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Anleitung für Kontrolle und Empathie

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Gerald Knaus Gast bei "Vorarlberg LIVE" über die Flüchtlingspolitik in Europa und mögliche Lösungsansätze.

Sie gilt als Grundpfeiler der internationalen humanitären Zusammenarbeit: Die Genfer Flüchtlingskonvention. Am Mittwoch war Jahrestag der am 28. Juli 1951 verabschiedeten internationalen Übereinkunft, die Menschen Schutz und Aufnahme garantiert, wenn sie in ihrem Land verfolgt werden. Aufnahmeländer dürfen Menschen nicht dorthin zurückzuschicken, wo ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sind. Wegen der hohen Zahl von Migranten und Flüchtlingen wird die Konvention auch immer wieder kritisiert. Anlässlich des 70. Jahrestags war der Migrationsforscher Gerald Knaus Gast bei "Vorarlberg live", der zur Flüchtlingspolitik in Europa Stellung nahm und mögliche Lösungsansätze skizzierte.

Eingangs thematisierte der Mitbegründer und Vorsitzender der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative einerseits die Furcht vor Kontrollverlust an den Grenzen, andererseits die Empathie der Menschen angesichts des Leids jener Personen, die im zentralen Mittelmeer ertrinken oder unter widrigen Umständen auf den griechischen Inseln festgehalten würden. Es stelle sich die Frage, wie man dies zusammenbringe."Da gibt uns die Genfer Flüchtlingskonvention eine Anleitung.“ Wichtig sei, dass die Konvention nicht nur unterschrieben, sondern auch angewendet und das Recht durchgesetzt werde, erklärt der Experte. Es brauche ein Asylsystem, um schnell und fair zu entscheiden, wer das Recht habe, aufgenommen zu werden und wer zurückgeschickt werden könnte. Auch an Europas Grenzen werde das immer mehr zum Problem.

Vorarlberg als positives Beispiel

"Wir haben eine Welt, in der es notwendig ist, dass mehr Länder in der Lage sind, Menschen in Not zu helfen", schildert Knaus. Staaten wie Österreich hätten ein Interesse, Erstaufnahmestaaten wie zum Beispiel im Fall Afghanistans Iran, Pakistan und die Türkei stärker zu unterstützen. Zudem müssten Länder, die irreguläre Migration unterbinden wollen, zeigen, dass sie es ernst meinten und legale Wege schaffen, Menschen aufzunehmen. Als Vorbild könnten dem Experten zufolge Schweden oder Kanada dienen. Knaus verweist auch auf das Beispiel Vorarlberg. Im Land habe auf dem Höhepunkt der Krise 2015 parteiübergreifend Konsens geherrscht, Schutzsuchende in den Gemeinden aufzunehmen. „Es gibt Empathie in Österreich. Darum ist es schade, dass die Regierung darauf nicht aufbaut.“ Als Teil einer Koalition mit anderen Ländern wie etwa Deutschland, Frankreich, Kanada oder den USA unter Joe Biden käme man einfach auf 300.000 Menschen, die jedes Jahr legal aufgenommen werden könnten. Dabei werde Österreich auch nicht überfordert, betont der Forscher, der als Architekt des EU-Flüchtlingsabkommens mit der Türkei gilt.

Mit Blick auf eine mögliche Abhängigkeit von der Türkei, verweist Knaus auf die geografische Lage Europas: „Es gibt eine Methode uns unabhängig zu machen, und das ist mit extremer Brutalität an den Grenzen.“ Das sei dann die Aufgabe aller europäischer Werte und der Rechtsstaatlichkeit, was nicht das Ziel sein könne. Vielmehr brauche es Kooperation, um die Kontrolle zu behalten und trotzdem human vorzugehen. „Es ist in unser aller Interesse, dass diese Flüchtlingskonvention nicht an ihrem 70. Geburtstag im Mittelmeer ertrinkt.“

Die Sendung "Vorarlberg LIVE" ist eine Kooperation von VOL.AT, VN.at, Ländle TV und VOL.AT TV und wird von Montag bis Freitag, ab 17 Uhr, ausgestrahlt. Mehr dazu gibt's hier.

(VN)

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