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AK-Präsident Hämmerle: "Es herrscht Stillstand"

(VN) Schwarzach, Feldkirch -  Vorarlbergs AK-Präsident Hubert Hämmerle findet harte Worte für die Bundes-ÖVP und die Regierung.

ÖVP-Obmann Spindelegger sagte bei seinem Amtsantritt, er werde die Positionen seiner Partei schärfen. Davon ist bislang nichts zu sehen, oder?

Hämmerle: Nein. An und für sich nicht. Er hat die Aussage gemacht, er würde die Familienangelegenheiten zur Chefsache machen. Das ist eine wichtige Aussage. Daran wird er vor allem aus Vorarlberger Sicht gemessen werden. Denn mit dem Familienbelastungspaket sind wir nicht zufrieden. Nur, wenn er das schon zur Chefsache macht, dann müssten auch einmal positive Ergebnisse kommen. Oder anders gesagt: Er soll nicht sagen, er will die Familienangelegenheiten zur Chefsache machen. Er soll es tun.

Von der Bundes-ÖVP ist so gut wie gar nichts mehr zu hören.

Hämmerle: Die Frage ist auch, was von der SPÖ zu hören ist. Denn von der Bundesregierung ist insgesamt nichts zu hören. Auch schon vor der Sommerpause nicht.

Und Strache profitiert und profitiert. Könnten Sie sich denn eine neue blau-schwarze Bundesregierung vorstellen?

Hämmerle: Da will ich mir noch gar nichts vorstellen. Man muss jetzt schauen, was man noch schaffen kann, und was der Wähler dann schlussendlich dazu sagt. Dem Wähler will ich nicht vorgreifen. Aber grundsätzlich ist mir die SPÖ schon recht, weil da soziale Aspekte besser vertreten sind als bei der FPÖ. Von dem aus würde es mir schon passen, wie die Regierung zusammengesetzt ist. Aber es herrscht eben Stillstand, es sind keine erkennbaren Ergebnisse da. Vor allem jetzt müsste etwas passieren, da der wirtschaftliche Wiederaufschwung ja viel schneller gegangen ist als erwartet. Die Steuereinnahmen fließen wieder. Und im Grunde genommen bringt man es weder fertig, das Budget zu sanieren noch endlich die Arbeit zu entlasten.

Was muss die ÖVP denn machen, um am Ende, nach der Nationalratswahl, doch die Nase vorne zu haben?

Hämmerle: Ich mache der Bundes-ÖVP von hier aus keine Vorschläge. Ich habe aber immer gesagt, auch in direkten Gesprächen mit ÖVP-Vertretern, dass man bürgernah sein muss, dass man die Bedürfnisse der Leute zu kennen hat und daran seine Arbeit machen muss. Und das ist im Augenblick nicht erkennbar.

Ist Spindelegger denn der richtige Mann an der ÖVP-Spitze?

Hämmerle: Aus meiner Sicht ist er deshalb der Richtige, weil er aus dem ÖAAB kommt. Grundsätzlich denke ich, dass er wüsste, was man den Arbeitnehmern in Österreich schuldig ist und wie man eine positive Familienpolitik macht. Ob er schlussendlich stark genug ist, dies in der Bundes-ÖVP auch umzusetzen, wird er jetzt beweisen müssen.

Die Börsen spielen verrückt. Droht ein Anstieg der Arbeitslosigkeit?

Hämmerle: Es ist unglaublich, was der Finanzkomplex anrichtet. Die ganze Finanzwirtschaft hat sich von der Realwirtschaft abgekoppelt. Es ist alles nur noch eine Blase, es wird nur noch spekuliert. Im einen Augenblick steigen die Aktienkurse, im nächsten sind Millionen vernichtet. Finanz- und Realwirtschaft müssen wieder zusammengeführt werden. Wenn am Ende wieder eine Wirtschaftskrise steht, haben wir wieder dieselbe Situation. Diese Angst ist immer da. Und wird täglich gestärkt. Da muss die Politik doch endlich gegensteuern und Rahmenbedingungen schaffen. Es geht ja nur noch um Bereicherung. Es muss weltweit etwas passieren. Aber auch bei der ÖVP und der Bundesregierung. Wenn man schon sagt, Leistung müsse sich wieder lohnen – und das ist ein Schlagwort der Bundes-ÖVP – dann muss ich mir doch auch überlegen, wie man die Leistung, die durch Arbeit entsteht, entlastet und wie Spekulation belastet wird. Man hat ein Steuermodell zu entwickeln. Dort darf man auch kräftig zulangen, da geht es nur noch um Bereicherungen auf Kosten anderer. Und eines stört mich ganz besonders.

Was denn?

Hämmerle: Es ist menschenverachtend, dass man mit Lebensmitteln spekuliert. Lebensmittel-Rohstoffe haben sich in den vergangenen Jahren unglaublich entwickelt. Weil Geldgierige ihr Geld zusammenraffen, verhungern Menschen. Und auch bei uns wird das Leben immer teurer. Diese Spekulationen gehören verboten, nicht nur mit Steuern belastet.

Vermögensteuer: Ja oder Nein?

Hämmerle: Wir haben 2008 ein Steuermodell aufgelegt, dort aber nicht von zusätzlichen Steuern, sondern von einem Steuerumbau gesprochen. Arbeit gehört entlastet, Spekulation, Vermögenszuwachs und Vermögen über einer Grenze von 700.000 Euro gehören besteuert. Da muss Geld der Allgemeinheit zugute kommen.

Finanzstaatssekretär Schieder will, dass Besserverdienende höhere Beiträge an Kranken- und Unfallversicherung zahlen.

Hämmerle: Das kann man nicht über die Krankenversicherung regeln, wenn dann über eine Steuer. Das ist eine komische Idee.

Kärntens Landeshauptmann Dörfler fordert die Abschaffung des ÖGB. Zu Recht?

Hämmerle: Das ist ein blöder Spruch im Sommerloch. Das kann nur jemand sagen, der die Sozialpartnerschaft auf Arbeitnehmerseite nicht kennt.

(VN)

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