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Ausblick der Vorarlberger Finanzdienstleister

Feldkirch - Welche Auswirkungen die Eurokrise oder die gedämpften Wachstumserwartungen der Industrienationen für die Vorarlberger Anleger haben, analysieren die Vorarlberger Finanzdienstleiter.

Das Fazit der Kapitalmarkt-Experten: Anleger können auch in unsicheren Zeiten rentabel investieren – zum Beispiel in Aktien. Schließlich weist die Mehrzahl der Unternehmen robuste Wachstumszahlen auf und Aktien können infolge der Kurskorrekturen der vergangenen Wochen günstig erworben werden“, so Arnold Tollinger, Diplom-Börsenhändler und Ausschussmitglied der Fachgruppe Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Interessante Möglichkeiten ergeben sich bei der neuen Kapitalertragsteuer (Wertpapier-KESt), die ab 1. Oktober auch für Anleihen und Zertifikate gilt.

In Euro-Staatsanleihen investieren

Eine Beruhigung der Eurokrise würde Euro-Staatsanleihen für risikofreudige Anleger attraktiv machen. Die Probleme lassen sich jedoch allein mit der weiteren Aufstockung des Rettungsfonds auf Dauer nicht lösen. Und auch die Europäische Zentralbank kann die Verantwortung nicht alleine tragen. Schließlich hat diese mit dem Ankauf italienischer und spanischer Staatsanleihen in der Höhe von 36 Milliarden Euro bereits ihr Renommee riskiert. Die Lösung liegt in einem europäischen Finanz-, Wirtschafts- und Haushaltskonzept, das der übermäßigen Verschuldung einzelner Staaten entgegensteht und so das Vertrauen der Finanzmärkte in den Euro wiederherstellen kann.

Die vielfach diskutierte Einführung von Eurobonds im Sinne europäischer anstelle nationalstaatlicher Anleihen wären ein weiterer Schritt, um den Druck des Marktes auf die südeuropäischen Staaten zu verringern: Diese könnten sich dann über geringer verzinste Eurobonds refinanzieren, anstatt für eigene Staatsanleihen horrende Risikoaufschläge zahlen zu müssen. Für Österreich, das weiterhin über AAA-Rating verfügt, würden Eurobonds allerdings steigende Schuldenzinsen und damit höhere Belastungen bedeuten. „Dies wäre einem Kollaps der Eurozone jedoch in jedem Fall vorzuziehen, da dieser für einige Staaten einen Anstieg des Zinsniveaus auf über zehn Prozent und eine langjährige Rezession mit sich bringen würde“, kommentiert Tollinger.

Kurzfristig ist die Einführung von Eurobonds aufgrund nationalstaatlicher und politischer Widerstände, unter anderem in Deutschland, allerdings unwahrscheinlich. Entlastung bringt den unter Druck geratenen Staaten wohl eine andere Lösung: Sie sollen sich über eine mit zusätzlichen Mitteln ausgestattete Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität (EFSF) zum niedrigen Zins von 3,5 Prozent refinanzieren können. Das würde allein für Griechenland eine Schuldenentlastung von 20 Prozent bewirken. Der Zusammenbruch des Systems wäre vorerst abgewendet: „Risikofreudige Anleger können daher mit Staatsanleihen und -fonds aus dem Euroraum über 4,2 Prozentverdienen,was dieser Anlageklasse gemeinsam mit neuen Bestimmungen im Rahmen der KESt wieder Aufwind verleiht“, sagt Tollinger.

Für vorsichtige Anleger gilt die norwegische Krone wegen des gesunden Staatshaushaltes und eines beispiellosen Budgetüberschusses des skandinavischen Landes als sicherer Hafen. Bisher konnten sich diese Vorteile nicht in höhere Kurse der Währung freisetzen, weshalb die Aufwertungstendenz bestehen bleibt und Staatsanleihen oder -fonds in der norwegischen Währung neben Top-Bonität auch Potenzial auf Währungsgewinne eröffnen.

Höhere Nettorenditen bei optimaler Nutzung der Wertpapier-KESt

Während die Wertpapier-KESt seit 1. Jänner für Aktien und Fondsanteile gilt, kommt diese nun auch für Anleihen und Zertifikate, die ab dem 1. Oktober 2011 erworben werden. Die Steuer, die bisher auf Zinsen eingehoben wird, kann dann aufgrund der Neuregelung erstmals mit Veräußerungsverlusten ausgleichen werden (ausgenommen davon bleiben Spareinlagen und Festgelder). Diese Regelung hat bei Anleihen einen besonderen Reiz. So können Anleger beispielsweise mit einer vierjährigen österreichischen Staatsanleihe (beste Bonität AAA) bei optimaler Nutzung der neuen Regelung eine Nettorendite von 3,09 anstatt 1,6 Prozent realisieren. Während die Steuer automatisch abgeführt wird, müssen der Anleger oder sein Berater selbst aktiv werden, um den Ausgleich durchzuführen. Des Weiteren besteht bis Ende September noch die Möglichkeit, KESt-freie Index-Zertifikate zu erwerben, die auch weiterhin steuerfrei bleiben. „Privatpersonen sollten jedoch nicht mehr als 15 bis 20 Prozent in Zertifikaten anlegen und auf hervorragende Bonität der Emittenten achten“, rät Tollinger.

Für risikofreudige Anleger lohnt zudem ein Blick an die Börse: Große Firmen haben in den vergangenen Tagen ihre bisherigen Wachstumsprognosen bestätigt und einige notieren derzeit sogar unter ihrem Buchwert. „Ein Investment in Aktien stellt stets einen realen Wert dar. Das bedeutet, die Wertpapiere können zwar fallen, wie soeben zu erleben war, aber sie werden sich mittelfristig zwangsläufig auf einem Niveau einpendeln, das den zugrundeliegenden Fundamentaldaten entspricht. Und diese geben weiterhin Grund zu Optimismus“, erklärt Tollinger.

Schweizer Franken weniger gefragt

Am 6. September wurde von der Schweizer Nationalbank (SNB) ein Wechselkursziel von 1,20 CHF je Euro festgelegt. „Die SNB plant, dieses auch mit aller Konsequenz durchzusetzen“, ergänzt Tollinger. Damit dürften sich bestehende Fremdwährungskredite in Schweizer Währung nicht weiter verteuern. Erst wenn die Bonitäts-Krise einiger Euro-Staaten überwunden und das Vertrauen in den Euro wiederhergestellt ist, wird der Franken weiter abwerten. Zur Stärke der Schweizer Währung tragen auch die – trotz verminderter Export-Wettbewerbsfähigkeit – weiterhin gute Wirtschaftsentwicklung sowie nach unten korrigierte Wachstumsprognosen für die Euroländer bei.

(WKO Wirtschaftskammer Vorarlberg)

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