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Anklage wegen Kindstötung

Othmar Kraft verhandelt einen Fall von Kindstötung in der Badewanne.
Othmar Kraft verhandelt einen Fall von Kindstötung in der Badewanne. ©VOL.at: Bernd Hofmeister
Feldkirch – Staatsanwaltschaft: Mutter soll Bub nach Geburt in der Badewanne einfach liegen gelassen haben.

Am Montag steht bei Richter Othmar Kraft ein Fall auf dem Plan, wie er in Vorarlberg die vergangenen 15 Jahre nicht vorgekommen ist. Eine 29-jährige Mutter wird beschuldigt, einen Buben in der Wohnung ihres Freundes zur Welt gebracht und anschließend getötet zu haben. Die Gebärende, die bereits vor Jahren einmal Mutter geworden war, war offensichtlich in einem psychischen Ausnahmezustand, als sie den Kleinen in der Badewanne liegen ließ, wo er anschließend ertrank. Später nahm sie das tote Baby mit zu sich nach Hause.

Ihr Freund, der Vater des Neugeborenen, behauptet, nichts von der Schwangerschaft gewusst zu haben. Sowohl Gerichtsmediziner Walter Rabl als auch Primar Reinhard Haller wurden als Sachverständige beigezogen. „Die Gutachten liegen vor, auf die weitere Erörterung wurde aber von den Parteien verzichtet“, so Kraft.

Ausnahmezustand

„Tötung eines Kindes bei der Geburt“ ist äußerst selten – vor allem, seit sich die sozialen Bedingungen für alleingelassene Mütter verbessert haben. Der Gesetzgeber weiß, dass sich Frauen, die gerade entbunden haben, im Geburtsstress und somit in einer physischen und psychischen Ausnahmesituation befinden. Solche Frauen sollen keine „Mörderinnen“ sein und mit lebenslanger Haft rechnen müssen.

Reduzierter Strafrahmen

Das Gesetz reduziert den Strafrahmen deutlich auf maximal fünf Jahre. Mütter, die ihre Kinder unmittelbar nach der Geburt töten, sind häufig sehr jung, haben die Schwangerschaft psychisch verdrängt oder wurden von ihr „überrascht“. Das Delikt „Tötung eines Kindes bei der Geburt“ verwirklicht, wer das Kind zum Beispiel erstickt oder sonst irgendwie aktiv tötet.

Aber auch wenn das Kleine durch den „natürlichen Lauf der Dinge“ – also beispielsweise durch Unterkühlung, Hunger oder Verbluten – stirbt, ist das Verbrechen verwirklicht, so der Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch.
Laut Staatsanwaltschaft war der kleine Bub voll entwickelt und lebensfähig. Seinen Lebensweg konnte er jedoch nie antreten. Die Verhandlung bei Richter Othmar Kraft wird gleichwohl nicht allzu lange dauern, die Frau zeigte sich bislang voll geständig.

Kindstötung früher und heute:

Maria Theresia ließ „Kindsmörderinnen“ enthaupten und danach deren Herz durchpfählen. Besondere Härte sollte abschrecken. Erst 1803 wurden Gebärende, die in der Folge ihre Kinder töteten, besser und nicht schlechter gestellt als Mörder. Man erkannte, dass sich solche Frauen häufig in besonderer Bedrängnis und wirtschaftlicher und seelischer Not befinden. Heute ist dieses Delikt zum Glück nur noch eine „Randerscheinung“, und man weiß, dass die Schuld niedrig anzusetzen ist. Dementsprechend „gering“ auch die Strafe: ein bis fünf Jahre. (VN)
Christiane Eckert

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