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An Muntafuner Rebell!

©Sams
„Krauthobel“-­Mastermind Jürgen „Jury“ Ganahl: W&W schaute hinter die ­Kulissen des „Alpen-Rockers“.

WANN & WO: Lange Haare­, ­Piercing und Rockmusik: Wie ist es so als „Rocker“ im Montafon? ­Wurdest du früher misstrauisch beäugt?

Jury Ganahl: (lacht) Ach was. Es gab damals schon so viele langhaarige Typen, auch mit Motorrädern und vor allem ganz viele Bands. Da bin ich gar nicht aufgefallen.

WANN & WO: Du bist ja auch im „Tal“ aufgewachsen. Wie sah deine Jugend aus? Warst du ein Rebell?

Jury Ganahl: Da musst du meine Eltern fragen! Mit meinem Vater hatte ich einige Streitereien, das hing aber eher mit meiner Faulheit in der Schule zusammen. Ansonsten: Ich startete mit zwölf Jahren mit der Musik und meiner Band, ich rauchte auch bereits mit 13, wie all meine Kollegen – aber sonst war ich ein normaler Montafoner Jugendlicher (grinst).

WANN & WO: Und deine Kindheit?

Jury Ganahl: Ich bin in einer Siedlung in Gantschier aufgewachsen und hatte eine wahnsinnig schöne Zeit. Wir waren etwa 30 Kinder und es war immer was los. Drinnen sitzen gab es nicht! Wir hatten einen Fußballplatz und einen Spielplatz. Ich habe heute noch Kontakt mit manch alten Freunden. Wenn du da die Jugend von heute ansiehst, die sitzen sich gegenüber und schreiben sich mit dem Handy. Wie doof ist das denn! Auch Fernsehen gab es in meiner Kindheit kaum – am Abend ist da gar nichts gekommen. Am Wochenende gab’s um fünf das Kasperl, das weiß ich noch. Aber ansonsten war nix los.

WANN & WO: Hast du mal überlegt, vom Ländle wegzuziehen?

Jury Ganahl: Nein, das wollte ich nie. Ich sehe gerne andere Länder und Kulturen, bin beispielsweise auch mal zwei Monate lang allein durch die Staaten gereist und war bereits achtmal in Mexiko. Wegziehen käme aber für mich nicht in Frage, „dahem isch dahem“! Und bezüglich der Staaten: ich glaube, nicht dass die da drüben auf mich warten, da gibt es ja eh schon so viele Musiker (lacht).

WANN & WO: Wie sieht eigentlich deine berufliche Laufbahn aus?

Jury Ganahl: Ursprünglich habe ich das Gymnasium in Bludenz besucht, hab das allerdings nach fünf Jahren abgebrochen. Ich hatte einfach keine Lust mehr, zu lernen! Vor allem Latein. Das war für mich einfach eine tote Sprache, die habe ich obligatorisch nicht gelernt. Wär’s Italienisch oder Spanisch gewesen, kein Problem, aber nicht Latein. Ich hab dann immer meinen Freund meine Schularbeiten schreiben lassen und hab mich so irgendwie durchgeschmuggelt (lacht). Irgendwann war’s dann aber gut und ich bin vom Gymnasium in eine Lehre bei den Illwerken gewechselt. Ich war hinterher auch fünf Jahre lang auf Montage. Mir wurde jedoch irgendwann einfach klar, dass die Musik mein Leben ist.

WANN & WO: Du bist inzwischen 52 Jahre alt und immer noch unterwegs, auch nachts und am Wochenende. Wird man da nicht müde?

Jury Ganahl: Ich bin schon ruhiger geworden. Natürlich merke ich das Alter. Den Schlaf, den ich ab und zu in der Nacht verpasse, hole ich halt dann am Vormittag nach. Ich bin einfach ein Nachtmensch. Ob ich irgendwo auf einem Auftritt bin oder bis zwei Uhr vor dem Fernseher sitze, es ist alles möglich. Das Ausgehen und Feiern habe ich früher besser weggesteckt, aber das geht ja allen gleich. Mein Bub, der Manuel, ist jetzt 23 und nach einer Partynacht auch schon ziemlich fertig.

WANN & WO: Deine Band „Krauthobel“ musste ihr traditionelles Kirchplatz-Konzert in Schruns heuer aufgrund des „steigenden Aufwands“ absagen. Was hieß das für euch?

