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Auto-Krise in Deutschland hat Folgen für Vorarlberg

Die deutsche wie internationale Automobilindustrie sieht sich in der Krise. Die Zulieferindustrie warnt vor Kurzarbeit und Pleiten. Auch in Vorarlberg gibt es bedeutende Zulieferbetriebe von Hirschmann bis 1zu1.

Die Automobilindustrie steuert nicht zuletzt in Deutschland auf eine Krise zu: Weltweit eher rückläufige Verkaufszahlen, Spardruck, Umstellung auf neue Antriebstechniken und strengere Abgasnormen - die Details dazu nach den Grafiken. In Deutschland müssen bereits die ersten Zulieferer reagieren, sei es mit geringeren Gewinnprognosen, Kurzarbeit oder Schließungen. Der Vorarlberger Prototypenhersteller Prototech meldete trotz starken Umsatzsteigerungen Ende September Konkurs an. Als Grund gibt er den Umsatzeinbruch in der Automobilbranche an.

1zu1 muss Rückgänge hinnehmen

Zulieferer der Automobilindustrie gibt es jedoch in Vorarlberg noch mehr, darunter auch Big Player. 1zu1 in Dornbirn ist ebenfalls auf den Prototypenbau und Miniserien spezialisiert. "Wir spüren die Auswirkungen seit gut einem Jahr und unternehmen die größtmöglichen Anstrengungen, dies mit allen anderen Branchen zu kompensieren", erklärt Geschäftsführer Wolfgang Humml gegenüber VOL.AT. Dennoch müsse man einen Umsatzrückgang hinnehmen. Personalabbau oder Kurzarbeit seien jedoch kein Thema.

Wolfgang Humml sieht starke Veränderungen auf die Branche zukommen. - VOL.AT/Hartinger

Auf die Situation reagieren sei schwierig, da man selbst keine Produkte entwickelt. 1zu1 vertraue jedoch auf das eigene Know-How und Techniken, die gerade bei komplexen Fertigungsteilen gefragt sei. Die Lage der Automobilzulieferer sieht Humml als schwierig: "Mit der Weiterentwicklung der Batteriesysteme und Elektrifizierung werden tausende von Bauteilen in Verbrennungsfahrzeugen nicht mehr benötigt. Hier wird es zwangsweise zu massiven Umstrukturierungen und Umschulungen kommen."

Hirschmann wächst langsamer

Hirschmann Automotive in Rankweil konzentriert sich seit 2003 auf Steckverbindungen, ihre Produkte sollen sich in jedem zweiten Neuwagen zu finden. Auch hier spürt man die Auswirkungen, wie Geschäftsführer Volker Buth im Telefoninterview mit VOL.AT oben erklärt.

Hirschmann wächst, während die Branche schrumpft. - VOL.AT/Stiplovsek

Verzeichnete man in den vergangenen Jahren grundsätzlich Wachstum im zweistelligen Prozentbereich, wird der Zulieferer heuer wohl "nur" im einstelligen Bereich wachsen - während die Branche insgesamt schrumpft.

Henn global aufgestellt

Henn in Dornbirn produziert vor allem Verbindungssysteme für die Industrie. "Die momentan größte Abweichung gegenüber unserem Plan verspüren wir in China. Dies wird sich aber in unserer Bilanz kaum bemerkbar machen", ist sich Geschäftsführer und IV-Präsident Martin Ohneberg sicher. "Wir beliefern weltweit 36 Automobilproduzenten und sind mit unserem Portfolio in sämtlichen Anwendungen vertreten." Schwankungen wie die momentanen könne man daher gut auffangen, dem technologischen Wandel sei man mit Neu- und Weiterentwicklungen gewappnet.

Martin Ohneberg setzt auf ein breites Kundenfeld. - VOL.AT/Rauch

E-Mobilität: Unrealistische Ziele

Kurzarbeit sei bei Henn daher aufgrund der Auftragslage nicht notwendig. "Wir sind weiterhin zuversichtlich, dass bei einer politischen Beruhigung das Wachstum der Vergangenheit auch in den nächsten Jahren wieder erzielt werden kann", ist Ohneberg überzeugt. Er sieht neben Unsicherheiten auf der internationalen Bühne aber auch innenpolitische Gründe: Deutschland habe sich vom "Dieselgate" noch nicht erholt. "Die künstliche Förderung einzelner Antriebtechnologien und unrealistische Zielsetzungen führen momentan zu einer Marktverzerrung und nicht zur erwünschten Energie- und Mobilitätswende", warnt Ohneberg. Die Deutschen hätten jedoch nicht verlernt, Autos zu bauen und werden auch weiterhin dazu in der Lage sein. Die gewünschte E-Mobilität fordere aber auch von der Politik die notwendige Infrastruktur in der Energieversorgung. Henn selbst arbeitet mit dem US-Konzern DuPont derzeit an innovativen Batteriekühlsysteme für Elektrofahrzeuge, wie die VN berichten.

Autobranche im Umbruch

In der Automobilbranche stehen die Zeichen auf Sturm: VW und Daimler (Mercedes-Benz) haben angekündigt, keine Verbrennungsmotoren mehr zu entwickeln. Gleichzeitig laufen bei allen großen deutschen Herstellern Sparprogramme. BMW will in vier Jahre 12 Milliarden einsparen, Daimler allein in der Verwaltung 4.000 Stellen streichen.

Rückläufige Verkaufszahlen

Hinzu kommen Verkaufs- und Produktionsrückgänge: Nicht zuletzt aufgrund der Zollstreitigkeiten mit den USA brach in China der Markt ein - zuletzt wurde jede vierte Pkw der Welt hier verkauft. Gleichzeitig setzt man im Reich der Mitte verstärkt auf Alternativen zum Verbrennungsmotor, allein um den Smog in den Metropolen zu bekämpfen. In Europa sorgen ebenfalls neue Abgasgrenzen für Verkaufsrückgänge, in Amerika steigende Kreditzinsen. In Indien, einem Wachstumsmarkt mit Potential, ist die Branche nach Konjukturabschwung und Finanzkrise in einer echten Krise.

Markt schrumpft stärker als 2008

Die Wirtschaftskrise von 2008 ging an der Automobilbranche vergleichsweise spurlos vorbei. Nun jedoch warnen Experten: Weltweit schrumpft der Automarkt heuer voraussichtlich um fünf Prozent, stärker als 2008. Darunter leiden nicht nur die Branche selbst, sondern auch ihre Zulieferer. Deutschland hat in den ersten neun Monaten dieses Jahr neun Prozent weniger Fahrzeuge gebaut und 12 Prozent weniger exportiert als im Vergleichszeitraum 2018.

Rezession in Deutschland

Allein in Deutschland seien 1,8 Millionen Arbeitsplätze direkt oder indirekt mit der Automobilindustrie verknüpft. Dies sind bei 45,1 Millionen Erwerbstätigen (laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes) vier Prozent aller Arbeitsplätze. Zum deutschen Bruttoinlandsprodukt liefert die Automobilindustrie immerhin an die 4,5 Prozent bei und zählt zu den wichtigsten Exportbereichen. 2018 exportierte die deutsche Autobranche Waren im Wert von 230 Milliarden Euro. Dementsprechend wird dem bereits 2018 vorhandenen Rückgang der Auto-Verkäufe einen spürbaren Anteil am schwachen deutschen Wirtschaftswachstum und der nun einsetzenden Rezession eingeräumt.

(Red., mit Material der APA)

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