AA

20 Jahre Österreich im Schengenraum

Am 1. Dezember 1997 trat das Schengener Abkommen in Österreich in Kraft. Der Vertrag sieht die Abschaffung von Grenzkontrollen innerhalb seiner Mitgliedstaaten vor und zudem verstärkte Kontrollen an den Außengrenzen.

Die Migrationskrise hat dem Abkommen und damit auch der Reisefreiheit, eines der höchsten Güter der EU, jedoch seine Grenzen aufgezeigt.

20 Jahre Schengen-Abkommen in Österreich: Ein Rückblick

1. Dezember 1997 – Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) durchsägt am Flughafen Wien-Schwechat symbolisch einen rot-weiß-roten Grenzbalken und entfernt damit die “letzte Hürde nach Schengen”. An jenem Tag fielen die Personenkontrollen auf Flügen in die damals acht Partnerstaaten Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Spanien und Portugal weg. Auch an zahlreichen kleinen Grenzübergängen zunächst zu Italien und Deutschland wurden keine Überprüfungen mehr vorgenommen; endgültig gingen die Schlagbäume an allen Grenzstationen zu den beiden Ländern dann im April 1998 hinauf.

Österreich wurde nun endlich Schengen-Vollmitglied – nach knapp dreijährigen Verhandlungen quasi ein Ritterschlag. Widerstand gegen die Grenzöffnung war aus Deutschland, insbesondere aus Bayern, gekommen. Dort warnten Regierungsverantwortliche vor einer “verschärften Sicherheitslage”, verursacht durch illegale Einwanderung – Befürchtungen, die 18 Jahre später die Schlagbäume tatsächlich wieder sinken ließen.

20 Jahre …sterreich im Schengenraum
20 Jahre …sterreich im Schengenraum

14. September 2015 – Bayern führt an der Grenze zu Österreich “temporäre Grenzkontrollen” ein. Österreich folgt zwei Tage später mit denselben Maßnahmen an den Grenzen zu Slowenien und Ungarn. Auch Grenzzäune kamen rund 26 Jahre nach dem Mauerfall wieder in Mode. Der Grund: Eine Entscheidung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die Europa grundlegend verändern sollte.

Hunderttausende Menschen – vorwiegend aus dem Bürgerkriegsland Syrien – machten sich im Sommer 2015 auf den Weg nach Europa. In Ungarn waren bis Mitte August 2015 bereits 150.000 Flüchtlinge registriert. Das Nachbarland Österreichs war mittlerweile Schengen-Mitglied. Weil es an der Außengrenze liegt, musste es alle Einreisenden kontrollieren. Es herrscht Chaos am Bahnhof Budapest. Ungarn lässt keine Züge mehr Richtung Westeuropa fahren, dort, wo der Großteil der Flüchtlinge eigentlich hin will.

Tausende machen sich auf den Weg nach Österreich und Deutschland

Und dann, Ende August, trifft Berlin die folgenschwere Entscheidung: Deutschland will – auch wenn die Dublin-Regelung es anders vorsieht – nun unregistrierte Flüchtlinge aus Syrien anerkennen. Zuerst Hunderte, später tausende Menschen, die bis dahin in Ungarn ausharrten, machten sich auf den Weg in Richtung Österreich und Deutschland. Die Grenzbalken blieben oben, ein Durchmarsch war möglich.

Dass bis heute von “Merkels Grenzöffnung” gesprochen wird, ist irreführend. Denn eigentlich waren die Balken in dem grenzfreien Reiseraum, dem mittlerweile bis auf Großbritannien, Irland, Zypern, Bulgarien, Rumänien und Kroatien alle EU-Staaten sowie die Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein angehören, nie unten. Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen kontrollieren aber nach wie vor an Teilen ihrer Grenzen.

Notfallmechanismus seit 2013

Der Schengener Grenzkodex erlaubt dies auch. Seit 2013 besteht ein Notfallmechanismus, der Schengen-Staaten die Wiedereinführung der Binnen-Grenzkontrollen bis maximal zwei Jahre zulässt, wenn die EU-Außengrenze durch ein anderes Schengen-Land dauerhaft und ernsthaft nicht gesichert werden kann. Der Notfall wurde 2015 aktiviert, weil Griechenland seinen Verpflichtungen nicht nachkam.

Die zwei Jahre sind im November 2017 abgelaufen. Auf Druck von Österreich, Deutschland und Frankreich schlug die EU-Kommission neue Regeln für den Schengenraum vor. Dauerhafte Kontrollen an den Binnengrenzen sollen auch bei Terrorgefahr leichter eingeführt werden können und mindestens drei Jahre betragen dürfen. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen der Änderung des Schengener Grenzkodex noch zustimmen.

Neben dem Wegfall der Binnengrenzen brachte Schengen auch einen verstärkten Polizei-Datenaustausch. Seit April 2013 ist das elektronische Fahndungssystem SIS II (Schengener Informationssystem) im Einsatz. Ein Backup ist im zentralen Ausweichsystem des Bundes in St. Johann im Pongau gespeichert.

EU-Innenkommissar Dimitris Avromopoulus nannte “Schengen eine der größten Leistungen der EU und unumkehrbar”. Aber die von Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg und den Niederlande im Juni 1985 ins Leben gerufene Übereinkunft funktioniert heute nur noch begrenzt.

(APA/Red.)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Österreich
  • 20 Jahre Österreich im Schengenraum