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Wendepunkt gegen den IS? Großoffensive zur Rückeroberung von Mosul gestartet

Irakische Truppen rücken nach Mosul vor.
Irakische Truppen rücken nach Mosul vor. ©APA/AFP
Irakische Regierungstruppen und ihre Verbündeten haben am Montag mit der Offensive zur Befreiung der irakischen Großstadt Mosul begonnen, die einen Wendepunkt im Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) bringen könnte.

Im Osten Mosuls konnten kurdische Peshmerga-Kämpfer erste Dörfer aus der Gewalt der IS-Miliz befreien. Die UNO und Hilfsorganisationen warnten vor einer humanitären Katastrophe.

“Die Zeit des Sieges ist gekommen, und die Operationen zur Befreiung von Mosul haben begonnen”, sagte der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi am Morgen im Staatsfernsehen. Ein AFP-Fotograf beobachtete 45 Kilometer südlich von Mosul eine Kolonne von Militärfahrzeugen der irakischen Armee, die Kurs auf die Hauptstadt der ölreichen Provinz Ninive nahmen.

Mosul letzte große IS-Hochburg im Irak

Nachdem Regierungstruppen die sunnitische Extremistengruppe aus Städten wie Ramadi, Falluja und Tikrit vertrieben haben, ist Mosul die letzte große Stadt im Irak, die noch vom IS kontrolliert wird. Dort rief der IS sein “Kalifat” aus. Die Stadt am Tigris ist von großer strategischer Bedeutung, vor allem wegen der umliegenden Ölfelder und Raffinerien.

Al-Abadi versicherte, nur die Armee und die Polizei würden in die sunnitisch dominierte Stadt eindringen, nicht die umstrittenen schiitischen Milizen Hashed al-Shaabi. An der Offensive sind neben 30.000 irakischen Soldaten und Polizisten auch kurdische Peshmerga-Einheiten beteiligt, die von der Bundeswehr ausgebildet und ausgerüstet werden. Mit bis zu 4.000 Kämpfern rücken sie von Osten auf Mossul vor. Unterstützt wird das Bündnis von Kampfflugzeugen der Anti-IS-Koalition, an der sich nach Angaben der USA 60 Länder beteiligen.

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Serie von Selbstmordanschlägen

Die Jihadisten hatten Mossul im Sommer 2014 in einer Blitzoffensive erobert, ohne dass die irakische Armee nennenswerten Widerstand leistete. Die nun gestartete Großoffensive ist der bisher größte Militäreinsatz gegen die Jihadisten im Irak. Der IS erklärte nach dem Beginn, eine Serie von Selbstmordanschlägen mit präparierten Autos gegen die Angreifer gestartet zu haben.

Mit einem schnellen Erfolg ist nach Einschätzung Washingtons nicht zu rechnen. Die Rückeroberung werde Wochen oder “womöglich länger” dauern, erklärte der für den Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak zuständige US-General Stephen Townsend. US-Verteidigungsminister Ashton Carter hob hervor, der Einsatz sei ein “entscheidender Moment”, um der IS-Miliz eine bleibende Niederlage beizubringen.

Steinmeier: Wendepunkt im Kampf gegen IS

Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einem möglichen “Wendepunkt im Kampf gegen den IS im Irak”. Die Offensive sei aber eine “sehr komplexe Herausforderung”. Nach US-Angaben befinden sich 3.000 bis 4.500 IS-Kämpfer in und um Mosul. Es wird befürchtet, dass die Extremisten in der ganzen Stadt Minen deponiert haben.

Am Dienstag kommender Woche wollen rund ein Dutzend Verteidigungsminister der im Kampf gegen den IS verbündeten Staaten über den Verlauf der Offensive beraten.

Weitere Fluchtwelle?

Die Vereinten Nationen warnten vor einer Fluchtwelle, Hilfsorganisationen bereiten neue Flüchtlingslager vor. Mit größeren Flüchtlingsbewegungen sei in knapp einer Woche zu rechnen, sagte Lise Grande, UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Irak, unter Berufung auf die irakische Armee. Der Bürgermeister der nordirakischen Kurdenhauptstadt Erbil, Nihad Kodsha, sagte dem MDR, er rechne mit bis zu 800.000 neuen Flüchtlingen. Angesichts dieser großen Zahl bat er um internationale Hilfe.

Sollte der Armee die Rückeroberung von Mosul gelingen, wäre dies ein gravierender Rückschlag für die IS-Miliz, die im Irak bereits erheblich an Boden verloren hat. Es wird aber erwartet, dass die Jihadisten im Fall einer Niederlage wieder verstärkt auf Anschläge setzen.

Erst am Wochenende waren bei einem IS-Attentat auf Schiiten in Bagdad mehr als 30 Menschen getötet worden. Am Montag riss ein Selbstmordattentäter südlich der Hauptstadt mindestens zehn Menschen mit in den Tod.

(APA)

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