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Bahnunfall: Untersuchungsbericht wirft ÖBB Versagen vor

©VMH
Lochau - "Das darf nicht wahr sein!", war die Reaktion jenes angeklagten ÖBB-Disponenten,nachdem er am 29. Dezember 2006 um genau 10.09 Uhr vom Lokführer über den tödlichen Bahnunfall in Lochau per Funk informiert wurde.   |  

Der Schock saß tief, als sich schließlich herausstellte, dass drei Menschen getötet wurden. Am Freitag muss sich der 45-jährige Disponent wegen fahrlässiger Tötung der Polizeibeamten German Baldauf und Herlinde Kempf sowie des Bestatters Manfred Petschenig vor Gericht verantworten. Mit auf der Anklagebank sitzt der Lokführer des Unglückszuges.

Den „VN“ liegt der UntersuchungsberichtderBundesanstalt für Verkehr vor, die den genauen Zeitablauf des Bahnunfalls rekonstruiert hat. Außerdem untersuchten die Experten die Ursachen des tragischen Unglücks. Das Ergebnis: eine Verkettung von menschlichem Versagen und widersprüchliche Dienstvorschriften seitens der ÖBB. Der Bericht zeigt ein Durcheinander konkurrierender Vorschriften und nicht genau geklärter Zuständigkeiten bei den ÖBB als Mitursache der Tragödie auf.

Aus dem Untersuchungsbericht geht hervor, dass ein eklatanter Fehler darin bestand, das Gleis, auf dem der Polizeieinsatz ablief, nicht zu sperren. Im Bericht heißt es: „Bis zu diesem Vorfall gab es keine expliziten Arbeitsanweisungen für die Mitarbeiter der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG bezüglich der betrieblichen Vorgangsweisen bei einem Polizeieinsatz im Gleisbereich.“ Die Mitarbeiter mussten sich an einer anderen Vorschrift orientieren, die eine Sperre des Gleises vorschreibt, „wenn das Befahren zweifelhaft ist“.

Hätte stoppen können

Der Fehler des Disponenten bestand laut Bericht darin, die Koordination des Polizeieinsatzes und die Verständigung aller Züge nicht dem zuständigen Fahrdienstleiter in Wolfurt überlassen zu haben. Statt- dessen kümmerte er sich von Innsbruck aus selbst darum, ohne die nötigen technischen Möglichkeiten. Der Wolfurter Fahrdienstleiter, der nicht informiert wurde, hätte den Unglückszug noch rechtzeitig an einem Signal stoppen können, auch wenn dieser nicht über Funk erreichbar war. Der Disponent hatte diese Möglichkeit nicht, er konnte die Strecke nur überwachen, aber nicht steuern. Die mangelhafte Kommunikation, widersprüchliche Vorschriften und menschliches Versagen sollen laut Bericht die Ursache für den Tod der drei Menschen gewesen sein.

Gerichts-Insider rechnen mit einem Freispruch des angeklagten Lokführers. Dieser hatte zwar sein Funkgerät nicht auf den ÖBB-Kanal umgestellt, der Disponent hatte aber viel zu spät versucht, den Lokführer per Funk zu erreichen. Die Hauptverantwortung liegt laut Untersuchungsbericht in der Innsbrucker Leitstelle, die wegen der widersprüchlichen Anweisungen eine tragische Verkettung der Ereignisse auslöste.

ÖBB verklagen

Der Dornbirner Rechtsanwalt Dr. Paul Sutterlüty – er vertritt die Hinterbliebenen – will die ÖBB strafrechtlich zur Verantwortung ziehen. Er sieht ein sogenanntes „Organisationsverschulden“ gegeben, das zum Tod der drei Menschen geführt habe.


Bericht deckt Fehler auf

Zwei ÖBB-Mitarbeiter müssen sich morgen am Bezirksgericht Bregenz wegen des Bahnunfalls von Lochau vom 29. Dezember vergangenen Jahres strafrechtlich verantworten. Angeklagt ist die fahrlässige Tötung zweier Polizisten und eines Bestatters.

Den „VN“ liegt der Untersuchungsbericht der Bundesanstalt für Verkehr zum Bahnunglück vor. Darin werden die letzten Stunden vor der Tragödie rekonstruiert und die Ursachen für das Unglück festgestellt.

Keine Zuständigkeit

Das Ergebnis der Untersuchung zeigt das damalige Versagen des Notfallmanagements der ÖBB aufgrund widersprüchlicher Zuständigkeiten. Der angeklagte Disponent hatte gemäß den eisenbahnrechtlichen Regelungen keine Zuständigkeit für die Abwicklung des Polizeieinsatzes, dies lag in der Aufgabe des Wolfurter Fahrdienstleiters, der nicht verständigt wurde. Die Anweisungen seitens der ÖBB waren laut Untersuchungsbericht nicht eindeutig genug, zudem hätte das Gleis gesperrt werden müssen.

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