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Ägypten: Mubarak stellt sich Gegenkandidaten

Ägypten steht vor einer Premiere: Bei der Präsidentenwahl am kommenden Mittwoch können die rund 32 Millionen eingetragenen Wähler erstmals zwischen mehreren Kandidaten entscheiden.

Doch trotz der für ihn neuen Konkurrenz wird sich Präsident Hosni Mubarak wohl mit großer Mehrheit eine fünfte Amtsperiode sichern und damit weitere sechs Jahre an der Spitze Ägyptens stehen. Interessant wird aber, wie viele Stimmen seine neun Gegenkandidaten erhalten.

Die Diskussionen über das neue Wahlsystem und die Tatsache, dass der Präsident sich in die Niederungen des Wahlkampfes begeben hat, haben zu einer leichten innenpolitischen Öffnung Ägyptens geführt. Menschenrechtlern, Verfechtern einer echten Demokratie und nicht zuletzt den USA gehen die Veränderungen noch nicht weit genug. Aber „der Ball ist ins Rollen gekommen“, sagt die Oppositionelle Mona Makram-Ebeid.

Der heute 77-jährige Mubarak regiert das Land seit 24 Jahren nahezu im Alleingang und führt damit das Erbe seiner Vorgänger wie Anwar al-Sadat fort, dem Land vor allem durch eine autoritäre Führung Stabilität zu geben. Nach Sadats unpopulärem Friedensschluss mit Israel hat Mubarak Ägypten wieder ins Zentrum der regionalen Politik geführt und den arabischen Nachbarn angenähert. Zugleich hat er dem Land unter anderem dank seines konsequenten Kampfes gegen Moslem-Extremisten die Freundschaft der USA erhalten, die während seiner Präsidentschaft bisher mehr als 40 Milliarden Dollar nach Kairo überwiesen haben.

Doch seit einiger Zeit ist die extremistische Gewalt nach Ägypten zurückgekehrt und hat Mubaraks Ruf als Stabilitäts-Bewahrer erschüttert: Zuletzt Ende Juli kamen im Touristenzentrum Sharm el-Sheikh bei einem verheerenden Bombenanschlag mehr als 60 Menschen ums Leben.

Ägypten gehört zu den wenigen Verbündeten der Amerikaner in der arabischen Welt, aber auch zu den Staaten, bei denen den USA eine gefährliche Doppelmoral vorgehalten wird. US-Präsident George W. Bush fordere zwar Demokratie, fördere aber zugleich die Unterdrückung demokratischer Vielfalt im Land, argumentieren Kritiker. Dass Mubarak sich nun Gegenkandidaten stellt, gilt als Versuch, dieser Kritik die Spitze zu nehmen.

Der Versuch findet allerdings in beschränktem Rahmen statt. Das von Mubaraks Partei durchgesetzte Wahlsystem hat zwar das bisherige Referendum über nur einen vom Parlament bestimmten Präsidentschafts-Kandidaten abgeschafft. Doch es hat auch dafür gesorgt, dass unter den neun weiteren Kandidaten nur zwei sind, die im Land einigermaßen bekannt sind und auf Wählerstimmen hoffen können. Der größten oppositionellen Gruppe, der dem Islam verpflichteten Moslembrüderschaft, war es unmöglich, einen eigenen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Während der ungewöhnlich heftigen Proteste gegen solche Einschränkungen im Mai wurden Hunderte ihrer Anhänger verhaftet.

Ohne die Moslembrüder bilden mit Noman Gomaa und Ayman Nour nun Kandidaten eine Alternative zu Mubarak, die mehr politische Freiheiten und eine Öffnung der stark regulierten Wirtschaft fordern. Der 71-jährige Gomaa tritt für die Partei Wafd („Delegation“) an, die die Geschicke des Landes vor dem Aufstieg des sozialistischen Gamal Abd al-Nasser in den fünfziger Jahren bestimmt hat. Gomaa will das Parlament stärken, den Einfluss des Präsidenten schwächen und verlangt mehr Rechtstaatlichkeit.

Der 40-jährige Nour ist mit seiner Partei Ghad („Morgen“) der politische Senkrechtstarter des Landes. Er beschreibt sich selbst als ein Mann des Volkes, vertritt im Parlament einen der ärmsten Wahlkreise Kairos und bringt, wie viele Experten sagen, mit seinem Charisma frischen Wind in die eingefahrenen Verhältnisse im Land.

Zwei Gegenkandidaten dürften die Ägypter Experten zufolge aber noch nicht aus ihrer politischen Apathie wecken, zumal viele der rund 72 Millionen Bürger ihre Eintragung in die Wählerverzeichnisse versäumt haben. Auch hat Mubaraks Apparat Bürgerrechtlern zufolge bisher immer Einfluss auf die Wahlergebnisse genommen. Die neue Konkurrenz hat den Präsidenten aber gezwungen, sich den Menschen direkt zuzuwenden und einen entschlossenen Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit zu versprechen. „Jetzt hat man wirklich das Gefühl, dass er mit einem redet“, sagt der Arbeiter Salah Abdel Monem. „Die Atmosphäre hat sich verändert.“

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