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30.000 gefälschte Textilien am Flughafen Wien beschlagnahmt

Unterwäsche, Socken, Pullover, Gürtel, Leggings und Jacken wurden aus dem Verkehr gezogen.
Unterwäsche, Socken, Pullover, Gürtel, Leggings und Jacken wurden aus dem Verkehr gezogen. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Am Flughafen Wien konnten rund 30.000 gefäschte Textilien aus dem Verkehr gezogen werden. Darunter waren unter anderem Unterwäsche, Socken und Pullover, die auf Christkindlmärkten verkauft hätten werden sollen.
Bilder der gefälschten Textilien

Rund 30.000 gefälschte Textilien hat der Zoll Mitte November am Flughafen Wien in einer einzigen Sendung aus dem Verkehr gezogen. Am Montag präsentierten die Zöllner und Vertreter des Finanzminister den größten Produktpiraterieaufgriff, der jemals via Luftfracht nach Österreich gekommen ist. Wären die Kleidungsstücke und Accessoires original, hätten sie eine Wert von 5,2 Millionen Euro.

Größter Einzelfall von Produktpiraterie in Österreich

Stapelweise Kartons, jeder randvoll mit Modeartikeln, vorgeblich von Luxusmarken wie Louis Vuitton, Gucci und anderen: Der Zoll hat Mitte November am Flughafen Wien den größten Einzelfall von Produktpiraterie per Luftfracht in Österreich jemals aufgedeckt. 30.000 gefälschte Textilien und Accessoires von mehr als 50 Rechteinhabern wurden am Montag am Airport Medienvertretern präsentiert.

Die Lieferung kam in einem Frachtflieger aus der Türkei, schilderte Gerhard Marosi, Produktpiraterie-Experte des Finanzministeriums. Sie umfasste insgesamt sechs Tonnen Waren, die im Original einen Wert von mehr als 5,2 Millionen Euro gehabt hätten. Doch alleine das war schon verdächtig: Produzenten von Luxuswaren haben ihr eigenes Logistiksystem und würden ihre Erzeugnisse nie gemeinsam mit zahlreichen anderen Marken verschicken.

Risikoanalysesystem machte auf Fracht aufmerksam

Aufgedeckt wurde der Fall über das Risikoanalysesystem, über das der Zoll am Wiener Flughafen - der in den Zuständigkeitsbereich des Zollamts Eisenstadt fällt - verfügt. Das ist zum Herausfiltern bedenklicher Fracht auch notwendig. Johannes Pasquali, Sprecher des Finanzministeriums zufolge, wurden über den Airport in Schwechat im Vorjahr knapp 216.000 Tonnen Luftfrachtgüter in Österreich eingeführt, "überwiegend legal".

Bei der Sendung im November war dank der Risikoanalyse relativ bald klar, dass sich die Zöllner die Fracht genauer anschauen sollten. Ein US-Handelsunternehmen mit Sitz im Bundesstaat Delaware erwarb bei einem türkischen Händler die 30.000 Artikel verschiedener Designerbrands. Der Händler kaufte diese bei verschiedenen Quellen in China ein und ließ sie anschließend in einer einzigen Sendung über Vietnam nach Istanbul mit dem weiteren Zielort Wien verschicken.

In der Türkei wurden den Zöllnern zufolge die der Sendung beigestellten Papiere um eine österreichische Empfängerfirma, einen Logistikdienstleister, ergänzt. Solche komplizierten Vertriebswege werden als Verschleierungstaktik benutzt, um dem Zoll die Kontrollen zu erschweren, wie Marosi erläuterte. Doch genau durch diese verschlungenen Vertriebswege wurde die Lieferung auch für die Risikoanalyse verdächtig. Die Textilien sollten vermutlich in Österreich weiterverteilt und auf Christkindlmärkten, allerdings nicht bei den großen offiziellen, verkauft werden.

30.000 gefälschte Modeartikel: Bisher keine Festnahmen

Anzeigen oder gar Festnahmen gab es in dem Fall "bisher nicht", sagte Marosi. Zu den Hintergründen und Zusammenhängen gebe es weitere Ermittlungen, auch wurden Amtshilfeersuchen an die anderen beteiligten Staaten gestellt. Die Rechteinhaber wurden verständigt und haben ebenfalls die Möglichkeit, gegen die Täter vorzugehen. Sie haben auch der Vernichtung der gefälschten Produkte zugestimmt, die wohl Anfang 2020 erfolgen wird.

