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Ab 22. Juli fällt die FFP2-Maskenpflicht

Kurz zufolge kann getanzt, gefeiert und geheiratet werden.
Kurz zufolge kann getanzt, gefeiert und geheiratet werden. ©AP
Sollte sich die Lage nicht sehr ändern, könnte Österreich ein fast normaler Sommer bevorstehen.

Die Regierung hat am Donnerstag das Ende fast aller Corona-Maßnahmen im Juli angekündigt. Am 1. Juli wird mit der Nachtgastronomie der letzte noch geschlossene Bereich aufgesperrt, die FFP2-Pflicht fällt - nur partiell ersetzt durch Mundnasenschutz - so gut wie überall. Die Corona-Kommission warnte allerdings recht klar vor einer Ausbreitung der indischen Corona-Variante ("Delta").

Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiterhin

Die angekündigten Lockerungen wurden seitens der Bundesregierung mit der guten infektiologischen Situation begründet. Die Sieben-Tages-Inzidenz beträgt aktuell nur noch 13,6 pro 100.000 Einwohner, die Zahl der Corona-Spitalspatienten (aktuell 268) und auch der Intensivpatienten (87) geht beständig zurück. Die Corona-Ampel leuchtet diese Woche praktisch zur Gänze gelb-grün, zeigt also geringes Risiko an. Einzig Wien - wo freilich besonders viel (PCR-)getestet wird - steht laut dem Kommissions-Dokument an der Kippe zum mittleren Risiko.

Besorgt zeigte sich die Ampel-Kommission allerdings über die Ausbreitung der indischen Corona-Variante, nunmehr Delta-Variante genannt. Nach der Sitzung des Gremiums am Donnerstag war am Abend in einer Aussendung von einem "ernst zu nehmenden Risiko" die Rede. Bei anhaltender Verbreitung dieser Variante sei ein neuerlicher Fallanstieg bereits in den Sommermonaten mit hohem Systemrisiko möglich, hieß es. Gegenwärtig geht die Kommission davon aus, dass bereits 6,3 Prozent der untersuchen Fälle dieser zunächst in Indien breit aufgetretenen Variante zuzuordnen sind.

"Ausgezeichneter Weg"

Die Lockerungen mit 1. Juli sind für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ungeachtet der "Delta"-Variante fix und durch eine etwaige Ausbreitung derselben nicht gefährdet, wie er auf der Regierungskonferenz in der Früh erklärte, bei der die Lockerungen präsentiert wurden. Solange keine Mutation auftauche, gegen die die Impfung nicht wirke, sei man auf einem "ausgezeichneten Weg". Die Situation sei besser als erwartet, sagte er. Immer mehr Menschen seien geimpft, Österreich sei zudem "Test-Weltmeister". "Jetzt seid ihr dran", versprach Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) den Jungen, die in den vergangenen Monaten auf so vieles verzichten hätten müssen.

Der Vizerektor der Meduni Wien, Oswald Wagner, deponierte zur "Delta"-Variante in der Regierungs-Pressekonferenz: "Das Impfen hilft auch gegen die indische Variante."

Konkret fällt mit 1. Juli die Sperrstunde, ab dann ist unter Berücksichtigung der 3-G-Regel (geimpft, getestet, genesen) also auch Tanzen im Club und Trinken an der Bar wieder möglich. "Es kann getanzt, gefeiert, geheiratet werden", frohlockte der Kanzler. Die Nachtlokale dürfen vorerst für drei Wochen aber nur 75 Prozent ihrer Gästekapazität nutzen. Ab 22. Juli gibt es dann keine Kapazitätsbeschränkung mehr. "Wir werden in Clubs feiern können", sagte auch Mückstein.

