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Gewaltschutz-Gipfel im Innenministerium: Österreich auf "solidem, guten Fundament"

Gewaltschutzgipfel im Innenministerium in Wien.
Gewaltschutzgipfel im Innenministerium in Wien. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Dienstag haben sich Expertinnen und Experten zum sechsten Mal zum Thema Gewaltschutz bei einem Gipfel im Innenministerium zusammengefunden.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betonte, dass Österreich beim Gewaltschutz auf einem "soliden, guten Fundament" aufbauen können. Kürzlich wurde ein neuer Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen verabschiedet. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) äußerte sich zum Thema Femizid und betonte, dass Männer nicht über Frauen bestimmen oder ihr Leben beenden dürften. Die "16 Tage gegen Gewalt an Frauen" dauern bis zum 10. Dezember.

Gewaltschutz: Holzleitner sieht "Aufgabe der ganzen Bundesregierung"

Es sei keine reine frauenpolitische Aufgabe, Frauen zu schützen, sondern eine Aufgabe der ganzen Bundesregierung, betonte Eva-Maria Holzleitner (SPÖ). "Gewalt an Frauen hat keine konkrete Staatszugehörigkeit, keine Religion, keine soziale Herkunft, aber ein ganz klares Muster: männliches Anspruchsdenken, wo wir immer wieder sehen, dass es immer wieder Männer gibt, die nach wie vor denken, sie können mit Gewaltanwendung Frauen klein halten, Frauen zurückdrängen."

Die Zahl der Betretungs- und Annäherungsverbote habe deutlich zugenommen, so Karner. "Weil weniger zugedeckt und mehr hingesehen" werde. Im vergangenen Jahr waren es 14.500. Auch die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen seien deutlich erhöht worden und diese sollen weiterentwickelt werden. Es gebe jetzt bei der Polizei auch wesentlich mehr Präventionsbeamtinnen und -beamte, deren Zahl laut Karner von rund 500 auf 1.300 mehr als verdoppelt wurde. Eine wichtige Entwicklung sei auch, dass die Polizei insgesamt weiblicher werde. "Im Bereich des Gewaltschutzes leisten Polizisten hervorragende Arbeit, aber es zeigt einfach die Erfahrung, dass Frauen, die von Gewalt betroffen sind, sich eher an eine Polizistin wenden", sagte der Innenminister. So könnten Dunkelfelder geöffnet werden. "Hinschauen, statt wegschauen."

Prävention beginnt ab dem frühkindlichen Alter

Prävention müsse man deshalb breit ansetzen und damit schon im frühkindlichen Alter begonnen werden, erklärte Marina Sorgo, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren. "Nicht erst dann hinschauen, wenn es eskaliert." Auch Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) wolle deshalb "früh in der Bildungsarbeit ansetzen". Kinder sollten schon früh ihre eigenen Rechte lernen, kennen und sich notfalls Hilfe holen können.

Auch Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) betonte, "Prävention ist der Schlüssel". "Männer müssen verstehen, dass Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft einfach nicht toleriert wird", sagte die Ministerin. "Und wir müssen auch mit den Burschen arbeiten, einfach um auch Gewalt im Keim zu ersticken und um ein Leben zwischen Männern und Frauen auf Augenhöhe zu garantieren." Die Wirkung und Erfolge von Maßnahmen würden nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen. "Das bedeutet, wir brauchen Zuversicht, einen langen Atem und ein Engagement, um den Gewaltschutz in Österreich weiter voranzutreiben", sagte Sorgo.

"Nur Ja heißt Ja" wird weiter diskutiert

Erst angekündigt, aber noch nicht umgesetzt, ist die Weiterentwicklung des Sexualstrafrechts, sagte Sporrer. Das Konsensprinzip ("Nur Ja heißt Ja") werde weiter diskutiert, betonte sie am Gipfel. "Wir wollen diesen Grundsatz auch im Recht festschreiben." Kritik an dem neuen Aktionsplan, den sie als "Mogelpackung" bezeichnete, kam von der Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski. "Vor wenigen Tagen wurde in Graz eine junge Frau ermordet. Jede dritte Frau erfährt Gewalt. Jährlich werden 15.000 Betretungs- und Annäherungsverbote verhängt, das sind rund 41 pro Tag. Gleichzeitig empfindet ein Drittel der jungen Männer Gewalt gegen Partnerinnen als akzeptabel", resümierte Disoski.

"Die Politik muss dafür sorgen, dass Frauen Schutz und sichere Strukturen vorfinden: ausfinanzierte Schutz- und Beratungsangebote, eine Verankerung von 'Nur Ja heißt Ja' im Sexualstrafrecht und Maßnahmen, die die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen stärken", sagte Disoski. Von all dem finde sich kaum etwas im Aktionsplan, den die Regierung heute nochmals präsentiert hat. "Es gibt kein zusätzliches Geld für Schutz oder Prävention. Stattdessen Prüfungen, Evaluierungen und wohlklingende Worte. Aber Worte schützen keine einzige Frau." Bis zum Nachmittag werden auf dem Gewaltschutzgipfel Vorträge gehalten und das Programm diskutiert.

Auch die FPÖ meinte zum Aktionsplan, dass hier konkrete, effektive Maßnahmen offen blieben. Ein sofortiger Asylstopp sowie konsequente Abschiebungen verurteilter Straftäter wären eine der "effizientesten Erstmaßnahmen" für einen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen, meinte FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker. "Darüber hinaus braucht es eine Gewaltschutzstrategie, die leider vonseiten der Regierung bisher nicht über das Ankündigungsstadium hinausgegangen ist, sowie eine sichere Finanzierung samt Ausbau der Gewaltschutzambulanzen", so die Politikerin. "Gewalt gegen Frauen darf nie toleriert werden, ganz egal, von wem sie ausgeht. Sie zu schützen, ist eine der zentralsten Aufgaben des Staats und dieser muss die System-Ampel auch endlich nachkommen."

(APA/Red)

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