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„Auf- und Anreger des Jahres“

Der Rauswurf von Schachner bei Austria Wien und die Verpflichtung von Daum als neuem Trainer war der bisher letzte Akt eines mehr als bewegten Schauspiels im Jahr 2002.

Der große „Aufreger des Jahres“ war der Niedergang des schwer verschuldeten Meisters FC Tirol, danach wurde der Ruf des österreichischen „Operetten-Fußballs“ mit Streitigkeiten a la Kartnig-Osim, Rapid-Matthäus oder der fragwürdigen Aufhebung der “9+9-Regelung“ weiter untermauert.

Weitere bemerkenswerte Ereignisse waren die Ernennung von Hans Krankl zum Teamchef, die Kür von Friedrich Stickler zum ÖFB-Präsidenten und die perfekte Bewerbung von Österreich/Schweiz für die EM-Endrunde 2008.

Jänner: Nach mehr als fünfstündiger Sitzung einigt sich die ÖFB-Task Force auf Hans Krankl als neuen Teamchef. ÖFB-Präsident Beppo Mauhart erklärt nach fast 18 Jahren seinen Rücktritt, um „einen ÖFB-Präsidenten Stronach zu verhindern“. Stickler wird zum Nachfolger ernannt und im April in der ÖFB-Hauptversammlung in Bad Tatzmannsdorf gewählt.
Jänner: Der schwer verschuldete Erstdivisionär SV Braunau muss den Spielbetrieb einstellen.

März: Die Wiener Austria scheitert im Cup-Achtelfinale an Erstdivisionär und Kooperationsklub Untersiebenbrunn, bei dem sechs Spieler der Violetten unter Vertrag sind. Sportdirektor Svetits sorgt danach für Aufsehen, weil er die Niederösterreicher kritisiert, sie hätten mit „zu großem Einsatz“ gegen den „großen Bruder“ gespielt. „Es ist schlicht und einfach ein Ding der Unmöglichkeit, dass Spieler gegen ihren Arbeitgeber Arbeit verrichten“.


Juni:
Nach einem mehrmonatigem Hickhack entzieht die Bundesliga dem Meister FC Tirol, der kolportierte Schulden von 16 Millionen Euro hat, die Lizenz für die kommende Saison. Manager Hochstaffl wird vorläufig in U-Haft genommen, gegen Präsident Bruckmüller und dessen Vorgänger Kerscher werden Untersuchungen eingeleitet. Als Nachfolgeverein wird die SPG Wattens/Wacker gegründet, die momentan sehr erfolgreich in der Westliga spielt.

Juni: Rapid liefert mit Platz acht die schlechteste Saison in der Vereinsgeschichte ab. Matthäus wird als Teamchef von Rapid entlassen, danach folgt eine Schlammschlacht. „Ich habe immer geglaubt, Bayern München ist eine Schlangengrube, aber jetzt weiß ich, dass die Schlangengrube Rapid noch viel tiefer ist“, meint der Deutsche und will Rapid sogar auf Wiedereinstellung klagen. Rapid-Präsident Edlinger kontert: „Matthäus geht in die Rapid-Geschichte ein. Noch nie hat es einen erfolgloseren und teureren Trainer gegeben. Er war eine klare Fehlinvestition. Ich bin menschlich schwer enttäuscht, auch weil ich ihn intellektuell überschätzt habe.“


Juli:
Bundesliga-Geschäftsführer Reinhard Nachbagauer wird mit Thomas Kornhoff ein gleichberechtigtes Vorstands-Mitglied zur Seite gestellt, weil ihm in der Causa Tirol „Kompetenz-Überschreitungen“ vorgeworfen werden. Einen Monat später scheidet Nachbagauer, dessen Vertrag bis Februar 2003 gelaufen wäre, wegen „Kommunikationsschwierigkeiten“ aus der Bundesliga aus. Als aussichtsreichster Nachfolge-Kandidat gilt Ex-FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler.
Ausschreitungen von (angeblichen) Rapid-Fans beim Freundschaftsspiel gegen Arsenal in Eisenstadt führte zum Abbruch und auch im Nachhinein zu einer größeren Aufregung (Bürgermeister Nemeth:
„Rapid wird bis auf weiteres nicht mehr eingeladen“),auch im Hinblick auf die gemeinsame EM-Bewerbung mit der Schweiz.


