AA

Amerikanerin glänzt bei Show für arabische Nachwuchstalente

Jennifer begeisterte bei Talentshow.
Jennifer begeisterte bei Talentshow. ©youtube
Ohne jegliche arabische Sprachkenntnisse hat die US-Sängerin Jennifer Grout bei der im Libanon produzierten Talentshow "Arabs Got Talent" den zweiten Platz belegt. Die 23-Jährige aus Boston im US-Bundesstaat Massachusetts hatte per Internet schwierigste Lieder des klassischen arabischen Repertoires erlernt und bei der von Irak bis Marokko ausgestrahlten Castingshow großes Aufsehen erregt.

Am Samstag stand sie mit elf weiteren Teilnehmern im Finale, das am Ende bei der Abstimmung der Zuschauer die syrische Tanzgruppe Sima gewann. “Ich bin wirklich sehr glücklich. Es war eine tolle Erfahrung. Aber ich bin auch froh für Sima, die den Sieg voll verdient haben”, sagte Grout nach der Sendung in die Fernsehkameras. Die Show wird vom arabischen Sender MBC produziert.

“Wir sind sehr stolz”

“Es war eine wunderschöne Darbietung unter all diesem Druck. Wir sind sehr stolz”, sagte Vater Daryl Grout, der selbst Konzertpianist ist, während die Mutter in einem klassischen Orchester Geige spielt. Jennifer Grout machte unter anderem dadurch Schlagzeilen, dass sie bei ihrem ersten Auftritt in der Ausscheidungsrunde kein Wort verstand, als einer der Juroren sie auf Arabisch bat, ihren Namen zu nennen. Aber beim Singen beeindruckte die langhaarige blonde Sängerin das Publikum dann mit einer bestechenden Aussprache der arabischen Texte und perfekter Beherrschung des Vierteltons, eines Charakteristikums der orientalischen Musik.

Jennifer Grout stieß vor drei Jahren beim Studium von Operngesang an der McGill-Universität im kanadischen Montreal im Internet auf Berichte und Videos über die libanesische Sängerin Fairouz. Deren einzigartig bezaubernde Stimme ist noch heute täglich in Radiosendern vom Irak bis Marokko zu hören. “Das hat mich fasziniert und ich beschloss, die arabische Musik zu erkunden”, erzählt Grout der Nachrichtenagentur AFP.

Als Belohnung für den College-Abschluss ließ sie sich ein Ticket nach Marokko schenken, wo Grout seit über einem Jahr lebt und sich fortbildet. Sie machte sich unter anderem mit den Chansons der ägyptischen Diva Umm Kalthum vertraut, die auch drei Jahrzehnte nach ihrem Tod noch als die schönste Stimme der Arabischen Welt gilt.

Lieder auswendig gelernt

Das Internet ermöglichte der jungen Amerikanerin, ihre Vorliebe für die Interpretation der alten Musik des Nahen Ostens zu entwickeln. Sie nutzte Musikvideos auf YouTube und Google-Übersetzungen der Texte. Arabischsprachige Freunde gaben ihr den letzten Schliff.

Die Musikerin aus Boston hat einige Zeit in Beirut gelebt, wo sie Klassische Arabische Musik studierte. Als junges Mädchen erzählte sie einmal stolz, sie habe schon zusammen mit Wael Kfoury, einem libanesischen Pop-Star und Schönling, getrommelt. Heute spielt sie arabische Laute. Die Texte der Lieder, die sie dazu singt, lernt Grout nach eigener Aussage schlicht auswendig.

“Wir haben so lange den Westen imitiert”

Musikalisch hat sich Grout für ihre Auftritte keine leichte Kost ausgesucht. Zuerst präsentierte sie “Fern von dir”, einen Klassiker der 1975 gestorbenen stimmgewaltigen ägyptischen Sängerin Um Kalthoum. Danach entschied sie sich für “Oh Vögel” von Asmahan, ein extrem schwieriges Stück, in dem die Sängerin Vogelstimmen imitiert. Ihre Performance begeisterte die Jury: “Du sprichst kein Wort Arabisch, trotzdem singst du besser als manch andere arabische Sänger”, urteilte die libanesische Popdiva und Preisrichterin Najwa Karam. “Wir haben so lange den Westen imitiert, dies ist das erste Mal, dass eine Person, die keinerlei Verbindung zur arabischen Welt hat, ein amerikanisches Mädchen, das kein Arabisch spricht, arabische Lieder singt.”

Verschwörungstheorien um Jennifer

Doch ihre Auftritte stießen nicht nur auf ungeteilte Begeisterung: Aufgrund ihrer perfekten Aussprache des Arabischen war es nur eine Frage der Zeit, bis erste Verschwörungstheorien ins Kraut schossen: Grout sei keine echte Amerikanerin, sondern habe arabische Wurzeln – oder sei “zumindest” aus der Türkei. Grout tut diese Mutmaßungen als “Lügen” ab: Sie sei zu “100 Prozent” amerikanisch. Des weiteren wird von einigen bekrittelt, dass sie als nicht-Araberin angetreten sei. Das Publikum hat Grout allerdings überzeugt.

Im Finale musste sie dann gegen elf weitere Talente aus verschiedenen Bereichen antreten. Als Sängerin hatte während der aktuellen Staffel der Sendung auch eine 18-jährige Ägypterin für Furore gesorgt. Majam Mahmud konnte der Amerikanerin zwar stimmlich nicht das Wasser reichen. Doch die junge Frau, die inzwischen ausgeschieden ist, singt nicht nur mit Wut im Bauch über Feminismus und politische Unterdrückung. Sie ist auch die erste arabische Rapperin, die mit Kopftuch im Fernsehen auftritt.

Jennifers erster Auftritt

“Oh Vögel” begeistert die Jury

(APA/Red.)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Kultur
  • Amerikanerin glänzt bei Show für arabische Nachwuchstalente