Ein 21-jähriger Mann aus Dornbirn vergewaltigt innerhalb von zwei Tagen zwei Frauen. Was beide Täter gemeinsam haben: Sie wurden beide wegen ihrer Verbrechen eingesperrt und haben nach ihrer Haftentlassung dieselben Straftaten erneut verübt. Sie sind klassische Rückfall- bzw. Wiederholungstäter.
Sehr hohe Rate
Für Prim. Dr. Reinhard Haller, Leiter des Suchtkrankenhauses Maria Ebene in Frastanz, ist dieses Phänomen keineswegs ü berraschend . Internationale Untersuchungen haben gezeigt, dass jeder vierte Pädophile sich wieder an Kindern vergehen wird, die ungünstigste Studie behauptet, dass sogar die Hälfte aller Pädophilen wieder rückfällig wird. So oder so: eine sehr hohe Rate . Bei Vergewaltigern betrage die Rückfallquote zehn bis 25 Prozent.
Diebe und Einbrecher
Das Problem allein auf die Themen Kinderschänder und Vergewaltiger zu beschränken, ist für Haller kurzsichtig: Wir müssen uns im Klaren sein, dass Kriminalität an sich mit Rückfälligkeit verbunden ist. Nehmen Sie doch nur die Liste der Diebe und Einbrecher: Sie werden sehen, dass zahlreiche Diebe und Einbrecher von der Polizei festgenommen und von Gerichten verurteilt werden. Etliche von denen, die ihre Haftstrafe verbüßt haben, werden früher oder später wieder einen Diebstahl oder einen Einbruch verüben. Die Rückfallquote bei Eigentumsdelikten liegt bei 60 bis 70 Prozent. Während Diebe und Einbrecher in der Regel in den ersten beiden Jahren nach der Haftentlassung rückfällig werden, kann das bei Vergewaltigern noch bis zu 15 Jahre nach der Entlassung geschehen.
Faktor Mensch
Psychiater und Therapeuten versuchen u.a., das Böse, die böse Energie im Menschen, so gut als möglich in den Griff zu bekommen. Vor Tätern, die als sehr gefährlich eingestuft werden, muss die Gesellschaft dauerhaft geschützt werden. Bei leichteren Formen sind andere Wege möglich. Ich habe bei jedem Gutachten Bauchweh und gewisse Ängste. Ein Restrisiko bleibt immer , verweist Haller auf die Grenzen seines Berufsstandes. Mit dieser Tatsache müssen wir leben , sagt der international anerkannte Psychiater und Gerichtssachverständige. Kein Mensch kann sagen, wie das Wetter nächste Woche wird. Schon gar nicht kann man mit Sicherheit sagen, wie ein Mensch in bestimmten Situationen unter bestimmten Umständen reagieren wird. Menschliche Prognosen hätten stets beschränkte Gültigkeit, oder, wie Karl Valentin sagte: Prognosen sind schwierig wenn sie die Zukunft betreffen.
Mehr Befugnisse
Umso wichtiger sei die enge Zusammenarbeit zwischen Gericht, Gutachtern, Therapeuten und Bewährungshelfern. Gericht und Polizei sollten zudem mehr Handlungsspielraum haben, wenn sich eine Person – wie zuletzt in Bludenz – der Behandlung bzw. Kontrolle entziehen will.
Wenn man allerdings absolut sicher gehen will , so Haller, müsste man alle wegsperren, die jemals eine Straftat verübt haben. Das wären dann zehntausende Menschen in Österreich.
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