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Audienz beim Schneepapst

Seilbahn-Urgestein Michael Manhart vor einem Stapel Akten. Nur er selbst hat den Überblick in seinem „System“.
Seilbahn-Urgestein Michael Manhart vor einem Stapel Akten. Nur er selbst hat den Überblick in seinem „System“. ©MiK
Schwarzach - Seilbahner, Techniker, Landwirt, Jäger und Visionär: WANN & WO traf Michael Manhart in seinem Büro in der Schlegelkopf Talstation Lech.

WANN & WO: Sie leiten bereits in dritter Generation die Lecher Skilifte. Wurde Ihnen der Bezug zum Skisport bereits in die Wiege gelegt?

Michael Manhart: Als Kind bin ich in einer Seilbahnerfamilie aufgewachsen. Mein Großvater Sepp Bildstein hat Lech-Zürs seilbahntechnisch erschlossen. Wir haben quasi nur seinen Weg fortgesetzt und das Gebiet dem Gelände angepasst erweitert. Auch unter Berücksichtigung von bodenständigem Saatgut – da waren wir Vorreiter. Es war am Anfang schweineteuer. Ein Kilo dieses Super-Saatguts kostete damals 500 Schilling. Früher noch mit Schaufel und Pickel, heute mit Bagger – aber immer unter der obersten Prämisse, der Natur nicht zu schaden. Im eigenen Interesse, unsere wunderschöne Bergwelt zu bewahren.

WANN & WO: Wie haben Sie Ihre Kindheit verbracht?

Michael Manhart: Viel in der Natur. Mein Vater Dr. Gernot Manhart war Direktor der BASF Ludwigshafen. Er hat mir die chemischen Vorgänge in der Umwelt näher gebracht. Auch mein Ziehvater Erwin Schneider, der zweite Mann meiner Mutter und begnadeter Bergsteiger und Alpinist, hat mir die Liebe zu unseren Bergen mit auf den Weg gegeben.

WANN & WO: Sie gelten als technischer Visionär. Worauf sind Sie besonders stolz?

Michael Manhart: Technik und Phantasie waren immer Eigenschaften, die ich in Einklang bringen konnte. Wenn ich damals mein Patent der Pistenfräse umsetzen hätte können, wäre ich heute ein reicher Mann. Damals fehlte es schlicht an Geld bzw. den Herstellern an Glauben in meine Vision. Heute sind die Geräte Standard. Das Problem der Erfinder: Sie sind meist ihrer Zeit voraus. Besonders stolz bin ich auf den „Arlberg Jet“, meine Schneekanone. Vor der Olympiade in Calgary (1988) habe ich mit ihr an einem Wettbewerb teilgenommen, die Konkurrenz ausgestochen und schließlich die Olympiade exklusiv beschneit. Der Jet ist wesentlich aus der Beobachtung von Strömung entstanden. Ich kann im Kopf extrem gut visualisieren, Zeichnungen entstehen bei mir immer erst am Schluss.

WANN & WO: Michael Manhart tanzt auf vielen Hochzeiten. Woraus schöpfen Sie Inspiration?

Michael Manhart: Aus der Natur. Wenn ich mal die Schnauze voll habe und mein Wirken hinterfrage, hat die Natur immer die passende Antwort. Auf den Dank des Vaterlandes habe ich nie gebaut. Obwohl sie, je älter man wird, einem jetzt dauernd irgendwelche Auszeichnungen umhängen. Vielleicht denken sie, dass ich dann mal endlich Ruhe gebe. Aber da haben sie sich noch ein paar Jährchen getäuscht. Mich schickt man immer in den Krieg, wenn man etwas durchsetzen will, und die Politik aus unerfindlichen Gründen nicht mitzieht. Da bin ich zäh, wie beim Auenfeldjet. Das ging rund 40 Jahre, davon 30 Jahre intensiv. Und jetzt fragt jeder, wieso man das nicht schon lange gemacht hat. Die schönen Nordhänge in Schröcken und Warth haben es jetzt auch schon manch einem Lecher angetan, wenn bei uns der Schnee Scheiße ist.

WANN & WO: Welchen Plan haben Sie noch nicht umsetzen können?

Michael Manhart: Eine Bahn von Zug aufs Madloch habe ich immer noch auf der Agenda – eine vernünftige Erschließung von Nordhängen mit mehreren Skiabfahrten. Auch eine Weltcup-taugliche Rennstrecke wäre geplant – die Streif in Kitzbühel wäre ein Dreck dagegen. Hier gäbe es keine Stelle, in der sich die Rennfahrer ausruhen könnten. Wie so oft fürchten sich und bremsen aber auch hier viele Grundbesitzer. Der Leidensdruck ist zu gering, uns geht es einfach momentan viel zu gut.

