In Pablo Larrains Charakterstudie brilliert die 2011 mit einem Oscar für die beste Hauptdarstellerin in “Black Swan” ausgezeichnete Darstellerin, im Interview erzählt sie von den Dreharbeiten und über ihre Darstellung der Ikone.
dpa: Jacqueline Kennedy wurde von Millionen geliebt und genau beobachtet. Wie bereitet man sich auf so eine Rolle überhaupt vor?
Natalie Portman: Das Drehbuch war sehr genau recherchiert. Fast jeder um sie herum – der Sicherheitsmann, die Nanny – haben eine Biografie über sie geschrieben. Ich habe vor dem Film sehr viel mit einem Dialekt-Trainer gearbeitet, ungefähr einen Monat lang. Und wir haben uns ihre Tour durchs Weiße Haus und jedes Interview, das wir finden konnten, immer wieder angehört. In frühen Interviews sieht man, wie sie nach und nach ein poliertes, korrektes Image entwickelt.
Wie war Jackie Kennedy denn vorher?
In der Highschool traf sie viele Jungs, bekam Ärger, weil sie auf der Toilette rauchte, ging aus – sie machte wirklich Spaß! Sie veranstalte Partys. Es war das erste Mal, dass Leute sich im Weißen Haus betranken und tanzten den Twist. Sie hatten eine großartige Zeit, sie waren junge, sexuelle Menschen.
Aber dieses Bild war für eine First Lady nicht angemessen.
Sie wurde gecastet als eine Frau, die man in Amerika heiraten will. Es gab eine – natürlich sehr sexistische – Trennung Jungfrau/Hure zwischen Marilyn (Monroe) und Jackie. Ich glaube, vorher war sie eine Marilyn. Und dann als Frauchen gecastet zu werden, war hart. Aber es war ein Image, das die Menschen liebten.
Sie spielte also mehrere Rollen in ihrem Leben?
Das tat sie, aber ich denke, alle Menschen sind so. Wir sehen es vielleicht nicht so deutlich, weil die meisten Menschen nicht so öffentlich leben. Aber alle präsentieren der Welt ein anderes Gesicht als wenn sie allein sind.
In “Jackie” sind Sie in fast jeder Einstellung zu sehen. Welche Szene war die größte Herausforderung?
Am schwierigsten war das Attentat, dieser schreckliche, unvorstellbar traumatische und tragische Moment. In dem berühmten Zapruder-Film, den jeder Millionen mal gesehen hat, sieht man genau, wie ihr Gesicht aussieht und was ihr Körper tut. Sie schreit nicht, sie weint nicht, sie hat einen schmerzerfüllten Gesichtsausdruck. Mit Blick auf das Schauspiel ist es sehr einschränkend, sehr technisch, aber trotzdem eigentlich der emotionale Höhepunkt des Films.
Diese Szene ist historisch exakt rekonstruiert, andere im Film sind frei erfunden. Geht “Jackie” in seiner Deutung zu weit?
Im Grunde tun wir, was Jackie im Film sagt, nämlich eine Geschichte erzählen. Es ist eine Geschichte über etwas, das mit dieser Frau in einer Woche ihres Lebens passiert. Wir präsentieren den Film sicher nicht als Dokumentation.
Aber Sie präsentieren ihn zu einer Zeit, in der die USA ihre Rolle neu definieren. Was lehrt uns “Jackie” für die kommenden Jahre?
Der Film ist seiner Zeit voraus. Sogar am Beispiel gefälschter Nachrichten sehen wir jetzt, dass man eine Geschichte erzählen kann und die Menschen sie glauben werden. Es ist unglaublich zu sehen, wie eine Frau die Kontrolle über die Erzählung übernimmt. Historie wird nicht geschrieben, wird nicht erlebt, ist nicht, was eigentlich passiert, sondern wer die beste Geschichte erzählt.
(Das Gespräch führte Johannes Schmitt-Tegge/dpa/APA/Red.)
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