August:
Die ersten vier Meisterschaftsspiele von Erstligist Bad Bleiberg werden mit 0:3 strafverifiziert, weil die Kärntner Katanha (in gutem Glauben) eingesetzt haben, der aber nicht spielberechtigt gewesen wäre. Die Bleiberger legen Protest ein, derzeit liegt der Ball beim ständig neutralen Schiedsgericht der Bundesliga. Für den Fall eines negativen Entscheids kündigt Sportdirektor Sitter eine Millionenklage vor einem Zivilgericht an.
August: Die Wiener Austria verhandelt mit Effenberg. Trainer Schachner steht einem möglichen Wechsel des ehemaligen Bayern-Stars nach Favoriten mit Skepsis gegenüber. Effenberg sagt „aus privaten Gründen“ ab und entscheidet sich noch am selben Tag für Wolfsburg, die „Veilchen“ verpflichten knapp vor Transferschluss die Brasilianer Djalminha und Julio Cesar.
Österreich und die Schweiz präsentierten den UEFA-Inspektoren, was von diesen auch nachdrücklich bestätigt wurde, eine perfekte Bewerbung für die EM 2008.


September:
Der schon länger schwelende Streit zwischen Sturm-Boss Kartnig und Trainer Ivan Osim eskaliert. Kartnig fährt nach dem Ausscheiden in der Champions-League-Quali schwere Geschütze auf:
„Osim ist feig wie kein Zweiter…. Er hat keine Manieren.“ Kurz darauf tritt Osim nach acht Jahren bei Sturm als längstdienender Trainer der Bundesliga zurück.
September: Vastic, der im Juni Sturm Graz in Richtung Japan verlassen hat, kündigt an, wegen der strapaziösen Übersee-Reisen nicht mehr für das Nationalteam spielen zu wollen. ÖFB-Präsident Stickler verweist auf Teamchef Krankl. „Falls Vastic nominiert werden sollte und nicht erscheint, droht ihm eine Sperre seitens der FIFA“. Krankl verzichtet im Oktober auf eine Einberufung des gebürtigen Kroaten, der von ihm nie mehr in die Nationalelf berufen wird.
September: Die “9+9“-Regelung wird abgeschafft und damit der Einsatz von beliebig vielen Ausländern möglich. Dafür gibt’s Prämien für die Klubs, deren Höhe sich daraus ergibt, wie viele Österreicher wie lange spielen. Krankl ärgert sich: „Ein Jammer. Die Situation mit den vielen Legionären ist schlimm genug, jetzt wird sie noch schlimmer.“
September: Brunmayr wirft zur Pause der UEFA-Cup-Partie des GAK in Nikosia (0:2) erbost die Kapitänsschleife zu Boden. Trainer Keglevits verbannt den Goalgetter wie auch Amerhauser und Kollmann aus dem Kader. Brunmayr wird vor dem Rückspiel pardoniert und muss vor laufender Kamera eine erniedrigende Entschuldigungs-Erklärung verlesen. Der GAK erreicht trotz Brunmayr-Rückkehr im Rückspiel im Oktober nur ein 1:1, womit erstmals in der Geschichte ein österreichisches Team gegen Zyprioten ausscheidet.

Oktober: Tabellenführer Austria Wien schickt überraschend Trainer Schachner in den „Urlaub“ und präsentiert Daum als dessen Nachfolger. Schachner hatte die „Veilchen“ zur Tabellenspitze mit vier Punkten Vorsprung auf Pasching und in die zweite UEFA-Cup-Runde geführt.

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