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Aufwendige Antarktis-Rettung: Wer trägt die hohen Kosten?

74 Menschen saßen seit dem ersten Weihnachtstag an Bord des Forschungsschiffs “MV Akademik Shokalskiy” im Polareis fest.
74 Menschen saßen seit dem ersten Weihnachtstag an Bord des Forschungsschiffs “MV Akademik Shokalskiy” im Polareis fest. ©EPA
Die Expeditionsteilnehmer saßen zwar im Eis fest, unterhielten aber die Welt über Weihnachten und Neujahr mit ihren Gute-Laune-Videos. Für die Besatzung der zur Hilfe geeilten Eisbrecher war der Einsatz kein Spaß. Und zudem war er teuer.

Aufgekratzt wie Kinder auf Klassenfahrt gingen die Teilnehmer der Antarktis-Expedition am Donnerstag von Bord zum Helikopter. Nach neun Tagen im Eis konnten sie das eingeschlossene Forschungsschiff “MV Akademik Shokalskiy” nicht schnell genug verlassen. Die Hubschrauberaktion zur Rettung war heikel, das Aufatmen groß, als alles wie am Schnürchen lief. Jetzt kommen die Fragen: Wer zahlt für die Rettung? War der Ausflug nötig? War er gar fahrlässig?

Rettung kostet mehrere Millionen Dollar

Australische Medien schätzen den Preis für die Rettungsaktion der Wissenschaftler und Touristen auf mehrere Millionen Dollar. Kosten für Such- und Rettungsaktionen werden laut Statut der australischen Seesicherheitsbehörde (Amsa) zwar getragen. Das dürfte allerdings nicht mögliche Forderungen der Eigner der zur Hilfe herbeigeeilten Eisbrecher einschließen.

Das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (Solas) verpflichtet Schiffe auf hoher See, auf Notrufe umgehend zu reagieren. In der Regel kann der Eigner des in Not geratenen Schiffes später zur Kasse gebeten werden. Die “Shokalskiy” fährt unter russischer Flagge – die Australasiatische Antarktis-Expedition 2013/14 hat sie gechartert. Im Chartervertrag müsste die Haftpflicht für Rettungsaktionen näher geregelt sein.

Drei Eisbrecher eilten zu Hilfe

Drei Eisbrecher hatten seit Heiligabend ihren Kurs geändert, um der “MV Akademik Shokalskiy” zur Hilfe zu eilen. Das französische Schiff drehte nach drei Tagen wegen der aussichtslosen Lage ab und wurde aus der Helferpflicht entlassen, aber die Eisbrecher “Snow Dragon” aus China und die “Aurora Australis” aus Australien mussten ihre eigentliche Arbeit tagelang unterbrechen. Allein die “Aurora” schlägt nach Medienberichten in Australien mit fast 40 000 Euro Kosten zu Buche – pro Tag.

Die Schiffe waren zudem auf wichtigen Arbeitseinsätzen unterwegs. Die “Aurora” war etwa dabei, Nachschub und wissenschaftliche Geräte an der australischen Antarktisstation Casey auszuladen, als der Notruf kam. Sie brach die Entladung ab und eilte innerhalb von Stunden zum Noteinsatz, wie einer der Wissenschaftler an der Station, Joe McConnell, dem “New York Times”-Reporter Andrew Revkin schrieb.

Folgen für Forschungsprogramme enorm

“Die kurz- und langfristigen Folgen für das australische Forschungsprogramm sind enorm, und das dürfte für das französische und chinesische Programm auch gelten, weil ihre Eisbrecher umgeleitet wurden”, schrieb er. “Viele Leute können ihre Forschungsprojekte, die sie teils jahrelang vorbereitet haben, nicht fortsetzen, weil ihr Material immer noch an Bord der “Aurora” ist.” Wegen der extremen Wetterverhältnisse können Eisbrecher die Forschungsstationen nur im kurzen antarktischen Sommer anfahren. Dabei zählt jeder Tag.

Allerdings war die “Sholaksiy” selbst auf wissenschaftlicher Mission unterwegs. Expeditionsleiter Chris Turney ist Klimaforscher. Er wollte Eisveränderungen in der Antarktis über einen langen Zeitraum dokumentieren. Dazu folgte er der Route des Polarforschers Douglas Mawson, der die Region vor 100 Jahren erkundete. “Aufbauend auf den Messungen von vor 100 Jahren unternimmt die Australasiatische Antarktis-Expedition 2013/14 ein Forschungsprogramm, um gegenwärtige und künftige Veränderungen in der Antarktis und dem südlichen Ozean besser zu verstehen”, schrieb Turney.

Die “Shokalskiy” wurde einst als Polarforschungsschiff gebaut, ist für den Einsatz in der Antarktis also bestens ausgestattet. Dass neben den Wissenschaftlern auch zahlende Touristen an Bord waren, ändert nichts daran, dass die Expedition für alle Eventualitäten gewappnet war. “Die Wetterverhältnisse sind eben unberechenbar”, twitterte Turney. (dpa)

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