Göfis. (koe) Bgm. Helmut Lampert konnte zum Start der Wanderausstellung der ELEMENTA WALGAU neben zahleichen Interessierten den Leiter des Bauernhaus-Museums Wolfegg Stefan Zimmermann begrüßen. Dank seiner Initiative und einem EU-Forschungs- und Ausstellungsprojekt sind nach vielen Jahren die „Schwabenkinder“ plötzlich wieder zum Thema geworden und zusammen mit 27 Kultureinrichtungen aus acht Ländern wurde diese oftmals tragische Geschichte aufgearbeitet. “Es ist wichtig, dass man heute einen Blick in die Vergangenheit wirft und das damalige Geschehen in einer gewisse Relation zur heutigen Zeit betrachtet“, meinte Bgm. Lampert einleitend.
Von starkem Körperbau…
Zum Auftakt hielt Zimmermann den Vortrag “Schwabenkinder aus der oberschwäbischen Perspektive” und begann mit einem doch eher schockierenden Zitat aus dem Jahre 1821 des oberschwäbischen Oberamtes, warum die Bauern auch Hütekinder aus Vorarlberg nahmen: “Weil sie selber arm und rau erzogen, gewöhnlich von starkem Körperbau und besonders rauer Natur sind, die härteste Arbeit nicht scheuen und Entbehrungen aller Art gewohnt, sich mit schlechter Kleidung und geringem Lohn begnügen und ganz nach und nach dem Wunsch des Bauern abrichten lassen…“. Bis heute sei die jährliche Wanderung der Schwabenkinder aus dem Alpenraum nach Oberschwaben, in die Bodenseeregion und das Allgäu ab dem 17. Jahrhundert fest im historischen Bewusstsein der Menschen verwurzelt – vielfach knüpfen sich bewegende Einzelschicksale und persönliche Familiengeschichten an diese Erinnerungen daran.
“doppelt Häs”
Zimmermann beleuchtete auch die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Kinderwanderung, die durch die Befreiung der Schulpflicht im Heimatland erst ermöglicht wurde. Bittere Armut trieb über Jahrhunderte hinweg Kinder armer Familien auch aus Vorarlberg nach Oberschwaben auf die Kindermärkte, um sich dort als „Hütekinder“ zu verdingen. Von „Sklavenmärkten“ sprach die zeitgenössische Presse. Fünfjährige standen dort neben 14-Jährigen, Mädchen und Jungen, die ihre Dienste feilboten. Für ein wenig Geld, Kost und Logis sowie „doppelt Häs“ (doppeltes Gewand). Mit Elmar Bereuters Bestseller „Schwabenkinder“ und der gleichnamigen preisgekrönten Verfilmung, wurde 2002 die Geschichte dieser Kinder wieder lebendig. Mit dem grenzüberschreitenden Projekt und der Wanderausstellung können wir uns auf die Spuren der ehemaligen Hütekinder begeben und uns an die unterschiedlichen Schicksale der Kinder im 19. Jahrhundert erinnern.
Schautafel mit Göfner Namen
Im Anschluss erlebten die Besucher die von Thomas Gamon und Christoph Thöni interessant gestaltete Ausstellung im Gemeindekeller. Schwerpunkte sind die historischen Wanderbewegungen von schulpflichtigen Kindern vor allem der Schwabenkinder aus dem Walgau. Regina Lampert aus Schnifis war wohl das berühmteste Schwabenkind aus der Region. Sie beschrieb ihre Erinnerungen in einem Buch. Ihr Schicksal und das anderer Kinder sowie ihre Wege hinaus ins Schwabenland werden aufgezeigt. Auf Schautafeln und Bannern werden die gesellschaftlichen und landwirtschaftlichen Bedingungen thematisiert, die damals im Walgau die Kinder zu „Fremdarbeitern“ machten. Auch das Schwabenland in seiner damaligen Situation wird vorgestellt. Auf einer eigenen Tafel sind penibel die Daten der Kinder aus Göfis aufgelistet, ab wann, wie lange und bei welchem Bauern sie ihren “Dienst” leisteten. Diese lokalhistorischen Erkenntnisse hat Karl Lampert zusammengestellt.
Weitere Veranstaltungen
Öffnungszeiten der Ausstellung im Keller des Gemeindeamtes:
Samstag, 21. April 2012 bis Sonntag, 29. April 2012
Montag bis Freitag von 8.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 18.00 Uhr
Samstag und Sonntag von 14.00 bis 18.00 Uhr
Lesung am Dienstag, 24.04.2012 um 20.00 Uhr in der bugo Bücherei Göfis
“Die Schwabenkinder” von und mit Elmar Bereuter
Vortrag am Freitag, 27.04.2012 um 20.00 Uhr in der bugo Bücherei Göfis
“Das Schwabenkind Regina Lampert.” Zur Aktualität eines einmaligen Selbstzeugnisses mit Univ.-Prof. Dr. Bernhard Tschofen.
Ergänzende Informationen sind auf die Website des EU-Projektes samt Namens-Datenbank unter www.schwabenkinder.eu zu finden.
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