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Zweifel bleiben: Die lange Suche nach der Wahrheit im Knox-Prozess

Amanda Knox in Abwesenheit zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Amanda Knox in Abwesenheit zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. ©AP
Acht Richter und Geschworene haben über das Schicksal von Amanda Knox und Raffaele Sollecito entschieden. Knapp zwölf Stunden lang berieten sie sich am Donnerstag in Florenz, erst spät am Abend folge schließlich der Schuldspruch. Knox soll für 28 Jahre und sechs Monate, Sollecito für 25 Jahre ins Gefängnis.

Auf der einen Seite standen Widersprüche der Angeklagten und zahlreiche Ungereimtheiten nach dem Mord an der Britin Meredith Kercher im November 2007, auf der anderen Seite Ermittlungspannen und kaum belastbare Indizien. Auch deshalb ist das vierte Urteil vermutlich noch nicht das letzte Wort in dem jahrelangen Justizkrimi.

Zweifel, Ermittlungspannen, Falschaussage

Die Geschichte um den Mord an der 21-Jährigen, die in einer kalten Nacht im November 2007 begann, zieht sich nun schon sechs Jahre hin und nahm viele überraschende Wendungen. Am Mittag des 2. November wurde die nackte Leiche Kerchers gefunden, mit durchschnittener Kehle und etlichen Messerstichen. Das brutale Verbrechen schockierte Italien, die Öffentlichkeit wollte einen Schuldigen. Schienen die schnell verhafteten Knox und Sollecito zunächst wie die klaren Täter, wurden später immer mehr Zweifel laut und Ermittlungspannen bekannt. Doch auch Knox brachte sich mit einer Falschaussage in Bedrängnis.

Bereits viertes Urteil im Fall Knox

Sechs Jahre und drei Prozesse später wurde nun das vierte Urteil für Knox (26) und Sollecito (29) gesprochen. Gegen die mit Spannung erwartete Entscheidung wollen die Anwälte von Knox erneut Berufung einlegen. Der Justizkrimi wird damit um ein weiteres Kapitel ergänzt; bis zu einem endgültigen Schuld- oder Freispruch müssen Knox, Sollecito und die Familie des Opfers Meredith Kercher mindestens einige weitere Monate warten – wenn nicht sogar ein Jahr oder länger.

Rechtskräftiger Schuldspruch wegen Beihilfe

Wirklich sicher ist kaum etwas in dem jahrelangen Krimi um Lüge und Wahrheit. Meredith Kercher wurde brutal ermordet, der bisher einzige rechtskräftig verurteilte Täter ist der Ivorer Rudy Guede – jedoch nur wegen Beihilfe. Der junge Mann wurde 2010 in einem zweiten Prozess zu 16 Jahren Haft verurteilt. Zahlreiche DNA-Spuren Guedes wurden am Tatort gesichert, doch die Richter zeigten sich überzeugt, dass er nicht alleine gehandelt haben könne.

Auch die italienische Justiz interpretierte die Indizien und Beweise in dem Fall auf verschiedene Art und Weise. Während die Staatsanwaltschaft in dem ersten Prozess gegen Knox und Sollecito 2009 davon ausging, Kercher sei bei einem ausgeuferten Sexspiel getötet worden, präsentiert Staatsanwalt Alessandro Crini nun eine andere Theorie. Seiner Ansicht nach wurde die Britin getötet, nachdem sie sich über die verschmutzte Toilette beschwerte. Daraus sei ein gewalttägier Streit zwischen Knox, Sollecito und Guede entbrannt.

DNA-Tests als unzuverlässig eingestuft

2009 wurden Knox und Sollecito auf der Basis von DNA-Tests verurteilt, die später als unzuverlässig eingestuft wurden. Zwei Jahre späer wurden die beiden Hauptverdächtigen deshalb in zweiter Instanz freigesprochen – doch wegen “zahlreicher Mängel, Widersprüche und offensichtlicher Unlogik” wurde dieses Urteil von Italiens höchstem Gericht im März 2013 gekippt. Neue DNA-Tests mit Spuren der mutmaßlichem Mordwaffe – einem Messer aus Sollecitos Wohnung – zeigten im neuen Prozess Spuren von Knox, jedoch nicht des Opfers.

“Das Urteil wird keine Wahrheit bringen”

Stephanie Kercher, die Schwester der Ermordeten, hat die Suche nach dem Täter fast schon aufgegeben. “Das Urteil wird keine Rache oder die Wahrheit bringen”, sagte sie dem “Corriere della Sera”. “Ich werde immer Zweifel in meinem Herzen haben, das ist offensichtlich, aber wir können nur das akzeptieren, was die Richter sagen, und die Entscheidungen der italienischen Justiz respektieren.” (dpa)

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