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Wie doch Musik verzaubern kann

Er war immer der "Burli". "Auf Adolf hör ich gar nicht." Schon als Kind war das so. "Wenn man gesagt hat, der Burli spielt, sind die Leut’ gekommen."

Eben noch hat Burli Baumgartner seinen Klavierhocker ein wenig höher geschraubt. Selbstvergessen glitten die Finger zur Probe über die Tasten. Da ist ihm doch glatt ein kleines bisschen „Sweet Lorraine“ entfleucht. Da kann er gar nichts machen. Burli lacht. Burli, das ist Tanzmusik auf Bestellung. „Wenn die Russen kommen, spiel ich halt russisch.“ Sind die Gäste aus Israel, schalten die Hände auf Klezmer um. Klezmer ist aramäisch und bedeutet „Gefäß des Liedes“. Burli ist das Gefäß seiner Musik. Ein zugegebenermaßen nicht eben riesenhaftes Gefäß. Aber so blieb dem „Burli“ ein Teil des Erwachsenwerdens erspart und er kann immer noch unscheinbar am Piano Platz nehmen, nur um im nächsten Augenblick zum Giganten der Unterhaltungsmusik emporzuwachsen. Als hätte er’s gehört, unterstreicht Dietmar Pfanner die These von fern mit zwei Trompetenstößen.

Elegant

Heute ist Ballnacht. Schlaraffenball. Einer der wenigen verbliebenen noblen Bälle. Die Damen tragen große Robe, die Herren Smoking. Der „Kummerbund“ verdeckt gnädig, was Lebenslust der Leibesmitte zugefügt hat. Aber all das wird belanglos, wenn Burli, Dietmar, Otto und Wilfried den Takt vorgeben. Sie spielen Swing. Das erinnert ans „Edi Steiner Quartett“ und an das „Vienna Trio“. In so vielen Formationen hat Baumgartner schon gespielt. Die Zahl der Pianos, die er in den Bars der großen Hotels am Arlberg, in Davos und St. Moritz zum Klingen brachte, ist Legion. Den Kinzkeller in Bregenz nicht zu vergessen und die Kronenbar. 13 Jahre Kronenbar. Da hat ihn Otto Zoppel spielen gehört und sich ihm mit seinem Kontrabass angeschlossen. Burlis Geschichte beginnt früh. Schon mit 16 Jahren hat er in einer Wiener Polizeikapelle mitgespielt. Inkognito, in Uniform. Vielleicht hat der ehemalige Wiener Sängerknabe da schon den Entschluss gefasst, die Leidenschaft zum Beruf zu machen. Gleichwohl. Die Tanzpaare, denen er jetzt einen Foxtrott zu Füßen legt, sind ihm dankbar dafür. Auch wenn Häuser wie das Grand Café Winkler in Salzburg heute Geschichte sind. Die Musik von damals ist es nicht. Und fragt man den 75-jährigen Burli Baumgartner, wie lang er denn noch Swing zu spielen gedenkt, zögert er keinen Augenblick: „So lange ich lebe.“

ZUR PERSON
Burli Baumgartner

Beruf: Pianist
Geboren: 30. September 1932 in Wiener Neustadt
Familie: Verwitwet, drei Kinder
Ausbildung: Bei den Sängerknaben, später an der Musikschule Wiener Neustadt
Laufbahn: 30 Jahre als Pianist in Hotels, auf Bällen usw.

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