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Die Seilbahn-Katastrophe von Kaprun jährt sich zum 25. Mal

Am 11. November 2000 kamen in Kaprun 155 Menschen ums Leben.
Am 11. November 2000 kamen in Kaprun 155 Menschen ums Leben. ©APA/Archivbilder
Die Seilbahnkatastrophe von Kaprun jährt sich am Dienstag zum 25. Mal: Am 11. November 2000 sind beim Brand in der Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn 155 Menschen ums Leben gekommen. Nur zwölf Menschen haben überlebt.

Am 11. November 2000 sind beim Brand in der Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn 155 Menschen ums Leben gekommen. Die Tatsache, dass die Justiz keine Schuldigen für dieses Feuerinferno gefunden hat, sorgt bei vielen Angehörigen bis heute für Unverständnis. Am Jahrestag veranstaltet die Gemeinde Kaprun für die Hinterbliebenen einen ökumenischen Gottesdienst vor der Gedenkstätte in Kaprun.

Mitarbeiter des Bergeteams am Tunneleingang der Mittelstation. ©APA

Zwölf Menschen konnten sich befreien und rannten nach unten

Kurz nach 9.00 Uhr war an jenem Novembersamstag im talseitigen Führerhaus der Zuggarnitur im Heizstrahler Feuer ausgebrochen. Wegen der Hitze riss eine Hydraulikleitung, das ausrinnende Öl entfachte den Brand explosionsartig. Durch die Kaminwirkung im Tunnel, in dem die Bahn bergwärts fuhr, breiteten sich die Flammen blitzschnell auf die komplette Garnitur aus.

Ein Überblick über das Gebiet um die Talstation. Links unten sind die Fahrzeuge und Zelte der Einsatzkräfte zu erkennen, rechts oben befindet sich das erste Stück der Rampe mit der Einsteigestelle. ©APA

Zwölf Menschen konnten sich retten

Zwölf Menschen, die sich aus dem Zug befreien konnten und geistesgegenwärtig nach unten liefen, überlebten. Für alle anderen gab es keine Rettung mehr.

Die Einfahrt zum Tunnel der Kapruner Gletscherbahn, in dem am 11. November 2000 ein katastrophales Feuer in einer Garnitur der Bahn ausbrach. ©APA

Die Titelseite der VN am 13. November 2000

1.000 Helferinnen und Helfer in Kaprun

Rund 1.000 Helferinnen und Helfer strömten nach Kaprun. Für die zahlreichen Angehörigen wurde ein Krisenzentrum eingerichtet, wo diese psychologische Betreuung bekamen. Auch viele Helferinnen und Helfer benötigten in der Folge selbst professionelle Begleitung, um die unfassbaren Eindrücke dieser Katastrophe verarbeiten zu können.

Ein Bild der Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn vor dem Unglück. ©APA/Gletscherseilbahnen Kaprun AG

In der Pinzgauer Gemeinde war schlagartig nichts mehr so wie früher: Neben der Riesenschar an Einsatzkräften von Feuerwehr, Rotem Kreuz, Krisenintervention und Polizei strömten auch an die 700 Journalistinnen und Journalisten nach Kaprun, und nicht alle gingen zimperlich vor bei der Suche nach "guten Sagern".

Einsatzkräfte nahe der Talstation der Kapruner Gletscherbahn. ©APA

Unglück "untrennbar mit der Gemeinde verbunden"

Und selbst nach 25 Jahren ist man beim Thema Seilbahnkatastrophe in Kaprun von offizieller Seite immer noch vorsichtig: Die Gletscherbahnen wollten sich auf APA-Anfrage gar nicht direkt dazu äußern und verwiesen auf einen externen PR-Berater, und auch der jetzige Bürgermeister Domenik David lehnte ein persönliches Gespräch ab und wollte Fragen nur schriftlich beantworten. Das Unglück sei "untrennbar mit der Gemeinde Kaprun verbunden und immer noch präsent", so David. Über die vielen Jahre sei aber im Ort ein neues Miteinander gewachsen. Es "hat sich ein positiver Prozess der Zukunftsgestaltung entwickelt, der bis heute wirksam ist".

