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Alter EU-Vertrag: Türken dürfen nicht zur Integration gezwungen werden

Zumindest Türken können nicht dazu gezwungen werden, sich zu integrieren.
Zumindest Türken können nicht dazu gezwungen werden, sich zu integrieren. ©APA
Ein Abkommen zwischen der EU und der Türkei verbietet Integrationsmaßnahmen für türkische Staatsbürger in Österreich.

Die türkis-blaue Ex-Regierung hat wiederholt angekündigt, dass Bürger, die sich nicht genügend integrieren, in Zukunft weniger Sozialhilfe oder Mindestsicherung bekommen sollen. Anspruch auf Mindestsicherung sollen nur Menschen haben, die abgeschlossene Wertekurse, Deutschkenntnisse und eine Integrationsvereinbarung vorweisen können. Werden diese Forderungen verweigert, werden Leistungen gekürzt.

Türken bleiben wohl außen vor

Für die rund 120.000 in Österreich lebenden türkischen Staatsbürger wird das jedoch wohl nicht gelten, denn: Ein altes Abkommen mit der Türkei verbietet praktisch alle Integrationsmaßnahmen der Türken in Österreich - und in allen anderen EU-Staaten. Das "Assoziierungsabkommen" wurde 1963 zwischen den damaligen "Europäischen Gemeinschaften" und dem türkischen Staat geschlossen und 1970 um eine "Stillhalteklausel" erweitert.

Besagte Klausel legt fest, dass fast alle in Europa lebenden türkischen Staatsbürger "nicht schlechter behandelt werden dürfen als zum Zeitpunkt des Abkommens 1963", erklärt der Experte für Europarecht Walter Obwexer gegenüber "kurier.at".

Türken können nicht gezwungen werden

Das bedeutet, dass hier lebende Türken nicht zu Integrationsmaßnahmen gezwungen werden dürfen. Es handle sich laut Obwexer auch nicht um "totes Recht", sondern sei immer wieder Gegenstand von EuGH-Urteilen. "Damals herrschte eine Euphorie in Europa auch, was ein Heranführen der Türkei an Europa betraf. Das Abkommen war praktisch Vorschusslorbeeren, aus heutiger Sicht recht unvorsichtig, weil man offenbar nicht daran gedacht hat, dass es in Zukunft Situationen geben könnte, wo diese Klausel zum Problem wird", erklärt Obwexer weiter.

Kündigung: Türkei muss zustimmen

Übrigens: Auch wenn alle EU-Staaten und die EU-Kommission diese Regelung ändern wollten, würde das nicht gehen. Denn eine Kündigung des Vertrags ist nur möglich, wenn die türkische Regierung zustimmt. Das schließt Europarechtsexperte Obwexer derzeit aus. Eine einseitige Kündigung aller bestehenden Verträge mit der Türkei wäre zwar möglich, hätte aber unabschätzbare Folgen. "Dann würden die Türken wohl auch das Flüchtlingsabkommen mit der EU aufkündigen", meint Obwexer.

(Red.)

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