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"Angriff auf die Grundrechte!"

Vorarlberger Experten zum großen Datenskandal den die amerikanische NSA (Bild) verursacht hat.
Vorarlberger Experten zum großen Datenskandal den die amerikanische NSA (Bild) verursacht hat. ©AP
Schwarzach - "Whistleblower" Edward Snowden enthüllte jüngst, dass die USA via Facebook, Google & Co. User ausspionieren. Ländle-Experten sprechen über den Daten-Skandal.
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Wahrscheinlich war sich Ex-Ge­heim­­­dienstler und “Whistleblower” Edward Snowden gar nicht be­­­­wusst, was er mit seiner Aufdeckung zur weltweiten Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA auslöst. Seine Enthüllungen zu PRISM (ein System, mit dem Daten wie Videos, E-Mails, Fotos etc. überwacht werden können) sind höchst brisant. Im Fokus des Skandals: Facebook, Google, YouTube, Skype und Microsoft, um nur einige zu nennen. In W&W sprechen Experten über die Affäre.

Wie sehen die Piraten die Überwachung durch PRISM?

Amandus Riedl, Piratenpartei Vorarlberg: „PRISM ist ein massiver Angriff auf unsere Grundrechte! Dass es Überwachung gibt ist nichts Neues, das bereits erreichte Ausmaß ist dann aber doch erschreckend. Es fängt mit vermeintlich harmloser Vorratsdatenspeicherung oder z.B. Videoüberwachung an, wo jeder unbescholtene Bürger unter Generalverdacht gestellt wird und führt zu PRISM, wo jede Aktivität systematisch erfasst und ausgewertet wird. Es zeigt uns, dass es schon lange nicht mehr um die Verfolgung von Terroristen geht, und Netzpolitik kein Randthema ist, sondern die gesamte Bevölkerung betrifft. Nun ist der längst überfällige Schritt von der Politik gefragt, denn das unterliegt keiner demokratischen Legitimität und solange es keine Kontrollmechanismen gibt, wird sich nichts ändern.“

Ist es heute nur noch ein Kavaliersdelikt, die User auszuspionieren?

Jodok Batlogg, Lovely Systems, Entwickler von Big Data Services und Web-Applikationen: „Grundsätzlich muss das bloße Speichern und das Weitergeben von Userdaten getrennt werden. Dazu gibt es ganz klare, unmissverständliche Gesetze („Bundesdatenschutzgesetz“). Userdaten sind entscheidend, um Usern bestmögliche Services zu bieten. Wenn man nicht weiß, worauf ein User Wert legt, wird ihm der Service nicht gefallen. Es ist aber schwer, in einem Medium wie dem Internet zu kontrollieren, wem die Daten schlussendlich in die Hände fallen. Durch Einbindung gewisser Services (Facebook Like-Button etc.) können auch andere mittels Cookies dem User folgen und weit über ihre Seite hinaus das Verhalten von Usern mitlesen. Insbesondere US-Unternehmen unterliegen anderer Gesetzgebung und haben nicht so hohe Ansprüche, was die Privatsphäre von Benutzern angeht. Und eines ist klar: Die totale Überwachung konnte weder 9/11 noch die jüngsten Anschläge in Boston verhindern.“

Ist PRISM eine rein amerikanische Erscheinung?

Dr. Peter Marte, Software-Architekt bei Barracuda Networks: „Dass Daten an den Geheimdienst weitergegeben werden, überrascht mich nicht. Jedes Datenpaket, das in die Staaten geht, wird kontrolliert. Sicher tragisch, aber im Falle von Facebook sind die Daten ja bekanntermaßen öffentlich. Diese Praktik ist typisch für die USA bzw. dortige Unternehmen. Aber auch andererorts wird das praktiziert, hier in Österreich sicherlich ebenfalls. Alleine die Vorratsdatenspeicherung ist oftmals kritisch anzusehen – bzw. wie man diese Daten auswertet. Die Überwachung ist aber ein Frage des Aufwands, da braucht man Rechenpower, die in den USA verfügbar ist. Für Unternehmer sofern sie die Daten nicht freiwillig herausgeben – stellen wir hier Lösungen bereit, die interne Kommunikation zu verschlüsseln, sodass sich sogar die NSA schwer damit tut.“

Wie geht man bei VOL.AT mit Userdaten um?

Marc Springer, CR Vorarlberg Online: „Wir geben User-Daten nur auf entsprechende Anordnung der Staatsanwaltschaft oder auf richterlichen Beschluss hin weiter. Datenschutz ist uns sehr wichtig. Falls es allerdings strafrechtlich relevante Beweise gibt, arbeiten wir natürlich mit der Polizei zusammen. Am besten speichert man wichtige Daten auf einem lokalen Rechner, der nicht mit dem ‚Netz‘ verbunden ist. Man kann sich sicher sein, dass Google, Amazon, Apple und Facebook mehr über uns bzw. ihre User wissen, als der Nachbar nebenan.“

Kann man sich vor Überwachung schützen?

Johannes Rinderer, Kommunikationsgestalter, Leiter der Supro-Medienwerkstatt „Reflect and Act“: „‚Facebook ist Stasi auf freiwilliger Basis‘, so der Kabarettist Michael Niavarani. Wer kostenlose US-Anbieter wie Facebook, Google & Co. nutzt, muss damit rechnen, dass die eigenen Daten als Bezahlung dienen. Immerhin wird die Bevölkerung durch die Aufdeckung des US-Abhörskandals hellhörig, was Datenschutz und Privatsphäre betrifft. Mit jeder Nachricht, jedem Website-Aufruf und jeder Internet-Suche hinterlassen wir einen digitalen Fußabdruck, der im Netz gespeichert ist. Theoretisch wäre vieles möglich, um sich gegen das Mitlesen von Big Brother zu wehren, aber praktisch zerstört das für 99 Prozent der Internet-User die Nützlichkeit des Netzes. Das ist traurig, aber leider wahr. Aus meiner Sicht sind Schutzmaßnahmen vor Big Brother im aktuellen Fall eher ein naiver Versuch. Meiner Meinung nach braucht es viel mehr Transparenz, Rechte und Aufklärung für die Internet-Konsumenten. Kleiner Tipp: Wer das Netz nutzt, sollte sich auch über Alternativen wie beispielsweise Ixquick, Metager, openstreetview informieren.“

(Wann&Wo/HK/MB)

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