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Wo der feine Herr den Wii bekam

Das Rote Haus, Wahrzeichen der Stadt
Das Rote Haus, Wahrzeichen der Stadt ©Edith Rhomberg
Vom Käsknöpfle zum Sushi: Dornbirns Gasthäuser im Wandel der Zeit.   Dornbirn. Die Zeit, als es in Dornbirn auf nur 70 Einwohner ein Gasthaus traf, ist schon lang vorbei. Das war im Jahr 1811, also vor rund 200 Jahren noch so, im Hatlerdorf genau genommen.
Das Rote Haus

Recherchen von Stadtarchivar Werner Matt haben das ergeben. Aus längst vergangenen Tagen stammt auch die Überlieferung, auf welche Art und Weise der Gast nach seinen Wünschen gefragt und persönlich angesprochen wurde. Da gab es schon feine Unterschiede. Es war offenbar Sitte, auf die Besucher ganz individuell einzugehen, je nachdem, was man ihnen zutraute. So wurde der Gast entweder familiär geduzt oder doch etwas nobler behandelt. „Wit an Moscht?“ „Wändr a Bier?“ Oder „Wändse an Wii?“, wurde gefragt,und das lässt den Schluss zu,  dass speziell Weintrinkern besonderer Respekt entgegengebracht wurde. Ob denn damals überhaupt alles besser war oder manches gar schlechter als heutzutage? Darüber ließe sich vermutlich trefflich streiten. Und wie so oft würde man sich darauf einigen können, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt.

Einer, der die Branche aber seit Jahren gut kennt, ist Heinz Huber, Geschäftsführer der Mohrenbrauerei. „Nach der Sonntagsmesse ist praktisch jeder Mann in den Hirschen am Marktplatz eingekehrt. Aber wehe ihm, wenn er dann nicht rechtzeitig zum Mittagessen daheim erschienen ist!“, weiß Huber aus Erzählungen von früher. Der 1959 geborene Dornbirner ist quasi mit Bier aufgewachsen oder, genauer gesagt, mit dem Brauen von Bier und das, was mit Gasthäusern und mit der Gastronomie zu tun hat, bewegt und  interessiert ihn. Es ist allein von Berufs wegen sein tägliches Brot und darüber Bescheid zu wissen, wie das Geschäft bei den Kunden läuft, ist für den Familienbetrieb wichtig. „Früher hatten wir eigene Gasthäuser und da und dort unsere Finger drin“, verrät der Insider, der die Gastronomie nicht zuletzt durch diesen Umstand auch jetzt noch zu seinem persönlichen Steckenpferd erklärt. Er beobachtet, wie sich die Gepflogenheiten bei Wirten und Gästen verändern. Und dass die Anzahl von traditionellen Gasthäusern drastisch gesunken ist, ist auch ihm nicht verborgen geblieben. Die Entwicklung sieht Huber skeptisch, denn manch ein Gasthaus überdauert den Generationenwechsel nicht. Viel ist dem Wandel innerhalb der Gesellschaft zuzuschreiben, manches ist aber durchaus hausgemacht. Da wurden mancherorts anstehende Investitionen so lange hinausgeschoben, bis das Pensum zu groß und zum finanziellen Stolperstein wurde. Ganz abgesehen von den immer rigoroseren Auflagen der Behörden, die da und dort als überzogen einzustufen waren oder sind und manchen Wirt schon dazu bewogen haben mögen, den Schlüssel für immer umzudrehen und an den Nagel zu hängen.

Das Wahrzeichen der Stadt

Ganz anders scheint das mit dem Roten Haus am Marktplatz zu sein. Seit nunmehr 376 Jahren steht es da, wie ein Fels in der Brandung, neben der Stadtpfarrkirche Sankt Martin. Das Haus wurde im Jahr 1639 im Stil eines Rheintalhauses, aus Holz, gebaut. Die Errichter Michael Danner und seine Frau Verena Rhomberg nutzten es schon damals als Wohnhaus und Gasthaus, wo auch getanzt wurde. Noch heute zieren Tanne und Löwe den Hauptfrontgiebel, es sind die Wappenschilder Danner – Rhomberg. Bewegte Szenen und Geschichten haben das Haus und seine Bewohner im Lauf der Jahrhunderte gesehen und erlebt.

Erst im Jahr 1954 kauften August und Elfriede Rhomberg das Rote Haus und retteten es so vor dem beabsichtigten Abriss. Das Gebäude wurde von den neuen Eigentümern außen und innen stilecht renoviert und restauriert und die Räumlichkeiten mit ihren sechs Stuben auf zwei Stockwerken konnten weiterhin als Restaurant genutzt und verpachtet werden. Weit gefehlt wäre aber anzunehmen, dass es nichts als eitle Wonne sei, das Erbe einer so geschichtsträchtigen Immobilie anzutreten. Architekt Franz Hoffenscher, als Teil der Besitzerfamilie, weiß, wovon er spricht. Er bezeichnet es unsentimental als „zweischneidiges Schwert“, so ein Wahrzeichen wie das Rote Haus zu besitzen und erst recht, es zu erhalten. Erst 2007 standen wieder umfangreiche Arbeiten an, die die Küche und die Technik auf Vordermann brachten. Bei Hoffenscher liefen die Fäden zusammen, die den Fortbestand der Gastronomie im Haus gewährleisten. „Die Konkurrenz ist groß. Um den Marktplatz herum gibt es 25 Gastronomiebetriebe“, sagt der Architekt und macht keinen Hehl daraus, dass es ein ziemlich hartes Geschäft sei, in und mit der Szene zu leben und vor allem zu überleben. Ein kleiner, feiner Eissalon erweitert das Angebot im Roten Haus. Und Servicechef Andreas Zimmermann ist froh um eine zusätzliche Schank im Erdgeschoss. „Das ist ein Vorteil für die Bedienung der Gäste im Garten und reduziert ein wenig das viele Treppensteigen“, sagt Zimmermann.

Wurstsalat oder Sushi sucht man vergeblich auf der Menükarte des Roten Hauses. Traditionelle Gerichte wie Tafelspitz oder Käsknöpfle haben aber bei Küchenchef Stefan Kraftschenko und Souchef Markus Pircher immer Saison. Im Frühling sind fein zubereitete Spargel aktuell und bei den Gästen sehr beliebt. „Unsere frische, Österreichische Küche, neu entfaltet und ideenreich kombiniert, wurde von Falstaff mit zwei Gabeln ausgezeichnet“, erklärt Ivo Stojkovic stolz. „Gemeinsam mit Bozzo Francesevic, dem Pächter seit rund acht Jahren, werden wir die Strategie festlegen, um auch in Zukunft am Marktplatz erfolgreich bestehen zu können“, ergänzt Hoffenscher.

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