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„Wollte wieder Rennen fahren“

VN Interview -  Christian Klien über Formel 1, sein Aston-Martin-Team und die DTM 2012. Der erste Renneinsatz des Hohenemsers verschiebt sich auf den 11./12. Juni in Le Mans.
Hast du einen Schlussstrich unter die Formel 1 gezogen?

Klien: Nicht wirklich. Die Formel 1 ist halt einmal die Spitze des Motorsports. Gut: Mein letztjähriges Team HRT wird auch heuer nicht den Anschluss ans Mittelfeld finden. Du musst viel Geld bringen und fährst dort hinterher. Da fragt man sich schon, ob das einen Sinn macht. Das gewaltige Budget war einfach unmöglich aufzustellen. Vorerst bin ich froh, dass ich jetzt diesen Weg eingeschlagen habe und bei Aston Martin LMP1-Sportwagen-Werksfahrer bin.

Du hast „Plan B“ sehr schnell realisiert.

Klien: Nachdem klar war, dass ich heuer in der F1 nicht mehr unterkomme, haben ein paar Teams bei mir angeklopft, u. a. eben die Sportwagenschmiede Aston Martin. Wir sind sofort nach England geflogen, haben uns die Rennabteilung in Banbury angeschaut und uns das Rennprogramm zeigen lassen. Die Firma „Prodrive“ von Ex-F1-Teamchef Dave Richards ist quasi die Rennabteilung von Aston Martin. Die sind wirklich breit aufgestellt: Sportwagen, Rallye-WM, Tourenwagen, etc. George Howard Chappell ist für das LMP1-Sportwagen-Projekt zuständig. Die 550 PS starken LMP1-Boliden waren für mich der nächstlogische Schritt. Innert zwei Wochen war mit Aston Martin alles geregelt. Ich habe vorerst einen Ein-Jahres-Vertrag unterzeichnet. Meine Teamkollegen sind Stefan Mücke und Darren Turner.

Warum wurde die Zusammen­arbeit mit Peugeot beendet?

Klien: Peugeot konnte mir zu jenem Zeitpunkt nur mehr den Job als Ersatzfahrer anbieten. Ich war jetzt praktisch vier Jahre lang auf der Ersatzbank. Wenn du jedes zweite Wochenende an den Rennstrecken bist und warten musst, bis du vielleicht zum Einsatz kommst, das steht dir dann irgendwann bis hierher. Ich wollte unbedingt wieder Rennen fahren und Aston Martin wollte mich als Werksfahrer. Jetzt bin ich wieder ein richtiger Racer. Klar ist es etwas ruhiger geworden. Aber ich bin happy, wie es jetzt ist. In der Sportwagenszene sind die Boxen frei zugänglich. Das ist Motorsport. In der Formel 1 war unglaublich viel Politik und wirklich nicht alles so glamourös.

Aber auch bei Aston Martin scheinst du im Moment vom Regen in die Traufe gekommen zu sein. Das Auto ist noch eine rollende Großbaustelle. In Le Castellet und beim Le-Mans-Vortest am Ostersonntag gab es noch gravierende Probleme mit dem Turbo-Motor.

Klien: Das ist leider korrekt. Beim Le-Mans-Vortest sind uns beide Motoren hochgegangen. Es hat sich herausgestellt, dass sich die Zylinderbeschichtungen aufgelöst haben und dadurch eine zu große Reibung entstanden ist. Uns fehlten noch etliche Stundenkilometer und PS auf die Gegner. Das Problem ist, dass Aston Martin erst im Herbst des Vorjahres sich für ein neues Motorenkonzept (2-Liter-6-Zylinder-Reihenmotor mit Aufladung) entschieden hat und momentan drei, vier Monate in der Entwicklung hinterherhinkt. Momentan wären wir sicherlich noch nicht in der Lage, 24 Stunden durchzufahren. Die Verantwortlichen haben deshalb gerade aktuell entschieden, dass wir am 7. Mai nicht bei dem 6-h-Rennen von Spa teilnehmen werden, wodurch sich mein erster Renneinsatz in diesem Jahr auf das 24-h-Le-Mans-Wochenende verschieben wird. Bis dahin werden unsere Motorentechniker versuchen, die Probleme zu beheben. Ich bin guter Dinge, denn die 60-Mann-Truppe ist sehr gut aufgestellt. Sie haben z. B. innert zwei Wochen schon 60 PS gefunden, Bosch wird noch eine neue Einspritzung liefern, usw. Statt dem Rennen in Spa werden wir im spanischen Aragon und dann am 31. Mai nochmals in Monza ausgiebig testen. Außer den Motorenproblemen gibt es nichts zu bemängeln: Das Auto liegt sehr gut und die Aerodynamik ist super.

Welche Rennen außer Le Mans stehen noch in deinem Terminkalender?

Klien: Fixiert sind noch mindestens vier Rennen zum Intercontinental Le Mans Cup (ILCM): Silverstone im September, zwei Rennen in Amerika in Road Atlanta und Laguna Seca im Oktober und dann noch Zuhai in China am 12. November.

War während der Verhandlungsphase heuer im Winter eigentlich auch die DTM eine mögliche Alternative?

Klien: Die DTM ist definitiv ein Thema. Für heuer war allerdings schon alles zu, aber 2012 kommt BMW, wohin ich weiterhin sehr gute Kontakte habe. Die DTM kann mit drei Herstellern sehr interessant werden. Ein DTM-Engagement kann dann sicherlich angedacht werden.

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