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„Da müssen wir gegensteuern“

Demographischer Wandel macht auch vor der Feuerwehr nicht Halt. Landesfeuerwehrinspektor Vetter setzt auf Jugendliche und Frauen.
VN Interview. Landesfeuerwehrinspektor Hubert Vetter:
Welche Auswirkungen hat der demographische Wandel auf die Vorarlberger Feuerwehren?

Hubert Vetter: Die Zahl der Gesamtmitglieder ist zwar leicht angestiegen, im Aktivstand stellen wir jedoch eine Stagnation bzw. sogar einen leichten Rückgang fest. Wir haben uns zu diesem Thema eine Studie aus Deutschland angeschaut. Die besagt, dass im Aktivstand pro Jahr mit einem Rückgang von einem Prozent zu rechnen ist. Damüssenwir natürlich gegensteuern, beispielsweise durch Jugendarbeit. Das sind wir sehr aktiv. Ein weiteres Thema sind die Frauen. Bei den aktiven Mitgliedern haben wir einen Frauenanteil von vier Prozent, bei der Jugendfeuerwehr sind es zwischen acht und zehn Prozent.

Unser Ziel ist es, die Mädchen der Jugendfeuerwehr in den Aktivstand übernehmen zu können. Frauen sind vor allem in Pendlergemeinden einsatztaktisch sehr wertvoll, weil dort während des Tages kaum Männer vor Ort sind. Interessieren sich Jugendliche heutzutage überhaupt noch für die Feuerwehr? Hubert Vetter: Interessanterweise ja. Warum genau das so ist, wissen wir nicht. Ich behaupte jetzt einmal, dass Abenteuerlust, der Wille, Gutes zu tun, Technik und Kameradschaft eine große Rolle spielen. So ein breites Spektrum bieten andere Jugendvereine nicht.

Wie groß ist die Akzeptanz gegenüber Frauen innerhalb der Ortsfeuerwehren?

Hubert Vetter: Das wird ständig besser. Es gibt aber auch sehr konservative Ortsfeuerwehren, für die das noch kein Thema ist.

Gibt es aufgrund der demographischen Entwicklung langfristige Überlegungen, gewisse Ortsfeuerwehren zusammenzulegen?

Hubert Vetter: Das wäre der falsche Weg und ginge zu­lasten der Sicherheit. Nehmen wir an, Sibratsgfäll hätte keine eigene Feuerwehr mehr. Von der nächstliegenden Wehr in Hittisau dauert allein die Anfahrt sieben, acht Minuten. Das ist genau die Zeit, in der sich ein Ereignis entwickeln kann. Laut Hilfsfristvorgabe müssenwir in zehn Minuten am Einsatzort sein. Und zwar mit Leiter, schwerem Atemschutz, Reservetrupp, Schlauch und Wasser. Deshalb gilt es, die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Feuerwehren zu intensivieren.

Könnte die Feuerwehr die Katastrophenhilfe allein bewältigen?

Hubert Vetter: 99 Prozent des Katastrophenhilfsdiensts macht jetzt schon die Feuerwehr. Wenn das Bundesheer – aus welchen Gründen auch immer – seine Assistenzleistungen irgendwann nicht mehr so wahrnehmen kann wie bisher, wäre es aber wichtig, dass der Staat einige Voraussetzungen verbessert.

Die da wären?

Hubert Vetter: Verdienstentgangs- und Dienstfreistellungsregelung sowie eine Belohnung für die Arbeitgeber von Freiwilligen Feuerwehrleuten. Auch über Geld und Ausrüstung wird man reden müssen.

Mitglieder- und Einsatzzahlen: Die Freiwilligen Feuerwehren in Vorarlberg verfügen über 6923 aktive Mitglieder, 695 Ehrenmitglieder, 487 passive Mitglieder und 769 Jugend-Florianis. Im Jahr 2010 gab es insgesamt 1522 Brandeinsätze, 2245 technische Einsätze und 380 nachbarliche Hilfeleistungen, dabei waren die Feuerwehrleute etwa 97.500 Stunden im Einsatz.

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