1.600 Öl-, Gas- und Kohle-Lobbyisten auf UNO-Klimagipfel
Ausgewertet wurden öffentlich zugängliche Daten des Klimasekretariats der Vereinten Nationen (UNFCCC). Der Analyse zufolge haben die Lobbyisten mehr Zugangspässe als alle Delegationen der zehn durch die Erderwärmung verwundbarsten Staaten. Namentlich sind dies der Tschad, Niger, die Salomonen, Mikronesien, Guinea-Bissau, Sudan, Somalia, Tonga sowie Sierra Leone, Somalia und Eritrea. Sie kommen zusammen nur auf 1.061 Delegierte in Belém.
Oft gehören solche Lobbyisten zu Handels- oder Wirtschaftsverbänden, die zu den Klimakonferenzen "Beobachter" entsenden dürfen. Der Analyse zufolge wurden sogar 164 Lobbyisten direkt über Regierungsdelegationen akkreditiert. Frankreich etwa habe in seiner offiziellen Delegation 22 Vertreter aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe, darunter fünf von TotalEnergies. Und insgesamt 599 der rund 1.600 Lobbyisten haben eine "Party Overflow"-Akkreditierung, was ihnen Zugang bis in innere Verhandlungszirkel verschafft.
Die Koalition aus Dutzenden Umwelt- und Klimaorganisationen fordert nun, dass die Vereinten Nationen künftig große Umweltverschmutzer von Klimagipfeln ausschließen, damit sie hinter verschlossenen Türen, auf den Gängen oder bei informellen Treffen keinen Einfluss auf die Delegierten nehmen können. Das Argument: Deren Lobbyinteressen widersprächen fundamental dem völkerrechtlichen Auftrag der Klimakonferenz, die Erderwärmung einzudämmen. Überdies müssten alle Teilnehmer verpflichtet werden, ihre Finanzquellen und potenzielle Interessenskonflikte offenzulegen, um Transparenz zu schaffen.
Regierungen als Komplizen
Global 2000 sprach sich in einem Statement am Freitag dafür aus, dass fossile Lobbyisten bei Klimagipfeln nicht länger zugelassen werden sollten. "Die Entscheidungstragenden müssen endlich auf diejenigen hören, die die Energiewende vorantreiben wollen und nicht auf diejenigen, die mit der Zerstörung unseres Planeten Milliarden verdienen," sagte Johannes Wahlmüller, der Klima- und Energiesprecher der NGO.
Ivonne Yanez von Accion Ecologica aus Ecuador sagte, die Öl-, Gas- und Kohlekonzerne trieben die Welt in den Abgrund. Und viele Regierungen seien ihre Komplizen, weil sie Fossil-Lobbyisten zu Klimagipfel mitbringen oder zumindest dulden. "Seit 30 Jahren bieten Klimagipfel den Ölkonzernen eine ideale Bühne, um ihr Image aufzupolieren, Geschäfte zu machen und neue Wege zu finden, um ungestraft ihre Umweltverbrechen zu begehen."
Die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle setzt das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid frei, das den Planeten gefährlich aufheizt. Die fatalen Folgen sind häufigere und heftigere Dürren, Hitzewellen, Waldbrände und Stürme. Auf der Klimakonferenz in Dubai 2023 haben sich eigentlich alle 200 Staaten auf eine Abkehr von diesen fossilen Brennstoffen geeinigt, doch gibt es in vielen Staaten Ausbaupläne.
Ein Lobbyist kommt auf 25 Delegierte
In Dubai waren der damaligen Analyse zufolge sogar mehr als 2.450 Fossil-Lobbyisten akkreditiert - ein Rekord. Im Vergleich ist die Teilnehmerzahl bei der COP30 nun geringer, auch liegt sie unter der des letztjährigen Gipfels in Aserbaidschan. Doch gestiegen ist der relative Anteil der Lobbyisten, jetzt in Belém kommt nämlich fast ein Lobbyist auf 25 Delegierte.
Jax Bonbon von der Entwicklungsorganisation Ibon International mit Sitz auf den Philippinen sprach von einer Farce, dass so viele Lobbyisten da seien. "Es ist empörend anzusehen, wie ihr Einfluss Jahr für Jahr zunimmt." Leidtragende seien der UNO-Prozess und die betroffenen Menschen, die unter den Folgen der Klimakrise leiden.
(APA/dpa)
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