Denn angesichts der Größe des Hotels – es sind 720 Betten geplant – und der Tatsache, dass man bisher im 2200-Seelen-Ort den sanften Tourismus lebte, sieht es der Ortschef als Verpflichtung an, darüber mit der Bevölkerung zu diskutieren. Daher will Bitschnau am 17. April (um 20 Uhr im Turnsaal der Volksschule) eine Bürgerversammlung einberufen. Als besonders dringlich sieht er die Information der Anrainer an. „Denn die wissen noch nichts von ihrem Glück.“ Doch ganz so ahnungslos wie der Bürgermeister meint, sind die Anrainer nicht. Der Dorfklatsch ist auch bis zu ihnen durchgedrungen. Neu ist für die Nachbarn bloß, dass jetzt plötzlich die Rede von über 700 Betten ist. „Ursprünglich hieß es doch 300 Betten“, wundert sich Alwin, dessen Haus an das Grundstück, das verbaut werden soll, angrenzt (Anm.: Ursprünglich waren tatsächlich nicht zwei Gebäude mit 720 Betten, sondern nur ein Gebäudekomplex mit 360 Betten geplant). “300 Betten wären gegangen, aber 700 sind ein Wahnsinn“, regt sich Alwins Frau auf. Das Pensionistenehepaar befürchtet, dass es „mit der Ruhe ein für allemal vorbei sein wird“, wenn die Bettenburg erst einmal steht.

Maria, ebenfalls eine Anrainerin, sieht dem Ganzen gelassener entgegen. „Für mich ist das kein Problem. Wenn sich die jugendlichen Gäste nicht zu benehmen wissen, dann gibt es ja auch noch die Gendarmerie. Die wird wohl in der Lage sein, für Ruhe und Ordung zu sorgen.“ Insgeheim hofft sie aber schon, dass „die Betreiber ordentliche Jugendliche herholen“.

Grölende Jugendliche

Carolines Ängste sind da schon konkreter. Die Anrainerin und Mutter zweier kleiner Kinder assoziiert mit dem Mega-Hotel grölende Jugendliche, die besoffen herumhängen und Bierflaschen und Dosen, die in ihrem Garten herumliegen und ihre Kinder gefährden könnten. „Es wird a la Ballermann auf Mallorca“, befürchtet sie das Schlimmste. Die 36-Jährige versteht nicht, warum „der hochqualifzierte Tourismus kaputtgemacht wird“ und nun auf einmal Billigtourismus forciert wird. „In Mallorca schaut man, dass man die Ballermanns rauskriegt, bei uns will man sie hereinholen.“ Angesichts dessen kann Caroline nur mehr den Kopf schütteln und tief seufzen.

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