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180 Tage NEOS: Chris Alge beantwortet meistgestellte Fragen

Damals hatten Chris Alge und Sabine Scheffknecht noch ein gutes Verhältnis
Damals hatten Chris Alge und Sabine Scheffknecht noch ein gutes Verhältnis ©VOL.AT/Hartinger
Der Wahlkampf ist in vollem Gange und der frühere Landessprecher der NEOS, Chris Alge, wird auf Facebook geradezu mit Fragen bombardiert. Die meistgestellten hat er nun in einem Post auf seiner privaten Seite zusammengefasst und beantwortet. Für seine alte Partei ist der Beitrag aber ein großes Lügenkonstrukt.
Chris Alges "letztes" Interview
Alge als NEOS-Landessprecher

Chris – was ist passiert?

Matthias Strolz hat mich am 4. November 2013 gefragt, ob ich NEOS Vorarlberg mit aufbauen will – das habe ich mir auf Mauritius und La Reunion in 3 Wochen Urlaub überlegt und das dann getan. Sein Grundsatz war, dass NEOS eine Bewegung mit Menschen aus der Mitte der Gesellschaft ist, mit den Kernpunkten Demokratie und Transparenz. Ich habe darauf vertraut, dachte, das passt. Wir bauen ein tolles Team auf, bringen eigene Ideen in Vorarlberg ein.

NEOS und Inhalte – wie stehst du dazu?

Ich bin ein liberaler Typ und möchte, dass nicht alles reglementiert und vorgeschrieben wird. Auf der anderen Seite bin ich auch der Ansicht, dass der Staat die Grundrechte des Menschen schützen soll – Wasser, Gesundheit, Bildung, Verkehr – wozu ist er sonst da ? Wir sehen weltweit, dass das überall dort aus dem Ruder läuft, wo diese Grundwerte privatisiert und den Großkonzernen überlassen wird.

Es kamen Anfang 2014 einige Statements von den NEOS, über die ich nicht glücklich war und für die ich auch nicht stehe: Wasserversorgung privatisieren, Gesundheitssystem privatisieren, Neutralität abschaffen, Freihandelsabkommen TTIP, “Bio-Fracking” und das Tüpfelchen auf dem i war dann der Verkauf der Illwerke. Das kam nicht gut an und es wurden in der Folge T-Shirts gedruckt wie “Wasser ist uns heilig” und “I love Illwerke”… Ich kenne aber aus erster Reihe das Gedankengut und in welche Richtung das auch in Zukunft läuft. Damit will ich nichts zu tun haben – auch nicht damit, 17 Schnapsideen vorzubringen und 18 mal zurückzurudern. Das ist keine Handschlagqualität und damit kann man keinen Staat machen.

Das NEOS Vorarlberg Personal – was ist das bitte?!?

Ein eigenes Thema und daher muss ich etwas ausholen, damit man das im Ansatz verstehen kann. Ich bin angetreten, um mit einer kompetenten Truppe in den Landtag einzuziehen: Mit Primar Mathias Scheyer, einem ideenreichen Mediziner und warmherzigen Menschen, mit Gudrun Walser, einer ausgewiesenen Bildungsexpertin, dem Bio-Bauer Ruppert Burtscher und auch einem Christoph Waibel vom ORF. Dazu weitere gute Leute wie Bernd Simons, Horst Werner Schneider, Eva-Maria Hämmerle – so weit so gut …

NR Gerald Loacker wehrte sich mit Händen und Füssen gegen eine starke Landesorganisation. Dazu muss man wissen, dass Gerald Loacker von der ÖVP vor 10 Jahren abgesägt wurde und auch vom NEOS Vorstand bei der Nationalratswahl 2013 von Platz 4 auf 19 gereiht wurde – zwei totale Waterloos für ihn. Er sitzt heute nur im Nationalrat, weil er das Mandat, das eigentlich Matthias Strolz in Vorarlberg errungen hat, bekommen hat. Er wollte das Heft in Vorarlberg aber unbedingt und mit aller Macht in der Hand halten und scharte eine Truppe von Personen um sich, die leicht zu kontrollieren sind. Aus psychologischer Sicht ist es sicherlich verständlich, nicht aber im Sinne einer übergeordneten Idee – auch ein Team funktioniert nicht so. Jetzt steht da – so hart es klingt – auf den ersten 4 Plätzen bei der Landtagswahl eine Marionettentruppe. Sabine Scheffknecht war 12 Jahre Sekretärin und erklärt uns jetzt die Wirtschaft in Vorarlberg – super …

Wie ist das mit Christoph Waibel gelaufen?

Nachdem ich im Dezember 2013 Landessprecher wurde, habe ich gleich darauf mit Christoph Waibel Kontakt aufgenommen, weil ich ihn mir gut als Spitzenkandidat bzw. Landtagsabgeordneten vorstellen konnte. “Den Christoph Waibel können wir nicht brauchen, der haut uns die Vorwahl zusammen!” Ich habe zuerst gedacht, ich habe mich verhört, als mir Gerald Loacker das sagte. Ich erinnerte ihn kurz daran, dass wir schon in einer Partei sind mit den Werten Demokratie und Transparenz an oberster Stelle. “So aber dann auch nicht”, das war exakt seine Antwort. Für Christoph Waibel war es hingegen überhaupt kein Thema, sich auch einer NEOS-Vorwahl zu stellen (die es dann gar nicht gab). Gerald Loacker und Sabine Scheffknecht haben ihm dann klar signalisiert, dass er nicht willkommen ist. In meinen Augen ist Christoph Waibel ein ehrlicher und offener Typ, der sich für die Menschen in diesem Land einsetzen wird – jetzt eben bei einer anderen Partei.