Jury Ganahl: Das war sehr schade. Seit zehn Jahren ist dieses Konzert jedes Jahr ein fixer Bestandteil des Schrunser Veranstaltungskalenders! Die Anforderungen werden jedoch immer höher. Es darf nun beispielsweise keiner unserer Helfer mehr an der Kasse sitzen, ohne irgendwelche Dinge unterschreiben zu müssen. Weiters müssen wir 300 Freikarten in der nahen Umgebung rausgeben, welche wir voll versteuern müssen. Das ist natürlich okay – was aber nicht okay ist: Dass wir verpflichtet sind, für jede Karte die Umsatz- und Mehrwertsteuer zu zahlen. Das geht extrem ins Geld. Es gibt sowieso heutzutage nur noch Vorschriften. Teilweise verstehe ich diese ja, an dem Konzert nehmen immerhin 4000 Leute teil. Dennoch sind so viele Dinge zu beachten: Wir haben zum Beispiel vier Eingänge und an jedem benötigt man nun eine Registrierkasse. Das heißt, wir müssen acht oder neun Kassen ausleihen, was ein Schweinegeld kostet! Keine Ahnung, wie das früher ging. Da gab’s so tolle Festivals in Vorarlberg, auch größere, und alles hat gepasst und funktioniert. Ich weiß wirklich nicht, warum das heute in dieser Form nicht mehr möglich ist.

WANN & WO: Apropos Vorschriften: Was sagst du zur aktuellen Raucher-/Nichtraucherdebatte?

Jury Ganahl: Ich rauche schon seit 17 Jahren nicht mehr. Aufgehört habe ich damals hauptsächlich, weil mein Bub sagte, dass ich stinke. Das hat mir quasi einen Schalter umgelegt und ich konnte ganz befreit aufhören. Mich stört es dennoch nicht, in einem Raucherlokal aufzutreten. Ich kenne viele Wirte, die so viel Geld in einen Umbau investiert haben, die müssten jetzt alles wieder rausreißen! Wenn man das Rauchen verbieten wollen hätte, dann vor zehn Jahren. Und, bei aller Liebe – lustiger ist es irgendwie immer im Raucherbereich. Da sind die meisten Menschen, da ist’s unterhaltsam und gesellig. Auch die ständige Aufteilung in Raucher und Nichtraucher trübt die Stimmung. Was mich jedoch am meisten stört, ist, dass einem durch das Gesetze die Selbstbestimmung genommen wird. Jeder soll selber entscheiden können, ob er Zigaretten konsumiert oder nicht! Beim Essen ist das auch wirklich grausig und ich mag es ebenfalls nicht. Aber in einer Bar, in der man gemütlich zusammensitzt, finde ich es nicht schlimm.

WANN & WO: Du führst eine Beziehung. Steht eine Heirat im Raum?

Jury Ganahl: Genau, mit meiner Freundin Bianca. Ich weiß aber nicht, ob man mich zum Heiraten brauchen kann. Das wird sowieso überbewertet (lacht).

WANN & WO: Was sind deine­­ Hobbys?

Jury Ganahl: Mountainbiken beispielsweise oder Laufen gehen. Ich bin gerne in der Natur. Mein Leben ist aber die Musik, ich brauche nichts anderes. Wenn ich mal das Gefühl habe, dass ich nicht ausgelastet bin, schalte ich meinen „Marshall“ ein und rock mich quasi zu (grinst). Wenn mir dann das zu viel wird, hock ich mich hin und programmiere etwas oder schreibe einen Text. Meine Arbeit ist ja vielfältig. Ich sitze auch gerne mit einem Rucksack und Bier an die Ill runter oder in den Wald, um Inspirationen zu bekommen.

WANN & WO: Hast du noch mehr Entspannungstechniken auf Lager?

Jury Ganahl: Ab und zu hau’ ich mich auch einfach vor den Fernseher. Am Sonntag zum Beispiel liegen Bianca und ich oft den ganzen Tag auf der Couch. Da lassen wir die Rollos runter und schauen Filme oder Dokumentationen.

WANN & WO: Was war die bisher schönste Zeit in deinem Leben?

Jury Ganahl: Da gibt es viele. Meine Kindheit beispielsweise, der Sieg beim Musikwettbewerb „Popodrom“ 1987, Momente mit Krauthobel auf der Bühne oder auch private – als ich mit meiner Freundin zusammengekommen bin beispielsweise. Und natürlich die Geburt von meinem Manuel!

WANN & WO: Zu eurer Band: Auf was können sich die „Krauthobel“-Fans noch freuen?

Jury Ganahl: Wir haben acht Studioalben und ein Livealbum verfasst. In den nächsten Jahren werden wir vielleicht zwei bis drei Singles herausbringen und nach gegebener Zeit eventuell nochmals ein Album. Vielleicht ein Best-of oder alte Songs neu interpretiert. Es ist spannend zu sehen, wie ein Sound nach 20 Jahren klingt. Wir haben ja Lieder zum „Saua füatra“ (grinst). Da ist es wirklich schwierig, etwas auszusuchen.

Zur Person

Name: Jürgen „Jury“ Ganahl
Alter: 52 Jahre
Beruf: Musiker
Familie: In einer Partnerschaft mit
Freundin Bianca, ein Sohn (Manuel, 23)

Wordrap

Musik: Krauthobel.
Leidenschaft: Musik.
Jugend: „Jugadjohr“.
Montafon: Heimat.
Zukunft: Gesundheit.

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