Das Wiener Verhütungsmuseum, oder korrekt gesagt Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch, sorgt immer wieder für Kontroversen, genießt im Ausland hohe Anerkennung, wurde mehrfach international ausgezeichnet und wird von Besuchern regelrecht gestürmt.
So phantasievoll wurde früher verhütet
Das Museum thematisiert den Kampf der Frauen und Männer um ein unbeschwertes Sexualleben – ohne Schwangerschafts-risiko, aber auch die erstaunliche Bandbreite phantasievoller Verhütungs- und Abtreibungsmittel. Zu besichtigen ist etwa das Femidom, das beim Verkehr quietscht, wohl das Lustigste der neuzeitlichen Verhütungsmittel. Oder der Penisstöpsel zum Einführen in die männliche Harnröhre, die Schrecklichste aller Methoden. Auch Kondome vielfältiger Machart werden präsentiert: etwa aus feinem Schafsdarm oder Fischblasen.
Thematisiert wird auch das Leid der Frauen, die, nachdem sie sich bei einer Engelmacherin auf den Küchentisch gelegt hatten, oft qualvoll verstarben. Noch im Januar 1945 wurde in Wien an einer jener Engelmacherinnen die Todesstrafe vollstreckt.
15 Schwangerschaften waren normal
Durchschnittlich 15 Schwangerschaften pro Frauenleben waren in früheren Jahren “natürlich” – eine völlige Überforderung für die weibliche Gesundheit ebenso wie für das wirtschaftliche Überleben einer Familie, früher wie heute.
“Unser Museum zeigt drastisch, aufklärerisch und unterhaltsam die jahrhundertelangen Bemühungen der Menschheit nach Sex ohne ungewollter Schwangerschaft und die damit einhergehenden gesellschaftspolitischen Diskussionen, die bis heute andauern” sagt der Gynäkologe und Museumsgründer DDr. Christian Fiala.
Besucheransturm von Jugendlichen im Verhütungsmuseum
Seit der Eröffnung im März 2007 wurden fast 20.000 BesucherInnen gezählt, überwiegend bei Führungen. Gymnasiasten, Berufsschüler und Lehrlinge waren von der vielfältigen Schau ebenso angetan wie Wissenschaftler, Gynäkologen, Hebammen oder Vereinsausflügler. Die gesellschaftspolitische Bedeutung des MUVS zeigt auch der stets enorme Andrang im Rahmen der jährlichen Langen Nacht der Museen.
Das Durchschnittsalter der Besucher liegt deutlich unter zwanzig Jahren. Gerade bei Jugendlichen erfreut es sich großer Beliebtheit. Im Rahmen der einfühlsamen Museumsführungen sprechen sich die Heranwachsenden oft ihre intimen Verhütungsnöte von der Seele oder werden erstmals kompetent und sachlich aufgeklärt. Aber auch ältere Menschen werden von diesem sehr menschlichen Aspekt des Lebens angesprochen. Das MUVS ist weltweit einzigartig: Zum ersten Mal wird die Geschichte der Verhütung wissenschaftlich und umfassend aufgearbeitet. “Wirksame Verhütung ist ein modernes Phänomen. Die wichtigste kulturelle Errungenschaft für unbeschwerten und lustvollen Sex” so Fiala.
Schwangerschaftstest mittels Frosch
Auf der Homepage (in Deutsch und Englisch) können UserInnen auf alle Objekte, Publikationen, Filme und Beschreibungen kostenlos zugreifen. Täglich rufen rund 900 BesucherInnen der MUVS-Homepage Informationen aus den Datenbanken ab. Der stark ausgebaute online-Auftritt zeigt z.b. Videos eines Arztes, der noch “Froschtests” durchführte: einem lebenden Krallenfrosch wurde Harn der vermutlich schwangeren Frau unter die Haut gespritzt. Etwa drei Stunden später wurde Flüssigkeit aus dem Genitaltrakt entnommen und analysiert: waren Spermien nachweisbar, so war die Frau schwanger. Das war bis Mitte der 60er Jahre die einzig verlässliche Form des Schwangerschaftstests. Die einmalige Sammlung wird auch von Wissenschaftlern und Medien zunehmend als Informationsquelle genützt. SchülerInnen ebenso wie StudentInnen und Ärzte nützen die historischen Dokumente, Fotos und Filmmaterialien.
Das Museum beherbergt auch das umfangreichste Knaus-Dokumentationsarchiv weltweit: das ist jener österreichische Arzt, der erstmals den weiblichen Zyklus und Eisprung richtig beschrieben hat, zeitgleich mit dem Japaner Ogino. Ebenso liegen umfangreiche Dokumentationen der österreichischen Ärzte Otto Ottfried Fellner und Ludwig Haberlandt vor, die mit ihren Grundlagenforschungen die Erfindung der Pille ermöglichten. An wichtigen Themen mangelt es nicht, dafür aber an Platz und Geld: Derzeit sind Schausammlung, Archiv und Bibliothek auf achtzig Quadratmetern in der Nähe des Wiener Westbahnhofs zusammengedrängt. Schulklassen müssen häufig geteilt werden, weil der Platz für so viele BesucherInnen nicht ausreicht.
Eins ist klar: Das Verhütungsmuseum ist auch für ältere Semester mit kulturgeschichtlichem Interesse immer einen Besuch wert.
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