Eine Luftaufnahme des Kitzsteinhorns: Rauch zieht aus dem gipfelseitigen Tunnelende bei der Bergstation. ©APA

Alle 16 Beschuldigten wurden freigesprochen

Im Strafverfahren konnte die Justiz keine Schuldigen finden, alle 16 Angeklagten wurden freigesprochen. Laut Urteil ist der Brand wegen eines Gebrechens im Heizlüfter ausgebrochen. Durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen sei es in der Folge zu dieser Katastrophe gekommen. Viele Hinterbliebene nahmen die Freisprüche mit Fassungslosigkeit auf und konnten nicht verstehen, dass es für ein solches Ereignis keine Schuldigen geben soll. Einige von ihnen bezweifelten das Ergebnis viele Jahre und kämpften um ein neues Verfahren. Vergebens.

Wenige Tage nach dem Unglück wurden die Reste der Gletscherbahn von Kaprun aus dem Tunnel geborgen. ©APA

Opferanwälte als Profiteure

Sie stützten sich dabei auf deutsche Gutachter, denen zufolge nicht ein Fehler im Heizlüfter das Unglück verursacht haben soll, sondern der unsachgemäße Einbau des Gerätes, das für eine Standseilbahn gar nicht geeignet war. Mehrere Opferanwälte stellten den Angehörigen im Vorfeld riesige Summen in Aussicht, letztlich waren aber häufig sie die Profiteure und nahmen den Hinterbliebenen zum Teil mehr als die Hälfte des Schmerzensgeldes als Honorar ab.

Zwölf Menschen konnten sich aus dem Zug befreien und nach unten rennen. ©APA

Entschuldigung der Gletscherbahnen nach zehn Jahren

Zehn Jahre nach dem Unglück haben sich die Gletscherbahn-Verantwortlichen offiziell entschuldigt: "Mit anhaltender Trauer und Erschütterung bitten wir von den Gletscherbahnen Kaprun um Verzeihung." Die Katastrophe "geschah in unserem Betrieb, also unter unserer Verantwortung. Zu dieser Verantwortung bekennen wir uns", hieß es in einer Stellungnahme zum 10. Jahrestag.

Am Salzburger Flughafen wurden die Särge der 155 Opfer des Seilbahnunglücks von Kaprun aufgebahrt. ©APA

Ökumenischer Gottesdienst zum Gedenken am Jahrestag

Unweit der Seilbahn-Talstation steht heute zur Erinnerung an die Opfer eine Gedenkstätte. Dort sind - wie jedes Jahr - auch am 25. Jahrestag, also dem 11. November 2025, um 9.00 Uhr die Angehörigen zu einem ökumenischen Gottesdienst geladen. Auch der Vorstand und Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Gletscherbahnen und Vertreterinnen und Vertreter der Blaulichtorganisationen werden wieder erwartet. In den vergangenen Jahren fanden sich im Schnitt noch 30 bis 50 Angehörige der Opfer zur Gedenkfeier ein. Politische Würdenträger - abgesehen von der Gemeinde - wurden nicht angekündigt. Im Anschluss an den Gottesdienst gebe es noch die Möglichkeit zur Begegnung und ein gemeinsames Frühstück. Der Rahmen der Gedenkveranstaltung erfolge stets in Abstimmung mit Vertreterinnen und Vertretern der Opfer, sagte der externe Sprecher der Gletscherbahnen Harald Schiffl zur APA.

Ein Bild mit Symbolcharakter: Ein Arbeiter schließt den Einfahrtsvorhang zum Stolleneingang bei der Gletscherbahn auf das Kitzsteinhorn knapp eine Woche nach dem Unglück. ©APA

(APA)

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