Wie war das mit der Wahlmanipulation wirklich?

Die NEOS hatten von Dezember 2013 bis Juni 2014 rund 155 Mitglieder in Vorarlberg. Als Ende Mai aus heiterem Himmel die öffentlichen Vorwahlen abgesagt wurden, haben Gerald Loacker, Sabine Scheffknecht und die anderen 3 “Spitzenkandidaten” (auf der Liste Platz 2 bis 4) innerhalb von 2 Wochen 45 Mitglieder “organisiert” (Kosten 4.000 Euro) und mit sogenannten Stimmübertragungen die Landtagsliste der NEOS manipuliert. Am 28. Juni waren im Gasthaus Lamm in Bregenz 30 Personen anwesend und 75 Stimmzettel wurden abgegeben. Der Geist von Demokratie und Transparenz, die eigentlichen NEOS-Säulen – und mit ein Grund, wieso ich zu den NEOS gekommen war – wurde dabei mit Füßen getreten. Diese Vorgangsweise wurde mir im Juni bekannt – ich wollte mit diesen Leuten nichts mehr zu tun haben und bin dann sofort ausgetreten. Die beiden Bezirkskoordinatoren aus Bregenz und Bludenz haben ihr Amt mittlerweile ebenfalls niedergelegt und auch die beiden Feldkircher treten zur Landtagswahl gar nicht mehr an.

Im Klartext: Die öffentliche Vorwahl – für viele DAS Argument schlechthin für NEOS und eine funktionierende Bürgerbeteiligung in der Politik – wurde aus Angst, dass die “Falschen” an die Spitze kommen, einfach abgesagt – eine Schwachpartie ohnegleichen von Matthias Strolz.

Ich persönlich glaube, dass man im Leben auf einer Lüge gar nichts aufbauen kann – keine Firma, keine Familie, keine Freunde und auch keine Partei. Auf der anderen Seite dreht sich bei NEOS mittlerweile das meiste auch nur ums Geld und die Posten. Dazu kommt, dass NEOS die einzige Partei in Vorarlberg ist, die keine eigene Rechtspersönlichkeit hat. Falls die NEOS also mit 8 Prozent und somit Clubstärke in den Landtag einziehen, wandern die 297.000 Euro pro Jahr (!) direkt zum Bund. Rund 1,5 Mio. Euro in 5 Jahren. Der Landessprecher kann dabei gerade einmal über 2.000 Euro selbst entscheiden – da hatte ich natürlich auch meine Einwände, wie in so vielem, was man vorher nicht wirklich wissen kann. Für 4.600 Euro Landtagsgehalt im Monat, garantiert auf 5 Jahre, scheint aber vielen Menschen vieles egal zu sein.

Wieso bist du nach 180 Tagen aus der Partei ausgetreten?

Ich habe 180 Tage Politik erste Reihe fußfrei erlebt und das läuft komplett konträr zu meinem Leben, in dem Verantwortung und Vertrauen ganz oben stehen. Natürlich bin ich wie viele andere auch enttäuscht, aber ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse. Ich wollte das schon immer machen – jetzt weiß ich dafür aus erster Quelle, dass ich das nicht brauche . Persönlich kann ich nicht verstehen wie Menschen so unehrlich und opportunistisch leben können. Die überpeinlichen Auftritte in den Diskussionen zeigen jetzt aber auch, dass die Rechnung immer kommt. Ich selber habe einen tollen Job und eine coole Familie – bin auch persönlich und finanziell unabhängig. Das war für mich übrigens sehr wichtig, um überhaupt in die Politik gehen zu können.

Die Summe aller Fakten und Erlebnisse in 180 Tagen bei den NEOS ergibt ein klares Bild – der Austritt war die einzige logische Konsequenz.

Wer bist du und wieso tust du dir die Politik überhaupt an?

Nach der Matura war ich auf der Militärakademie, 10 Jahre Offizier, 18 Jahre Unternehmer, ich bin verheiratet und Vater von 4 Kindern. Ich habe als Umweltaktivist gesehen, dass man Dinge verändern kann – auch mit Visionen wie HIGH 5, der Oudoortrophy und auch als zweifacher Innovationspreisträger. Wir leben in einem fantastischen Land, das mir sehr am Herzen liegt, auch die Menschen die hier leben. Meine Themen, die mich schon ein Leben lang begleiten, sind Umwelt, Tourismus, Sport und Sicherheit. Ich habe auf allen 5 Kontinenten jeweils über ein Jahr gelebt – da wollte ich mich einfach einbringen. Es hat nicht sollen sein – die Erde dreht sich trotzdem weiter.

(Quelle: Facebook)

Die Reaktion der NEOS:

“Wir werden unsere Energie nicht in die Richtigstellung zahlloser, offensichtlicher Unwahrheiten investieren. Stattdessen nützen wir die Zeit, mehr Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass gerade dieser Stil in der Politik nichts mehr verloren hat. Manche kommen, andere gehen. So ist das bei einer jungen Bewegung. Wir lösen unsere Personalprobleme, andere Parteien tragen sie Jahrzehnte mit sich herum.

Besonders die Aussagen über Sabine Scheffknecht zeugen davon, dass Herr Alge wohl unzufrieden damit ist, nicht Spitzenkandidat geworden zu sein. Es war der Wunsch der Mitglieder, dass Sabine Scheffknecht das Team in den Landtagswahlkampf führt. Wir NEOS stehen zu unserem basisdemokratischen System und wollen unsere Listen auch weiterhin durch Vorwahlen erstellen. “

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