WANN & WO: Hat Ihre Familie unter Ihrem Beruf gelitten?

Michael Manhart: Um die Familie hat sich überwiegend meine leider verstorbene Frau Doris gekümmert. Um die skifahrerische Ausbildung meiner Tochter Carolin habe ich mich bemüht. Die Zeit habe ich mir genommen. Skifahren war immer die zentrale Sportart in der Familie. Wir waren zwar viel unterwegs in der Welt, die Zeit für meine Liebsten habe ich mir aber immer genommen. Auch wenn ich sie eigentlich nicht gehabt habe.

WANN & WO: In einem Interview von 2004 bezeichnen Sie die Klimaerwärmung „als Angstmacherei, wir bewegen uns in der normalen Bandbreite“. Sehen Sie das immer noch so?

Michael Manhart: Ich bin kein Freund der Klimamodellierer. Es gibt mindestens gleich viele Wissenschaftler, die das Modell des Klimawandels abstreiten, z.B. NIPPC oder EIKE aus Deutschland. Die Rechenmodelle können sich diverse Neunmalkluge sonstwohin stecken. Ich kann mich an Winter erinnern, in denen ich als Kind mit den Ski auf dem Buckel maulend die Rud heruntergelaufen bin – Mitte März. Ich nehme das Wetter schon seit gut 70 Jahren war. Um 1890 gab es auch zwei Winter komplett ohne Schnee, passenderweise zu der Zeit, als man den Arlberg-Eisenbahntunnel gebaut hat.

WANN & WO: Wie wichtig ist/wird Kunstschnee für die Betreiber der heimischen Skigebiete?

Michael Manhart: Wo wären wir heuer und manche Jahre zuvor ohne Beschneiung gewesen? Ich habe mich schon immer dafür eingesetzt, auch als noch alle dagegen waren – Gemeinde Lech oder das Land Vorarlberg. Unbeirrt und gnadenlos. Als ich eine Schneeanlage aufs Kriegerhorn gebaut habe, wollten mir alle das Wasser abdrehen. Ich träume von einem großen Speichersee – finanziert von allen. Denn letztlich leben wir hier alle vom Tourismus. Punktgenaue Beschneiung und Automatisierung, abhängig von Temperatur und Wetterlage, ist ein Ziel, das ich noch in meiner „Amtszeit“ verwirklichen will. Widerstand gab und gibt es immer, bevorzugt in Walser-Gemeinden (schmunzelt) – angefangen in den 80er-Jahren mit Beschnei(d)ungsrichtlinien des Landes. Damals und heute besteht dasselbe Hauptproblem: Verständnis zu wecken, dass Beschneiung für einen nachhaltigen Tourismus selbstverständlich und notwendig ist, wie Gartengießen für die Blumen.

WANN & WO: Was ist Ihre beste, was Ihre schlechteste Eigenschaft?

Michael Manhart: Eine gute Eigenschaft ist sicher meine konstruktive Phantasie. Die schlechteste ist meine Ungeduld. Als Fischer und Jäger beobachtet man die Natur im Detail. Dort ist immer etwas los, dort wird einem auch nie langweilig. Langeweile ist etwas, das ist nicht aushalte. Eine weitere schlechte Angewohnheit ist, dass ich mir partout keine Namen merken kann. Apropos, wie heißen Sie gleich? Mangard – da heißen wir eh ganz ähnlich.

WANN & WO: Wie beurteilen Sie die Konkurrenz der Skigebiete im Land, europa- und weltweit?

Michael Manhart: In den USA habe ich oft neidvoll betrachtet, was in der Planung von Skigebieten kurzfristig alles möglich ist, wenn man andere gesetzliche Rahmenbedingungen hat. Dazu bedarf es aber nicht Übersee. Schon die Franzosen legen die gleiche EU-Richtlinie komplett anders aus, wie es im zum Teil überpeniblen Österreich der Fall ist. Das legt uns viele Steine in den Weg.

WANN & WO: Der Arlberg ist bekannt für seine Freeride-Qualitäten. Wie stehen Sie zum Fahren abseits der Pisten?

