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Wiener Festwochen: Doku-Theater aus Rumänien widmet sich Whistleblowern

Die Theaterproduktion widmet sich Whistleblowern wie Edward Snowden.
Die Theaterproduktion widmet sich Whistleblowern wie Edward Snowden. ©AP (Sujet)
Eine rumänische Theaterproduktion widmet sich seit Dienstag im Theater Akzent, im Rahmen der Wiener Festwochen, 100 Minuten lang Whistleblowern - "gewöhnliche Menschen", die sich nicht damit abfinden, dass in ihrer engsten Arbeitsumgebung gravierende Missstände herrschen, sondern diese anzeigen, sie öffentlich machen und dafür einen hohen Preis bezahlen.

Korruption und Unterschlagung, Mobbing, Nachlässigkeit oder Freunderlwirtschaft – die Beobachtungen, die einfache Angestellte handeln lassen, können mannigfaltig sein. Das Szenario, das dem Aufzeigen der Misslichkeiten folgt, ist jedoch fast immer dasselbe: Das Weiterarbeiten im Kollegenkreis ist unmöglich, während die eigentlich Schuldigen meist glimpflich davonkommen, öffentliche Anerkennung kontrastiert hart mit der Zerstörung der eigenen Karriere, mit Krisen in Gesundheit und Privatleben. Das ist zwar überaus bedrückend, aber noch nicht per se theatertauglich.

Rumänische Theaterproduktion zu Whistleblowern bei Wiener Festwochen

Gianina Carbunariu, 1977 geborene Regisseurin der rumänischen Independent-Theaterszene mit großen Erfolgen auch im Ausland, hat zu Aufdeckungen von Missständen in einem Londoner Spital, in italienischen und rumänischen Ministerien, Regional- und Straßenbauämtern recherchiert und lässt in “Gewöhnliche Menschen” (Premiere war im Mai in Sibiu) eine sechsköpfige in graue Anzüge und Kostüme gekleidete Darstellertruppe vor allem sehr, sehr viel Text abliefern. Sie verschneidet die einzelnen Fälle und verzichtet darauf, sie zu einer dramatischen Handlung zuzuspitzen. Einzig der Fall eines in Saudi Arabien tätigen Briten, der einem seit Jahrzehnten etablierten und bis ins saudische Königshaus reichenden Schmiergeld-Zahlungs-System auf die Spur kommt, bringt kurzfristig Thriller-Spannung in das trockene und statische Dokumentar-Theater, das man sich über weite Strecken auch als Hörspiel vorstellen könnte.

Mitunter lässt vor der mit vielen Akten-Fächern und Klappensystemen ausgestatteten Rückwand Franz Kafka grüßen, so vielfältig sind die Möglichkeiten des Systems, seine Kritiker ins Leere laufen zu lassen. Diesen harten und gewundenen Weg zur Gerechtigkeit gehen die Wenigsten bis zum Ende. “Ich hatte keine Wahl, ich musste so handeln”, erzählt eine Whistleblowerin in einem jener kurzen Video-Interview-Ausschnitte, die sich gegen Ende des Abends häufen. Ein anderer sagt, es sei wichtig, anderen mit dem eigenen Beispiel Mut zu machen: “Es soll nicht mit ‘Ende’ enden. Sondern mit ‘Fortsetzung folgt’.” Was für diese Produktion nicht uneingeschränkt gilt. Die Botschaft ist angekommen. Anerkennender, leicht erschöpfter Beifall.

Karten gibt es hier oder unter 01/589 11 22.

(apa/red)

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