Ende der Registrierungspflicht

Dass (nicht nur beim Tanzen) die Abstandsregeln fallen, freute Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) auch für die Gastronomie und Hotellerie. Zudem gibt es künftig - auch im Handel - keine Quadratmeter-Vorgabe mehr. Mit 22. Juli soll die Registrierungspflicht in der Gastronomie und bei Veranstaltungen enden. Der Verzicht auf diese Möglichkeit der Kontaktnachverfolgung soll nach APA-Informationen in der Koalition ein ziemlich umstrittener Punkt gewesen sein. Überhaupt feilschten ÖVP und Grüne bis zuletzt um die Öffnungsmaßnahmen, die Pressekonferenz begann denn auch mit etwas Verspätung.

Stark zurückgenommen wird die Maskenpflicht: Ab 1. Juli kann man auch indoor überall dort ganz auf Masken verzichten, wo "3G" gilt - also in Gastronomie, Tourismus, Kultur- und Freizeitbetrieben (z.B. Fitnessstudios), Sportstätten, Schulen, bei Veranstaltungen (mit mehr als 100 Personen). In Öffis, Geschäften und Museen (wo "3G" nicht gilt) reicht dann ein herkömmlicher Mund-Nasen-Schutz, ab 22. Juli muss auch dieser nur noch in Öffis und Läden für den täglichen Bedarf angelegt werden. Nur in Pflegeheimen und Spitälern bleibt die FFP2-Pflicht.

Veranstaltungen ohne Auflagen

Auch die Auflagen für Großveranstaltungen werden fast ganz gestrichen, gab Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) erfreut bekannt, dass man ab 1. Juli Kunst, Kultur und Sport wieder in der gesamten Breite erleben werde können. Alle Veranstaltungen können dann wieder mit Sitz- oder Stehplätzen ohne Publikumsobergrenzen stattfinden, inklusive Gastronomieangebot. Die Indoormaskenpflicht fällt, nur der "3G"-Nachweis bleibt verpflichtend. Ab 100 Personen gilt jedoch eine Anzeigen-, und aber 500 Personen eine Bewilligungspflicht. Auch im privaten Bereich fallen mit 1. Juli (wie schon angekündigt war) alle Kontakt- und Abstandsregeln.

Die Reaktion der Opposition fiel kritisch aus, wenn auch mit unterschiedlichen Zugängen. Dem designierten FPÖ-Parteichef Herbert Kickl sind die Schritte zu wenig weitgehend - er forderte, auch die "schikanöse 3G-Regel endlich ersatzlos zu streichen und das unselige Überwachungsregime" zu beenden. Zu spät kommen die Lockerungen für NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker: "Die Wirtschaft braucht jetzt einen Neustart, jeder weitere Tag mit nicht mehr notwendigen Einschränkungen ist eine enorme und teure Belastung."

Erleichterungen "seien in Ordnung"

Zur Vorsicht mahnte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ): "Ich habe die Ankündigungen mit Erstaunen wahrgenommen, weil es keine Vorbesprechung mit den Ländern gab", sagte er zum "Kurier" (Freitag-Ausgabe). Zwar seien Erleichterungen bei der FFP2-Maskenpflicht "schon in Ordnung", die "Gesamt-Euphorie, die heute vermittelt wurde, verwundert schon", meinte er mit Blick auf die sich in Großbritannien ausbreitende Delta-Variante. "Es gibt überhaupt keinen Grund zu Annahme, dass das bei uns anders sein wird. Auch wir werden steigende Zahlen sehen", warnte er.

Hacker wollte auch nicht ausschließen, dass Wien von sich aus wieder strengere Maßnahmen ergreift als der Bund. "Sicher werden wir aber die bestehende Gastro-Verordnung bis über den Sommer verlängern." Als "gewagt" und zu früh bezeichnet er die von der Bundesregierung angekündigte Öffnung der Nachtgastronomie - mit Verweis auf die noch sehr geringe Durchimpfungsrate der Unter-30-Jährigen. Und er plädierte dafür, dass nur Geimpfte Zutritt zur Nachtgastronomie bekommen sollten.

(APA)

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