Der Endkonsument halt laut Marosi keine Strafen zu erwarten, wenn er einen gefälschten Artikel erwirbt. "Es sei denn, sie verkaufen das Produkt weiter", sagte er. Auf Verbraucher warten aber unter Umständen andere Gefahren: Die falsifizierten Textilien werden oft mit gefährlichen Chemikalien, teilweise sogar mit giftigen Farben produziert, oder zumindest solchen, die in der EU verboten sind.

Und nicht zuletzt gebe es wirtschaftliche Konsequenzen. "587 Millionen Euro pro Jahr betragen die Umsatzeinbußen in der Bekleidungsbranche in Österreich durch gefälschte Produkte", sagte Marosi. Dadurch würden auch Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Quer über alle Branchen betragen die Umsatzeinbußen rund eine Milliarde Euro pro Jahr durch Produktpiraterie.

Beim Erkennen gefälschter Produkte hilft den Konsumenten der Menschenverstand: "Wenn etwas besonders billig angeboten wird, dann handelt es sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit um eine Fälschung." Auch der Geruchssinn ist nicht selten hilfreich. Anders als die Originalwaren stinken Fälschungen oft.

Unterwäsche, Pullover und Co. für den Christkindlmarkt-Verkauf

Die gefälschten Artikel sollten vermutlich auf Christkindlmärkten verkauft werden, wie Johannes Pasquali, Sprecher des Finanzministeriums, sagte. Es handelte sich um Unterwäsche, Socken, Pullover, Gürtel, Leggings und Jacken. Demnach erwarb ein amerikanisches Handelsunternehmen die Waren von einem türkischen Händler. Dieser hatte die Modestücke in China bei verschiedenen Quellen eingekauft und ließ sie über Vietnam in einer einzigen Sendung nach Istanbul und weiter nach Wien verschicken. Hier sollten die Waren in Österreich weiter verteilt werden. In der Türkei wurden die der Sendung beigestellten Papiere um eine österreichische Empfängerfirma, einen Logistikdienstleister, ergänzt.

APA

Komplizierte Versandwege zur Verschleierung

Die komplizierten Versandwege dienten als Verschleierungstaktik, um es Zöllnern so schwer wie möglich zu machen. Unklar war Finanzministeriumssprecher Johannes Pasquali zufolge noch, wer wirklich hinter dem Schmuggel steckt.

Die Hintergründe, Zusammenhänge und Mittelsmänner dieser komplexen kriminellen Struktur einer internationalen Tätergruppe gänzlich aufzudecken, sei Gegenstand weiterer Ermittlungen. Dabei sollen auch Amtshilfeersuchen bei den anderen Staaten gestellt werden, in die der Fall hineinspielt.

Die mehr als 50 geschädigten Rechteinhaber wurden bereits verständigt, so das Finanzministerium. Sie haben nun die Möglichkeit, straf- und zivilrechtliche Schritte einzuleiten. Sie haben mittlerweile auch der raschen Vernichtung der jeweiligen gefälschten Waren zugestimmt. Bei den gefälschten Stücken handelte es sich unter anderem um 8.747 Paar Socken, 7.140 Unterhosen, 3.441 Pullover, 2.888 Gürtel, 1.536 Leggings und 1.180 Jacken. Gefälscht waren unter anderem Marken wie Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Nike, Louis Vuitton, Lacoste, Gucci, Philipp Plein oder Adidas.

Produktpiraterie in Österreich 2018

Der Fall mit rund 30.000 gefälschten Artikeln aus der Modebranche, den der Zoll am Flughafen Wien Mitte November entdeckt hat, sprengt jede Norm. Das verdeutlicht ein Blick auf die Statistik des Finanzministeriums zu Produktpiraterie-Aufgriffen in Österreich im Jahr 2018. Denn im Vorjahr wurden bei 38.513 Artikeln die Waren zurückgehalten, weil sie gefälscht waren.

Würde es sich um Originalwaren handeln, würden die im Vorjahr beschlagnahmten Gegenstände einen Wert von 2.634.512 Euro repräsentieren, ungefähr halb so viel wie der Fund im heurigen November. Die größten Posten der im Vorjahr beschlagnahmten Artikel betrafen dabei Taschen inklusive Brieftaschen, Geldbeutel, Zigarettenetuis und Ähnliches im Originalwert von 658.455 Euro und Uhren im Originalwert von 826.770 Euro.

(APA/Red)

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