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"Wer hilft, kriegt selbst aufs Maul!"

Einer der Jugendlichen zeigt auf seinem Handy ein in Vorarlberg aufgenommenes Prügelvideo.
Einer der Jugendlichen zeigt auf seinem Handy ein in Vorarlberg aufgenommenes Prügelvideo. ©MB, MiK
Lustenau - Schockierende Prügelvideos im Netz: W&W sprach mit Jugendlichen über die Situation in Vorarlberg.

„Solche Videos sind absolut keine Seltenheit“, sind sich die drei Jungs, die WANN & WO bei der Offenen Jugendarbeit Lustenau getroffen hat, einig. Das bestätigt auch Jugendarbeiter Niyazi: „Alle paar Wochen bekomme auch ich so ein Video zu sehen“, sagt er.

„Lehrer werden abgelenkt“

Die Jugendlichen können auch sofort ihre Smartphones zücken und Videos aus Vorarlberg zeigen, in denen Prügeleien zwischen Jugendlichen gefilmt wurden. Ihrer Meinung nach, haben Lehrer kaum Möglichkeiten, einzugreifen. „Wenn man schlägern will, findet man eine Möglichkeit, das zu tun. Manche machen miteinander aus, dass sie sich während des Unterrichts zu einer bestimmten Zeit auf dem Klo treffen, verhauen und dann gehen sie wieder in die Klassen. Die Lehrer können nicht überall sein und werden auch gezielt abgelenkt“, erzählen die Jugendlichen.

„Filmen statt helfen“

Auch Szenen wie in dem vor rund einer Woche via Facebook bekannt gewordenen Video seien fast schon an der Tagesordnung. „Bei mir in der Klasse gehen immer mehrere auf ein Mädchen los, nur weil sie körperlich beeinträchtigt ist“, sagt einer. „Da geht es dann schnell mal sechs gegen einen. Wer sich wehrt, wird noch mehr verhauen. Wer dem in der Unterzahl hilft, kriegt selbst ein paar aufs Maul. Ich habe mal einem Mädchen geholfen, auf das sie zu sechst losgegangen sind. Natürlich habe ich dann selbst auch ein paar abbekommen.“ Bei vielen gehe der Griff statt zu helfen eher zum Smartphone: „Wenn so etwas passiert, gibt es immer irgendjemanden, der es filmt. Dass so ein Video mal auf Facebook landet, ist sehr selten – die meisten werden direkt über WhatsApp-Gruppen verschickt und machen so schnell die Runde.“

„Reaktionen ändern sich“

„Wir kennen auch Leute, die solche Videos machen, aber was bringt das eigentlich, auf diese Weise jemanden bloßzustellen?“, fragen sich die Jugendlichen im Gespräch mit WANN & WO. Mittlerweile sei die Einstellung vieler aber eine andere geworden: „Früher waren die Opfer automatisch die Loser. An den Reaktionen auf das aktuelle Video sieht man aber, dass sich das langsam ändert. Viele solidarisieren sich mit dem Opfer und schimpfen auf die Täter. Vielleicht hören diese blöden Aktionen so irgendwann mal auf.“

Statements der Jungs

Mert, 15: „Wenn mehrere gegen einen gehen, ist das nicht nur feige, sondern es führt auch zu überhaupt nichts. Trotzdem gibt es immer wieder jemanden, der in so einer Situation mit dem Handy ein Video macht – ich bin überzeugt, dass es solche Leute immer geben wird. Peace!“

Enes, 16: „Gewalt ist keine Lösung, trotzdem bekommt man immer wieder solche Videos zu sehen. Das ist herabwürdigend und beleidigend. Ich würde mich mies fühlen, wenn ich jemandem sowas angetan hätte. Man muss sich nur kurz einmal in den anderen hineinversetzen.“

Jonas, 12: „Die Volksschule war noch schlimmer, da sind sie teilweise mit Flaschen und Stöcken aufeinander losgegangen. Die Videos davon landen sehr selten auf Facebook. Ich finde es aber wichtig, dass man Zivilcourage zeigt und nicht nur zusieht oder filmt.“

(WANN & WO)

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