Michael Manhart: Ich war in der Jugend selbst begeisterter Gelände-Skifahrer, inzwischen aber seit drei Jahren nicht mehr – mein Rücken macht momentan nicht mit. Wir standen noch nicht unter Zeitdruck. An einem schönen Tiefschneetag hat man heute maximal bis Mittag Zeit, bis die Hänge verspurt sind. Seit meiner Amtszeit sind auch die Liftbetreiber in der Lawinenkommission. Sicherheit geht vor. Selbst in Anbetracht der Wirtschaftlichkeit gibt es kein Pardon. Wenn auch nur der Funken eines Zweifels besteht, wird das Gebiet geschlossen. Und wenn die Situation nicht klar ist, bleibt auch mal eine Seilbahntrasse, die in gefährliches Gebiet führt, geschlossen. Ein Restrisiko bleibt immer – im freien Gelände haben wir als Pistenwächter aber keine Handhabe gegenüber manch einem Verrückten. Eigentlich dürften die abseits des organisierten Skiraums Fahrenden nur die Polizei oder ein Förster belangen. Glücklicherweise bin ich Jagdschutzorgan (schmunzelt), da habe ich auch schon das eine oder andere härtere Erlebnis gehabt.

WANN & WO: Was war Ihre größte Niederlage?

Michael Manhart: Der unverhältnismäßige Verbrauch von Zeit in Behörden-Verfahren. Die Niederlage besteht in der Erkenntnis, dass man sterblich ist. Noch ist Dampf vorhanden. Die Leute, die eigentlich für den Erhalt des Tourismus einstehen müssten, sind oft einfach Quertreiber. Und das nur, des Streitens willen. Wenn eine Gemeinde wie Lech gegen den Bau von Skiabfahrten ist, was soll man denn da noch sagen? Wir hätten immer wieder unglaubliche Vorsprünge gehabt, z. B. mit dem Bau von Rennstrecken, bei der Beschneiung und bei der Seilbahntechnologie. Man hat sie aber einfach ums Verrecken nicht umgesetzt.

WANN & WO: Wie stehen Sie dem Nichtraucher-Gesetz gegenüber?

Michael Manhart: Grundsätzlich positiv. Als passionierter Virginia-Raucher ist das für mich persönlich eine mittlere Katastrophe. Ich werde aber meine „Freiräume“ behalten, hier herinnen werde ich illegal rauchen. Ein weiteres Laster von mir, das ich übrigens mit dem Präsident der Landwirtschaftskammer teile, ist Red Bull. Das ist aber so ziemlich unser einziger Anknüpfungspunkt, beim Jagdgesetz und in der Landwirtschaft sind wir in aller Regel Gegner (schmunzelt).

WANN & WO: Wie beurteilen Sie den Anstieg der Preise? Ist Skifahren überhaupt noch eine Breitensport und leistbar für die „Ski-Nation“ Österreich?

Michael Manhart: Der Preis in Lech ist gerechtfertigt, wenn man sich unsere Aufwände betrachtet. Das Land hat inzwischen Maßnahmen ergriffen, damit Kinder wieder mehr dem Skilauf zusprechen. Ein Problem ist das Thema der Verantwortlichkeit bei Begleitpersonen. Sowohl Lehrer als auch Eltern wollen die Risiken nicht mehr tragen – hier ist aber die Rechtssprechung mit schuld, und nicht der Skipasspreis. Wenn ich mir anschaue, was sich die lieben Kinder heutzutage sonst so alles leisten, ist die Leistbarkeit des Skilaufs, mit seinen gesundheitlichen und psychischen Vorteilen, relativ zu betrachten. Natürlich kostet es einen Haufen Geld. Umso interessanter sind Möglichkeiten wie das Ausleihen von Ausrüstung. Es bedarf genereller Maßnahmen, eines Gesamtpakets, um unseren Nachwuchs wieder auf die Skier zu bringen. Da ist aber auch die Regierung gefragt. Die stellt sich aber gerne quer. Erstens wegen des Geldes, und zweitens, weil es einer gewissen Hirn-Anstrengung bedarf. Und weil man umsetzten muss. Man hat mir auch schon vorgeworfen, dass ich zuviel Macht habe. Macht heißt machen. Ich räume sofort meinen Platz, wenn jemand kommt, der macht und umsetzt. Und nicht immer nur groß redet.

TR Dipl.-Ing. Michael Manhart

Geboren am: 27.4.1942 in Heidelberg (D)
Familie: Tochter Carolin
Beruf: Geschäftsführer Skilifte Lech
Hobbys: Schotten-Zucht, Jagd und Fischerei

Meilensteine (kleiner Auszug)
• Entwicklung Druckluftbeschneiung „Arlberg Jet“
• Sprengstoffwerfer „Lawinen-Orgel“
• Verleihung Technischer Rat (1993)
• Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2012)

Wordrap

Skifahren: Spaß
Politik: gewöhnungsbedürftig
Schnee: liebe ich
Tourismus: von dem leben wir
Umweltschutz: für den lebe ich
Vorarlberg: tollstes Land
Tirol: auch nicht schlecht
Familie: braucht es für die Seele und den Zusammenhalt

(WANN & WO)

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