Auf Bundesebene scheidet das Ansinnen einer verpflichtenden gemeinsamen Obsorge die ministeriellen Geister. Vertreter von Einrichtungen, die täglich mit Scheidungs- und Trennungsproblemen zu tun haben, sind sich hingegen einig. Wenn das Kindeswohl gesichert ist, spricht nichts gegen eine rechtliche Verankerung der gemeinsamen Verantwortung, deklariert sich etwa Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch als klarer Befürworter einer gesetzlich verordneten Obsorge. Maria Feurstein, Bereichsleiterin der IfS-Familienarbeit, sieht darin sogar eine Stärkung der Elternschaft. Von Zwangsbeglückung könne keine Rede sein. Vielmehr handle es sich um eine gesellschaftliche Anforderung.
Mediation vor Gericht
Dass die Diskussion bereits jetzt so polarisiert, hält Michael Rauch allerdings für unzweckmäßig. Zumal es noch nicht einmal wirklich konkrete Vorschläge gebe. In einer Arbeitsgruppe, die am 20. September erstmals tagen soll, wird auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft vertreten sein. Ab dann erwartet sich Rauch Substanzielleres. Gegen die Einführung der verpflichtenden Obsorge als Regelmodell hätte er aber insgesamt nichts einzuwenden. Das könnte für eine vor dem Standesbeamten geschlossene Partnerschaft ebenso gelten wie für eine Lebensgemeinschaft. Rauch verweist darauf, dass die freiwillige gemeinsame Obsorge in den meisten Fällen auch funktioniere.
Größere Schwierigkeiten gibt es mit dem Besuchsrecht, sagt Rauch. Das treffe zudem die Kinder stärker. Klappt es mit der verpflichtenden Obsorge trotzdem nicht, sollte zuerst mit Mediation nachgeholfen werden, ehe die Angelegenheit vor dem Pflegschaftsgericht landet. Als sinnvolle Sache und ein Ernstnehmen von Elternschaft bezeichnet Maria Feurstein die angestrebte Maßnahme. Denn Elternschaft sei nicht trennbar. Und was, wenn Mutter und Vater nach einer Scheidung nicht miteinander können? Dann müssen sie es sich gefallen lassen, dass jemand mitredet, plädiert die IfS-Bereichsleiterin ebenfalls für eine Beratung.
Es werde immer Fälle geben, wo eine verpflichtende Obsorge nicht gelinge. Aber wir können sie deutlich reduzieren, wenn sie den Eltern abverlangt wird, ist Maria Feurstein überzeugt. Auch ihren Erfahrungen zufolge macht das Besuchsrecht mehr Probleme. Dass sich getrennte Eltern in den vom Ministerium finanziell unterstützten und vom IfS begleiteten Besuchstreffs außerdem nicht begegnen dürfen, weil sonst die Förderung gestrichen wird, hält Feurstein überhaupt für völlig kontraproduktiv. Vielmehr sollten sie sich in diesem geschützten Rahmen zusammensetzen und reden können, meint sie.
Skepsis wegen Umsetzung
Was die baldige Umsetzung neuer Elternpflichten angeht, zeigt sich Maria Feurstein skeptisch. Die Interessen kontroversiell, das System träge, aber: Die Politik sollte im Sinne der Kinder mutig sein, fordert sie. Jener Elternteil, der die alleinige Obsorge für das Kind bzw. die Kinder anstrebt, müsse nachweisen, dass die gemeinsame elterliche Obsorge dem Kindeswohl abträglich ist, schlägt FP-Familiensprecherin Cornelia Spiß vor. Sie verweist darauf, dass unter den Landtagsparteien weitgehend Konsens darüber bestehe, das Prinzip der Obsorge beider Eltern zu stärken.
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