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Auch in der Schweiz wankt die Wehrpflicht

GSoA-Vertreter: "Sinnloser Zwang" - Armeechef unbeeindruckt.
GSoA-Vertreter: "Sinnloser Zwang" - Armeechef unbeeindruckt. ©EPA
Nicht nur in Österreich, auch in der Schweiz gerät die Wehrpflicht ins Wanken.
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Ihr Rückhalt in der Bevölkerung schrumpft, und die “Gruppe für eine Schweiz ohne Armee” (GSoA) reichte im Jänner eine Initiative für die Abschaffung dieser “heiligen Kuh” ein. GSoA-Sprecher Stefan Dietiker hat sich am Wochenende gegenüber der APA zuversichtlich gezeigt: “Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Vorlage angenommen”, erklärte er telefonisch. Ein genauer Abstimmungstermin ist aber noch nicht bekannt.

“Sinnloser Zwang”

Er unterstrich den “sinnlosen Zwang” der Wehrpflicht, die schon lange abgeschafft gehöre. “Immer mehr junge Männer sehen keinen Sinn mehr darin, ins Militär zu gehen, und es gibt keine Notwendigkeit mehr für den obligatorischen Militärdienst”.

48 Prozent der Schweizer für Aufhebung

Die Ende Mai veröffentlichte Studie “Sicherheit 2012” der ETH Zürich stützt seine Zuversicht. 48 Prozent der Schweizer Bevölkerung sprechen sich ihr zufolge für die Aufhebung der Wehrpflicht aus. Innerhalb eines Jahres habe dieser Anteil markant zugenommen.

Bei der Einreichung der Initiative begründete die GSoA das Begehren auch mit der Tatsache, dass lediglich 30 Prozent der wehrpflichtigen Männer ihre Dienstpflicht, die in der Regel nicht an einem Stück absolviert wird, auch bis ans Ende erfüllen.

Schweiz mit größtem Heer Europas

Jo Lang, GSoA-Vorstandsmitglied und ehemaliger Nationalrat (Grüne/Alternative) wies zudem darauf hin, dass die Schweiz gemessen an ihrer Bevölkerungszahl nach wie vor das größte Heer Europas habe. Das sei nicht mehr finanzierbar.

Armeechef André Blattmann zeigte sich in einem Interview mit der renommierten “Neuen Zürcher Zeitung” (NZZ) Ende März unbeeindruckt von der Initiative und verknüpfte sie mit Grundsätzlichem: “Wir werden diese Volksabstimmung auf jeden Fall gewinnen. Davon bin ich fest überzeugt. Wer sich Gedanken zu diesem Thema macht, wird sich unweigerlich fragen, ob die Schweiz tatsächlich infrage gestellt werden soll.”

Auch das Verteidigungsministerium (VBS) sieht keinen Anlass, an der Wehrpflicht zu rütteln. Sprecherin Silvia Steidle teilte der APA per E-Mail mit, die allgemeine Wehrpflicht gehöre zum Milizsystem und garantiere die Armeebestände, welche zur Erfüllung aller Aufgaben rekrutiert werden müssen.

Verteidigungsministerium: “geeignete Lösung”

Das Milizheer sei “weiterhin die für die Schweiz geeignete Lösung.” Dafür sprächen auch “die wehrpolitische Tradition” und die “finanziellen Realitäten”. Steidle wies darauf hin, dass mit der Vernachlässigung des Milizprinzips die Armee auch ihre Verankerung in der Bevölkerung verliere.

GSoA-Sekretär Dietiker zufolge wird die Initiative zwischen Herbst 2013 und Herbst 2014 den Stimmbürgern vorgelegt. Eine Sprecherin der Schweizer Bundeskanzlei verwies gegenüber der APA darauf, dass die Diskussion im Parlament noch nicht begonnen habe. Der genaue Abstimmungstermin werde erst nach der Schlussabstimmung in der Volksvertretung festgelegt.

Schweiz und Österreich als “Wehrpflicht-Inseln”

In Mitteleuropa bilden die Schweiz und Österreich derzeit noch eine Art “Wehrpflicht-Inseln”. Die meisten anderen Staaten sind seit Ende des Kalten Krieges zu Berufsarmeen übergegangen. Europaweit und vor allem in der EU ist die allgemeine Wehrpflicht daher ein Auslaufmodell.

In Europa halten derzeit außerdem noch Estland, Finnland, Griechenland, Moldau (Moldawien), Mazedonien, Norwegen, Russland, die Ukraine, Weißrussland, die Türkei, Zypern und in bedingter Form Dänemark an der Wehrpflicht fest. In jüngster Zeit gingen Albanien und Schweden (2010) sowie Serbien und Deutschland (2011) zum freiwilligen Dienst über.

In Dänemark kommt die Wehrpflicht (per Los) nur zum Tragen, wenn das Militär nicht genug Freiwillige rekrutieren kann. Daher werden dort nicht alle jungen Männer einberufen. Am längsten müssen Wehrpflichtige in Zypern mit 26 Monaten dienen. Diese lange Dienstpflicht ist den Spannungen mit der Türkei geschuldet ist. Es folgen die Republik Moldau (18 Monate), die Türkei (15 Monate) sowie Norwegen, Russland und Griechenland (je zwölf Monate).

(APA)

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