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Wie Sebastian Kurz punktet

Sebastian Kurz hat ein ausgeklügeltes System um bei den Wählern zu punkten.
Sebastian Kurz hat ein ausgeklügeltes System um bei den Wählern zu punkten. ©APA
Der ÖVP-Chef hat sich bisher stark auf Erdogan und Flüchtlinge konzentriert. Auch in seinen öffentlichen Aussagen. Aus gutem Grund, wie eine Google-Trends-Analyse zeigt.
dieSubstanz - Kerns Super-GAU

Wenn man sich der ÖVP und Sebastian Kurz zuwendet, muss man zunächst einmal folgendes festhalten: Erstens, sie liegen in allen Umfragen vorne. Zweitens, sie haben die Wahl damit noch nicht gewonnen. Zu viel ist in den sieben Wochen, die bleiben, möglich.

Liste Sebastian Kurz – Nicht nur Hype

Es soll ihnen jedoch Schlimmeres passieren, als in einem solchen Rennen eine gute Ausgangslage zu haben. Das überrascht vielleicht auch den einen oder andern Skeptiker. Zeigt es doch, dass es um die „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“ nicht nur einen schnellen Hype gegeben hat. Sondern mehr dran ist.

Das mag auch mit den Mitbewerbern zu tun haben. Der SPÖ-Wahlkampf für Bundeskanzler Christian Kern war zunächst eher durchwachsen. Die Freiheitlichen um Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer waren bisher allenfalls auf „Standby“-Modus und haben erst dieser Tage stärker aufgedreht. Und die Grünen sind mit der Peter Pilz-Abspaltung überhaupt eine eigene Geschichte.

Sebastian Kurz hat sich seinen Höhenflug aber auch selbst erarbeitet. Hunderte freiwillige Helfer für einen Wahlkampf kriegt man nicht einfach so. Und dass er in der „Kanzlerfrage“ ebenso vorne ist wie in der „Vertrauensfrage“, liegt nicht zuletzt daran, dass ein größerer Teil der Bevölkerung ausdrücklich ihm die meiste Glaubwürdigkeit zuschreibt und auch ihm zutraut, das Kanzleramt zu übernehmen.

Kurz pflegt seine Themen

Ein entscheidendes Geheimnis, das Sebastian Kurz zumindest bisher erfolgreich gemacht hat, ist, dass er seine Felder pflegt wie kein anderer. Wenn es um Außenpolitik und Integration geht, dann ist vor allem er präsent. Und sonst eigentlich niemand. Die Schließung der „Balkanroute“ für Flüchtlinge kann man gut finden oder nicht. Alle sind der Überzeugung, dass er sie durchgesetzt hat. Genauso, wie er als schärfster Kritiker des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan wahrgenommen wird. Oder als Aufdecker der Verhältnisse in islamischen Kindergärten.

Das waren einst Themen, die Strache „gehörten“. Doch heute sind sie bei Kurz angesiedelt. Dieser bearbeitet sie auch immer wieder aufs Neue. Und wenn er sich wiederholt, dann spielt das keine Rolle: Rein strategisch gesehen kommt ihm zugute, dass sich die Österreicher weiter brennend dafür interessieren.

Grafik: Johannes Huber (dieSubstanz.at)
Grafik: Johannes Huber (dieSubstanz.at) ©Grafik: Johannes Huber (dieSubstanz.at)

Kurz weiß Aufmerksamkeit zu generieren

Das zeigt eine „Google Trends“-Auswertung: Was die Menschen beschäftigt, das googeln sie. Und wenn es Neues rund um Kurz gibt, dann wollen sie über eine Suchanfrage mehr darüber erfahren. In den vergangenen Monaten erreichte er da mehrere Spitzenwerte: Wenig überraschend, als er ÖVP-Chef wurde. Daneben aber regelmäßig in zeitlicher Übereinstimmung mit Aussagen, die er zu seinen Leibthemen tätigte. Am 10. und 11. Juli etwa, als er mitteilte, dass der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci nicht nach Österreich einreisen dürfe. Oder am 23 Juli, als er die EU ermahnte, geschlossener gegenüber der Türkei aufzutreten.

Sehr gut nachvollziehen lässt sich die Sache auch, wenn man sich die Entwicklung der Suchanfragen nach Sebastian Kurz nur für die vergangenen sieben Tagen anschaut: Grundsätzlich wiederholt sich da immer ein Muster. Wenig in der Nacht, viel gegen Mittag und dann noch einmal abends. Es gibt jedoch zwei Ausreißer: Vergangenen Sonntag, als die Meldung durch die Netze brauste, Kurz habe die Einmischung Erdogans in die inneren Angelegenheiten anderer Länder scharf kritisiert. Und am Mittwoch, als er zunächst Erdogan „diktatorische Züge“ vorwarf und dann den neuesten Integrationsbericht für Österreich präsentierte. Und zwar mit der Botschaft, dass es eine „massive Reduktion“ der Zuwanderung geben müsse.

All das sind Wortmeldungen und Aktionen, mit denen Kurz ein deutlich stärkeres Interesse auf sich lenken kann als sonst. Oder auch als Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) überhaupt in den letzten Tagen (siehe Grafik). Damit kommt er durch. Und das erklärt auch schon einen wesentlichen Teil seines Erfolgs. Ein Politiker braucht neben vielem anderen nämlich immer auch eines: Aufmerksamkeit. Er muss wahrgenommen werden. Und das gelingt Kurz allemal.

(dieSubstanz.at)

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