AA

Armut hat meist weibliches Gesicht

Frauen sind häufiger von Armut betroffen.
Frauen sind häufiger von Armut betroffen. ©Canva (Sujet)
Laut Statistik Austria sind fast 38 Prozent aller alleinerziehenden Frauen in finanziellen Schwierigkeiten. Ein Wert, der sich seit Ende 2021 verdoppelt hat und das oftmals weibliche Gesicht der Armut in Österreich aufzeigt.

Fast 38 Prozent der alleinerziehenden Frauen haben laut Statistik Austria Mitte 2022 angegeben, Schwierigkeiten zu haben, mit ihrem Einkommen auszukommen. Dieser Wert hat sich gegenüber Ende 2021 verdoppelt. Anfang 2024 waren es immer noch 32 Prozent. Dies zeige, dass Alleinerzieherinnen von Krisen stärker betroffen sind als die Gesamtbevölkerung. "Armut hat ein Gesicht, oft ein weibliches", so Caritas-Wien-Direktor Klaus Schwertner bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Im Rahmen der vierteljährlichen Längsschnittsstudie "So geht's uns heute" der Statistik Austria wurden im Zeitraum vom vierten Quartal 2021 bis zum ersten Quartal 2024 3.000 Menschen zwischen 18 und 74 Jahren befragt. Bei einer im Auftrag der Caritas durchgeführten Auswertung lag ein Schwerpunkt auf Krisenfolgen und der sozialen Lage von Frauen.

Frauen sind häufiger von Armut betroffen

Auch die Belastung durch Wohnkosten zeige eine Kluft zwischen weiblichen Alleinerzieherinnen und der Gesamtbevölkerung. Ende 2021 waren 24 Prozent der alleinerziehenden Frauen von einer Wohnkostenbelastung betroffen - bereits damals waren dies zehn Prozentpunkte mehr als die Betroffenheit in der Gesamtbevölkerung (14,1 Prozent). Die wahrgenommene Belastung stieg durch Krisen wie die Corona-Pandemie und die hohe Inflation in beiden Gruppen an.

Anfang 2023 wurde dann eine "kurze Entspannung seitens der Alleinerzieherinnen" wahrgenommen, als die Bundesregierung Maßnahmenpakete wie die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen und Energiekosten-Zuschüsse beschlossen hatte. Seither ist die Betroffenheit bei der Wohnkostenbelastung bei der österreichischen Bevölkerung insgesamt leicht zurückgegangen. Allerdings beklagte ein Rekordwert von 41 Prozent der Alleinerzieherinnen bis Anfang 2024 eine wahrgenommene Wohnkostenbelastung. "Die Maßnahmen der Bundesregierung haben gewirkt - aber nicht nachhaltig", so Janina Enachescu von der Statistik Austria.

Zwei von drei Personen, die bei der Caritas Hilfe suchen, seien weiblich und von Armut betroffen, so Doris Anzengruber, Leiterin der Caritas Sozialberatung an der Erzdiözese Wien. Seit Ende 2021 zählen laut der Auswertung 31 Prozent der österreichischen Haushalte weibliche Hauptverdienerinnen, elf Prozent sind Alleinerzieherinnen. Und: Diese Haushalte sind mit sechs Prozent doppelt so häufig von erheblich materieller und sozialer Deprivation betroffen wie Haushalte mit männlichen Hauptverdienern (3 Prozent).

Als erheblich materiell und sozial benachteiligt gilt nach EU-Definition, wer sich mindestens sieben von 13 Merkmalen und Aktivitäten des täglichen Lebens nicht leisten kann. Diese reichen von unerwarteten Ausgaben in der Höhe von 1.300 Euro über einen Urlaub pro Jahr bis hin zu einer angemessen warmen Wohnung.

Diverse Gründe für Armut bei Frauen

Die Gründe für weibliche Armut seien vielfältig - nach wie vor seien Frauen für den Großteil der Care-Arbeit zuständig, sowohl in den eigenen Familien als auch in der Gesellschaft. Sie würden öfter in Branchen mit niedrigen Löhnen arbeiten und seien daher öfter von Sozialleistungen abhängig. "Armut ist kein Schicksal, es ist die Folge ungerechter Strukturen - die nächste Bundesregierung sollte tunlichst nicht dort sparen, wo Investitionen aktuell am dringendsten gefordert sind: Beim sozialen Zusammenhalt in unserem Land", betont Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler. Daher fordere man "eine echte Gleichstellung" durch gesetzliche Rahmenbedingungen". Es brauche die Anerkennung von Pflegearbeit und den "Ausbau der institutionalisierten Care-Möglichkeiten". Zudem bedarf es laut der Caritas-Präsidentin einer "hochwertigen und flächendeckenden Kinderbetreuung" sowie Ganztagsschulen. Außerdem betonte sie die Notwendigkeit von besseren Arbeitsbedingungen und einer "höheren Entlohnung in frauenspezifischen Bereichen".

"Bis strukturelle Änderungen greifen, brauchen armutsbetroffene Frauen in akuten Notlagen rasche Unterstützung", forderte Schwertner eine Reform der Sozialhilfe. Es brauche "eine Unterhaltsgarantie für alle Kinder".

(APA/Red)

  • VOL.AT
  • Österreich
  • Armut hat meist weibliches Gesicht