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„Wir müssen nicht anti-agen“

"Es gibt nichts Neues unter der Sonne", ist ein geflügeltes Wort des biblischen Kohelets, den Markus Hofer im Vortrag ausgiebig zitierte.
"Es gibt nichts Neues unter der Sonne", ist ein geflügeltes Wort des biblischen Kohelets, den Markus Hofer im Vortrag ausgiebig zitierte. ©Verena Kogelnig
„Palais Gespräch“ über Lebenskunst und Glaube im Altern.
Markus Hofer - Wie aus weniger mehr wird

Feldkirch. (vko) Das Leben im Älterwerden ähnle einer Rolle Toilettenpapier, meinte Markus Hofer in seinem Vortrag: Wenn es dem Ende zugehe, wickle es sich immer schneller ab. Letzten Donnerstag beschäftigte er sich im Rahmen der Reihe „Palais Gespräche“ mit der Kunst, wie wir die gefühlte Zeit verlangsamen können. Die von der Stadtbibliothek organisierte Vortragsreihe findet dieses Jahr im Kapuzinerkloster statt, da das Palais Liechtenstein für die Jubiläumsausstellung 2018 adaptiert wird.

Neues anfangen und Zeit abbremsen

Der vielseitige Theologe Hofer ist bekannt aus „Männersache“, seiner Radiosendung, die bis 2012 vom ORF Vorarlberg ausgestrahlt wurde. Zurzeit leitet er die Fachstelle für Glaubensästhetik in Feldkirch und führt Interessierte an das Erlebnis von Kirchenräumen heran. Als Autor veröffentlichte er zuletzt das Buch „Glauben und das Leben genießen“. Aus dieser Schrift schöpfte er reichlich bei seinem Vortrag „Wie aus weniger mehr wird – Lebenskunst im Altern“. Wollten wir im Alter die Zeit ein wenig abbremsen, helfe es, wieder einmal etwas zum ersten Mal zu tun – Hofer riet etwa, eine Sprache zu lernen, Bienen zu halten oder sich bei Facebook zu registrieren.

Essenzielle Dinge und Glaube

Bedeutend sei, sich die positiven Seiten des Älterwerdens bewusst zu machen. „Wir müssen nicht mit aller Gewalt anti-agen“, schmunzelte Hofer. Das Schöne am Altern sei gerade die Tatsache, „dass wir nichts mehr müssen – außer Steuern zahlen und sterben“, stellte Hofer klar. In unserem Tun, unseren Einstellungen, aber auch an materiellen Dingen gebe es genug, das wir nicht mehr brauchten und entrümpeln könnten. Raum gab Hofer den biblischen Weisheiten Kohelets, welcher gründlich nach dem Sinn des Lebens geforscht hatte. Glück finde sich nicht in materiellen Dingen, kam Kohelet zum Schluss. Doch die Bewusstheit der Vergänglichkeit, gerade der eigenen, und der Glaube an ein Danach erlaube es, die Freuden des Lebens, nicht zuletzt Essen, Trinken und Gemeinschaft, wahrlich zu genießen.

Lebenskunst: Loslassen, Lachen…und Dankbarkeit

Wertvoll im Älterwerden ist neben der Bereitschaft Ausgedientes loszulassen ganz besonders der Humor. Konzentriere man sich wieder einmal auf die kummervollen Seiten des Lebens, helfe es zu lachen, auch und gerade über sich selbst. Unabdingbar für die Lebenskunst sei überdies die Haltung der Dankbarkeit, welche den Blick von dem, was wir nicht haben – den unerfüllten Erwartungen – auf das lenke, was wir haben. „Hat jemand eine große Schale, wird sie nie voll. Habe ich eine kleine Schale, wird sie leicht voll“, war das Bild, das Hofer fand. „Die Schale steht für unsere Erwartungen.“

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